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Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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mit dem Schlüssel aus, aber sie schüttelte den Kopf. »Werfen Sie ihn mir zu.«
    Lang konnte ihr Englisch wegen des starken Akzents kaum verstehen, aber Vanderveen, dem seine verwirrte Miene aufgefallen war, wiederholte ihren Satz auf Deutsch, und er warf ihr den Schlüssel zu. Sie fing ihn auf, drückte auf einen Knopf, und der Aufzug fuhr nach oben.
    Eine plötzliche Bewegung ließ Lang aufblicken, aber es war zu spät. Vanderveen hob die Mk 23 und drückte zweimal ab. Die erste Kugel traf ins Herz, die zweite schlug in die Brust, wo sie von der Wirbelsäule gestoppt wurde. Lang brach zusammen, stöhnte noch einmal und blieb reglos auf dem Boden des Aufzugs liegen.
    Der Lift hielt an, die Türen glitten auf.
     
    Die Diele der Wohnung im vierten Stock war sehr viel stilvoller, als der Eingang im Erdgeschoss erwarten ließ. In die Wände eingelassene Spots brachten neoklassizistische Wandgemälde
zur Geltung, das alte Parkett funkelte. Nachdem er Langs Leiche herausgezogen hatte, überprüfte Vanderveen schnell die Aufzugskabine. Kein Blut auf dem Boden, keine der beiden Kugeln war wieder aus Langs Körper ausgetreten. Die Türen des Lifts schlossen sich, und er lauschte. Durch eine Doppeltür hörte er leise Musik, ein Klavierkonzert von Mendelssohn Bartholdy. Er rückte seinen Rucksack zurecht und ging auf die Tür zu, gefolgt von Raseen, die eine Beretta 22 mit Schalldämpfer in der Rechten hielt.
    Sie durchquerten ein kleines, aber üppig möbliertes Vorzimmer und traten in ein geräumiges Büro mit großen Fenstern. Die blassgelben Vorhänge waren zurückgezogen, und man hatte einen guten Blick auf die träge dahinfließende Spree. Das Büro war elegant eingerichtet - Wandbespannung aus grünem Samt, ein Kronleuchter aus dem neunzehnten Jahrhundert, Sofas mit Seidenkissen, ein teurer Teppich, Bücherregale mit Unmengen von Luxusausgaben. Weiter links war eine zweite Tür, die in ein Esszimmer führte. Rechtwinklig zu der Fensterfront stand ein Schreibtisch aus dem achtzehnten Jahrhundert, und der Mann dahinter hatte einen erstklassigen Blick auf den Fluss.
    Es war Thomas Rühmann, dessen Kopf mit dem silbergrauen Haar über ein paar Papiere gebeugt war. Er sah auf die Uhr und begann zu sprechen, ohne den Blick zu heben. »Wo warst du so lange, Karl? Du musst unbedingt …«
    Er schaute auf, und seine Pupillen verengten sich, aber nichts an seiner Miene ließ auf Angst schließen. Sie wirkte allenfalls leicht verärgert. Vanderveen war nicht überrascht. Wenn man sich leicht einschüchtern ließ, brachte man es nicht so weit wie Rühmann. »Wer sind Sie? Was haben Sie hier zu suchen?«
    Vanderveen hatte damit gerechnet, dass der österreichische Waffenhändler ihn nicht erkennen würde. Am Vortag hatte
er seine äußere Erscheinung erneut verändert. Seine kurz geschnittenen Haare waren jetzt schwarz und leicht angegraut, die Augen blassblau. Bei ihrer einzigen Begegnung war er ihm so gegenübergetreten, wie die Natur ihn geschaffen hatte, aber unter dem Namen Erich Kohl.
    »Ich bin’s.« Vanderveen trat auf den Schreibtisch zu, aber Raseen blieb zurück, lässig mit der Beretta gegen ihr Hosenbein klopfend. »Was ist denn los? Erkennen Sie meine Stimme nicht?«
    Rühmann wurde bleich, doch sein Ton klang überraschend energisch. »Was wollen Sie? Unser Geschäft ist abgeschlossen. Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt.«
    »Finger weg«, sagte Vanderveen. Rühmanns Hand hatte sich in Richtung einer Schublade bewegt. »Stehen Sie auf, und setzen Sie sich da drüben hin. Ich weiß nicht, was Sie da in Ihrem Schreibtisch haben, aber ich möchte Sie nicht in Versuchung führen.«
    Der Österreicher gehorchte, setzte sich aber demonstrativ nicht in den Sessel, auf den Vanderveen gezeigt hatte. Der untersuchte den Schreibtisch, fand in der zweiten Schublade eine vernickelte Walther PPK, steckte sie ein und überprüfte die anderen Schubladen.
    Rühmann war entrüstet, sein Gesicht wutverzerrt. »Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind, Kohl? Sie machen einen großen Fehler. Wenn Sie glauben, Sie können hier einfach hereinplatzen und mir drohen …«
    Raseen setzte sich in einen Sessel ihm gegenüber. Sie hatte die Beretta weiter in der Hand, hielt sie aber so, dass Rühmann sie nicht sah. Der konnte nicht anders, als sie fasziniert anzuschauen, und als ihre melodiöse Stimme ertönte, war Vanderveen nur noch ein Teil der Einrichtung.

    »Herr Rühmann, wir sind nur im Interesse unserer Sicherheit hier.«

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