Der Attentäter - The Assassin
kommen«, sagte sie zu Kealey, geräuschvoll auf einem Kaugummi kauend.
»Okay.« Er griff nach seiner Jeans, die immer noch nicht ganz trocken war. »Danke.«
»Kein Problem.« Die Frau strahlte ihn noch ein paar Sekunden an und wandte sich dann Kharmai zu. Das Lächeln verschwand. »Sie sind Kharmai, stimmt’s? Jemand will Sie am Telefon sprechen. Sie können den Anruf nebenan annehmen.«
Kharmai war irritiert. »Hat der Anrufer seinen Namen genannt?«
»Peterson.« Die Frau blickte wieder Kealey an. »Offenbar hat sie in Langley angerufen, und Mr Harper hat ihren Anruf zu uns durchgestellt.«
»Okay, ich bin in einer Minute drüben.« Die Frau machte keine Anstalten zu gehen, und Kharmai wiederholte ihre Worte. Schließlich verschwand sie langsam, die Tür hinter sich schließend.
»Du hast eine neue Bewunderin«, sagte sie schnippisch.
»Wovon redest du?«
»Schon gut.« Kharmai schüttelte den Kopf und ging zur Tür. »Tu nur so, als wäre es dir nicht aufgefallen.«
Sie folgte Fichtners Assistentin durch einen engen Korridor. Das abhörsichere Telefon stand in einem kleinen, fensterlosen Raum. Die Frau gestikulierte auf eine gelangweilte, herablassende Weise und verschwand schließlich. Kharmai schickte ihr ein paar wütende Blicke hinterher und griff nach dem Hörer. »Kharmai.«
»Hallo, Naomi, hier ist Liz. Wie geht’s?«
Die Stimme ließ sie lächeln, und sie fühlte sich ein bisschen besser, doch zugleich empfand sie etwas Selbstmitleid. Viel vermisste sie nicht an London, aber Liz Peterson war ihr definitiv wichtig.
»Mir ging’s schon mal besser«, antwortete sie. Nach kurzem Small Talk erzählte sie von den Ereignissen der letzten Nacht, ließ aber aus, dass sie offiziell nicht mehr bei der CIA war. Peterson schien einigermaßen verblüfft, als sie fertig war, und Kharmai musste sie nach dem ursprünglichen Grund ihres Anrufs fragen.
»Es hat mit dem Namen zu tun, den wir gemeinsam gefunden haben. Jason March, eigentlich William Vanderveen.«
Kharmai spitzte sofort die Ohren. »Was hast du herausgefunden?«
Peterson erzählte schnell von Samir al-Askari, einem jordanischen Banker, der durch einen vorsätzlich herbeigeführten Unfall auf dem Strand eines vorzeitigen Todes gestorben war. »Zwei unserer besten Leute haben ihn stundenlang observiert, Naomi, und einer von ihnen hat von der anderen Straßenseite aus Fotos geschossen. Als wir die digital aufgeblasen haben, konnte man im Hintergrund zwei Gesichter erkennen, das
eines Mannes und einer Frau. Wir haben unsere Gesichtserkennungs-Software nach Knotenpunkten suchen lassen. Es war Vanderveen, Trefferwahrscheinlichkeit fünfundneunzig Prozent.«
Knotenpunkte waren visuelle Orientierungspunkte in einem menschlichen Gesicht, die Breite des Mundes, der Abstand zwischen den Augen, die Wangenknochen und so weiter. Es gab achtzig dieser Knotenpunkte, doch der Software reichten für einen Treffer zwischen vierzehn und zweiundzwanzig Punkte. Letzteres war das optimale Ergebnis, aber fünfundneunzig Prozent waren ermutigend. Es bedeutete, dass das in den Akten vorhandene Foto und die jüngsten Schnappschüsse von Will Vanderveen in Bezug auf einundzwanzig Knotenpunkte übereinstimmten. »Seit wann weißt du es? Seit zwei Tagen?«
»Al-Askari ist vor zwei Tagen gestorben, aber von dem Treffer wissen wir erst seit gestern.«
Kharmai dachte darüber nach, inwieweit diese Information hilfreich sein konnte. Sie hatten keine hieb- und stichfesten Beweise, aber Kealey war sich sicher, dass Vanderveen ihnen die Falle in Rühmanns Wohnung gestellt hatte, und sie war derselben Meinung. London war Schnee von gestern.
Doch dann fiel ihr etwas ein. »Moment, du hast doch etwas von zwei Gesichtern gesagt, oder?«
»Stimmt. Das zweite gehört einer Frau, doch in unserer Datenbank gibt es sie nicht. Wir haben keine Ahnung, wer sie ist, aber sie war definitiv mit Vanderveen unterwegs. Auf den Fotos sind sie immer dicht beieinander, und auf einem sieht man sie seinen Arm halten. Laut Bericht war al-Askari ungefähr eine halbe Stunde im Savoy. Wir haben keine Fotos, die Vanderveen beim Betreten des Hotels zeigen, hatten aber Bilder der Überwachungskameras
im Savoy zur Verfügung. Er war da, und die Frau war bei ihm.«
Sofort musste Kharmai an die letzte Nacht denken. Kurz nach der Explosion hatte sie das Bewusstsein verloren, aber sie erinnerte sich an den dichten, von unten kommenden Rauch. Wenn Vanderveen von der anderen Seite des Flusses gefeuert
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