Der Attentäter - The Assassin
… Ansonsten macht Fichtner keinen Finger krumm.«
Sie zitterte leicht, als sie in das warme Gebäude traten. »Glaubst du, Harper wird es für uns tun? Im Augenblick kann er nicht allzu glücklich mit uns beiden sein.«
»Vielleicht nicht, aber das wird ihn nicht von dem Anruf abhalten. Zusammenstauchen kann er uns auch noch, wenn wir zurück sind.«
Sie antwortete nicht. Am Schalter legten sie ihre Pässe vor und steckten die Tickets ein. Kharmai gab ihren Koffer auf, und als sie die Sicherheitsüberprüfung hinter sich hatten, folgten sie den Schildern zur dritten Ebene, wo Kharmai in einem Lokal namens Miller’s Bar verschwand. Kealey fand ein
Telefon, wählte und ließ sich mit Harper verbinden, der fast sofort abnahm.
»Wo sind Sie?«
Ihm fiel der Tonfall auf, der nicht besonders wütend klang, was an sich schon überraschend war, sondern eher angespannt, als wäre in der Zwischenzeit einiges passiert. Er ahnte, dass es einen Durchbruch gegeben haben musste. »Am Flughafen. Fichtner konnte uns nicht schnell genug loswerden. Wir steigen gleich in die Maschine nach Washington.«
»Was zum Teufel ist passiert? Warum …«
»Erkläre ich alles, wenn wir zurück sind. Jetzt müssen Sie mir einen Gefallen tun.« Er erzählte so knapp wie möglich von Rühmanns Auto. »Ich weiß, dass es weit hergeholt ist, aber wir müssen alles überprüfen.«
»Extrem weit hergeholt, aber ich rufe ihn an.«
»Danke.« Kealey schwieg kurz und sprach dann aus, was ihn wirklich beschäftigte. »Vanderveen war hier. Fragen Sie mich nicht, woher ich es weiß … Gesehen habe ich ihn nicht, aber er war definitiv hier. Er hat uns die Falle in Rühmanns Wohnung gestellt. Er wusste, dass wir kommen. Irgendjemand muss ihm einen Tipp gegeben haben.«
»Nun, vielleicht kann ich dazu etwas Erhellendes sagen, aber damit warten wir, bis Sie wieder hier sind. Ich möchte Ihnen etwas zeigen. Immerhin kann ich sagen, dass hier eine Menge passiert ist. Sie müssen so schnell wie möglich zurückkommen.«
Kealey war versucht, nach Einzelheiten zu fragen, wusste aber, dass Harper am Telefon nichts sagen würde, nicht über eine normale Verbindung. Er blickte auf seine Armbanduhr, die die Ereignisse der letzten Nacht merkwürdigerweise heil überstanden hatte. »Wir sehen uns in acht Stunden.«
Zwei Stunden, nachdem Kealey und Kharmai die Maschine nach Washington bestiegen hatten, standen ein paar mitgenommene Mieter vor dem Eingang des Hauses am Reichstagsufer und beobachteten die Polizisten und Feuerwehrleute, die aus den zerstörten Wohnungen retteten, was zu retten war. Die Leichen von drei Männern und zwei Frauen, unter ihnen die Hausmeisterin, waren schon vor Stunden weggeschafft worden. Die Verletzungen der anderen Mieter waren nicht besonders schlimm - ein paar Fälle von Rauchvergiftung, ein paar Verbrennungen ersten Grades. Diejenigen von ihnen, die jetzt im kalten Regen auf der Straße standen, sorgten sich in erster Linie um den Zustand ihrer Wohnungen. Als hinter ihnen auf der Straße ein Allerweltsauto hielt, schien es niemand zu bemerken.
Die Tür öffnete sich, der Fahrer stieg aus. Er war Mitte drei ßig und schlank, hatte braunes Haar, einen dünnen Schnurrbart und unauffällige Gesichtszüge. Mit anderen Worten, man nahm ihn kaum wahr - extrem wichtig für einen Mann, der seit vier Jahren für die CIA arbeitete. Nachdem er schnell die am Bordstein geparkten Autos in Augenschein genommen hatte, sah er schließlich jenes, wegen dem er gekommen war. Er überquerte die Straße, unauffällig nach links und rechts schauend. Niemand beobachtete ihn. Als er Thomas Rühmanns schwarzen Mercedes erreicht hatte, ging er zur Tür auf der Beifahrerseite und ließ einen dünnen Metallstreifen aus seinem Ärmel gleiten. In weniger als zwanzig Sekunden hatte er das Schloss geknackt.
Sofort ging die Alarmanlage los, aber er ignorierte es und durchsuchte das Auto. Auf dem Beifahrersitz fand er einen dünnen Papierstapel, dann suchte er im Handschuhfach, unter den Sitzen und im Kofferraum. Als er nichts mehr entdeckte,
ging er zu seinem Wagen zurück, die Papiere unter den Arm geklemmt. Die Alarmanlage von Rühmanns Auto heulte noch keine dreißig Sekunden. Einige der Umstehenden hatten sich neugierig umgedreht, und irgendwann wies jemand einen überarbeiteten Polizisten auf den Mercedes hin, doch als der sich in Bewegung setzte, um der Sache auf den Grund zu gehen, war das andere Auto schon verschwunden.
42
Washington, D. C.
Wegen
Weitere Kostenlose Bücher