Der Attentäter - The Assassin
erhob sich ein riesiges Schild mit verschnörkelter goldener Schrift, das bis zum sechsten Stock reichte, und darauf befand sich eine große Uhr.
Er warf einen Blick darauf und sah, dass die Vollversammlung der Vereinten Nationen erst in drei Stunden zusammentreten würde. Mit anderen Worten, mindestens dreißig Mitglieder der Vereinigten Irakischen Allianz hielten sich im Augenblick noch in dem Hotel auf, gemeinsam mit mehreren hundert Geschäftsleuten, Konferenzteilnehmern und Touristen, die Gott sei Dank nichts von der Bedrohung wussten.
Etwas weiter weg war die schmale Nordseite des weltberühmten Gebäudes One Times Square zu sehen, links davon das Bertelsmann Building. Hinter allem ragte der Times Square Tower auf, wie eine bläulich grüne Wassersäule in der Sonne glitzernd. Autos funkelten in dem grellen Licht, Dutzende von Bussen und eine scheinbar unübersehbar Menge von Yellow Cabs. Der Verkehr auf der Seventh Avenue führte vierspurig in Richtung One Times Square und zur Kreuzung mit dem Broadway. Die Sicht war teilweise beeinträchtigt durch Dampfwolken, die sich in der kühlen Luft bildeten.
Überall waren Menschen, die die Bürgersteige verstopften und wegen des Wetters langärmelige Hemden und leichte Pullover trugen. Die Temperatur betrug etwa achtzehn Grad - sehr viel wärmer als die letzte Nacht in Washington, aber ziemlich kühl für einen Septembertag in New York. Er hielt nach Polizisten Ausschau und war etwas geschockt, als er keine sah. Dann fiel ihm ein, dass die Hälfte aller Cops und neunzig Prozent der Manhattan Patrol Borough South abkommandiert waren, um die Demonstranten am Hauptquartier der Vereinten Nationen in Schach zu halten, das ein paar Blocks weiter östlich lag. Er fragte sich, warum die Menschenmenge nicht bis hier reichte, doch dann dachte er, sie müsse sich in Richtung Norden stauen, auf der Second Avenue, zwischen der 51st und der 55th Street. Mit anderen Worten, im Augenblick war der
Times Square der perfekte Ort für einen Anschlag. Das Hotel wurde überhaupt nicht beschützt.
Er drehte sich um und betrachtete die sich von Norden nähernden Fahrzeuge. Seiner Meinung nach musste Nazeri auf dieser Route kommen, nicht aus westlicher Richtung. Seine Rechte tastete unbewusst nach dem Griff der unter seinem T-Shirt steckenden, geladenen Beretta. Vierzehn Patronen und eine in der Kammer, dazu zwei Reservemagazine. Vermutlich würde er sie brauchen. Fünfzehn Kugeln konnten zu wenig sein, um Nazeri, den Isuzu und Vanderveen auszuschalten. Sobald er Nazeris Fahrzeug sah, würde er so schnell wie möglich durch die Windschutzscheibe feuern. Die Ideallösung war das bestimmt nicht, doch ihm blieb keine andere Wahl. Am meisten beunruhigten ihn die Polizisten. Auch wenn er bisher keine gesehen hatte, änderte das nichts daran, dass einige vor Ort waren. Sobald er die Waffe zog, wurde er für sie zur Zielscheibe, aber in dieser Situation war nicht daran zu denken, ihnen die Lage zu erklären. Ohnehin hätte er keinen Beweis für seine Behauptungen gehabt. Man hätte ihm umgehend die Waffe abgenommen und ihn verhört. Es war sinnlos, sie jetzt informieren zu wollen.
Als er sich gerade über den nächsten Schritt klar zu werden versuchte, passierten zwei Dinge auf einmal. Sein Handy piepte, und er erkannte den weißen Isuzu, der sich tatsächlich aus Richtung Norden näherte, und zwar deutlich langsamer als die anderen Autos. Dann bremste er vor der Ampel an der Kreuzung 51st Street und Seventh Avenue hinter zwei anderen Fahrzeugen. Ohne den Blick von dem Isuzu abzuwenden, zog er das Handy aus der Tasche und klappte es auf. »Ja?«
»Bist du dran, Kealey?«
Er erstarrte, zweifelnd, ob er seinen Ohren trauen sollte.
Am anderen Ende lachte Vanderveen, dem die Wirkung seiner Stimme nicht entgangen war. »Wie geht’s denn so?«
»Elender Dreckskerl. Wo sind …«
»Vorsicht«, sagte Vanderveen warnend. »Das ist keine Art, mit einem Mann zu reden, der deiner Freundin eine Knarre an den Schädel hält.«
»Du …« Kealey war sprachlos. Sein Herz klopfte wie wild, seine Nervenenden vibrierten vor Wut und Angst. Er hätte sie nicht allein lassen dürfen … Alles wirkte so irreal. »Ich will sie sprechen.«
»Augenblick.«
Er hörte ein paar gemurmelte Worte, dann eine scharfe, trotzige Weigerung, gefolgt vom Geräusch einer Ohrfeige. Vanderveen hatte sie geschlagen, er kochte vor Wut. Seine Hand umklammerte das Handy so krampfhaft, dass fast das Plastikgehäuse zerbrochen
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