Der Attentäter - The Assassin
nachzugeben schien.
Ryan Kealey trank eine warme Cola und schaute auf die Wand, die der mit den Monitoren gegenüberlag. An der sich lösenden Tapete hingen Grundrisse des Lagerhauses an der Duke Street und von Hand gezeichnete Skizzen, die zeigten, von wo das SWAT-Team möglicherweise in das Gebäude eindringen konnte. Er hielt die Erstürmung des Gebäudes für riskant, und das war noch eher untertrieben. Normalerweise hätte er seinem Urteil vielleicht nicht ganz vertraut, da er erst ein paar Minuten hier war, doch in diesem Fall war die Einsatztruppe kaum besser dran. Sie überwachten das Lagerhaus erst seit zwei Tagen, und er glaubte nicht, dass sie wirklich genug Zeit gehabt hatten für die obligatorischen Vorbereitungen. Mit anderen Worten, sie waren kaum darauf vorbereitet, was ihnen bevorstand.
Nach den Skizzen bestanden die Außenwände des Lagerhauses aus Beton, Türen und Türrahmen aus dickem Stahl. Abgesehen von der Einfahrt für Fahrzeuge kamen nur zwei Zugänge an der Südseite des Gebäudes in Betracht, die auf die Duke Street gingen. An der Rückseite des Gebäudes gab es gar keine Tür. Noch schlimmer war, dass der Einsatztrupp fünfzehn Meter freie Fläche überqueren musste, wo er Schüssen aus dem Lagerhaus schutzlos ausgesetzt war. Die Türen mussten mit Sprengstoff aus den Angeln geblasen werden - eine weitere gefährliche Verzögerung. Das Gebäude war eine veritable Festung, wie geschaffen, um sich darin zu verteidigen.
Er wandte sich von den Skizzen ab und ließ den Blick durch den überfüllten Raum schweifen. Harper stand ein paar Schritte weiter weg und telefonierte mit seinem Handy, genau wie Samantha Crane. Matt Foster, der ebenfalls in der Nähe stand, schnappte Kealeys Blick auf und trat zu ihm. Er hatte seine Anzugsjacke abgelegt und führte jetzt ein makellos weißes Hemd und ein handgearbeitetes Schulterholster vor. Der Griff seiner Waffe ragte unter dem linken Arm hervor.
Er wies mit einer Kopfbewegung auf die Skizzen. »Das Ganze ist ein Alptraum, was?«
Kealey war überrascht, dass der andere seinen Gedanken aussprach. »Ja. Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung, wie Sie das durchziehen wollen.«
»Es ist nicht wirklich unsere Entscheidung. Wir hatten auch Bedenken, aber sie wollten nicht auf Sam hören.«
Sam? Wie war das Verhältnis dieser beiden? »Ich dachte, sie wäre für den Einsatz verantwortlich.«
»Es sieht vielleicht so aus«, sagte Foster. »Sehen Sie den Mann da drüben?«
Kealey folgte Fosters Blick zu einem schmächtigen, glatzköpfigen
Mann in einem leichten Leinenanzug von der Stange. Er stand zwischen zwei Untergebenen, die beide größer und besser gekleidet waren. Sie entsprachen dem idealtypischen Bild eines FBI-Beamten sehr viel eher.
»Das ist Craig Harrington, der stellvertretende Direktor des Washingtoner FBI-Büros«, erklärte Foster. »Offiziell hat er das Sagen, aber da er jede Menge andere Dinge zu tun hat, hat er diesen Fall an Sam übergeben. Vor ein paar Tagen, als die Sache mit Mason konkret wurde, haben sie Sam hierhergerufen. Sie hat die Untersuchung in New York geleitet und gut mit der JTTF in Dallas zusammengearbeitet. Also war sie der geeignete Kandidat für diese Aufgabe.«
Die Abkürzung JTTF stand für Joint Terrorist Task Force. In jedem der sechsundfünfzig FBI-Büros gab es eine Handvoll Leute, die mit den örtlichen Strafverfolgungsbehörden, der ATF-Antiterroreinheit und der DEA kooperierten, um gegen terroristische Aktivitäten vorzugehen. Kealey war absolut nicht überrascht, dass Samantha Crane aus New York gerufen worden war, um Masons Festnahme in die Wege zu leiten, denn für das FBI galten andere Rechtsvorschriften als für die örtliche Polizei.
Nach dem Bombenanschlag in Oklahoma City im April 1995 waren Ermittler aus einem halben Dutzend FBI-Büros im ganzen Land herbeigerufen worden, um bei den Nachforschungen zu helfen. Genauso war es in Ruby Ridge, obwohl niemand im FBI an diesen katastrophal verunglückten Einsatz erinnert werden wollte.
»Und welche Rolle spielen Sie?
Foster grinste. »Sam brauchte einen Handlanger, also hat sie mich gefragt. Darin erschöpft sich meine Rolle in diesem kleinen Drama.«
Kealey nickte und dachte, dass er den jungen FBI-Beamten vielleicht etwas zu hart beurteilt hatte. Wenn man von dem »Sam« absah, mit dem er seine Vorgesetzte bezeichnete, schien er seinen Platz zu kennen. Er glaubte, in Foster vielleicht einen Verbündeten gefunden zu haben.
»Hören Sie,
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