Der Attentäter - The Assassin
sich Kealey zu. »Ich verstehe Ihre Sorge, aber es ist nicht meine Entscheidung. Es ist, wie Sie sagten, wir beschäftigen uns seit drei Monaten mit diesem Typen und hatten nichts vorzuweisen. Als uns dieser Tipp in den Schoß fiel, hat man das im Hauptquartier als Chance gesehen, verlorene Zeit wiedergutzumachen.« Von ihrem Trotz war nichts mehr übrig, die Arme hingen schlaff an ihren Seiten herab. »Außerdem sind unsere Haftbefehle nur bis morgen gültig. Wir müssen jetzt handeln oder Gründe finden, sie verlängern zu lassen.«
»Dann sehen Sie zu, dass sie verlängert werden. Das ist besser, als das Leben Ihrer Männer zu gefährden.«
Crane zuckte hilflos die Achseln und blickte zu einem hektisch gestikulierenden FBI-Beamten hinüber. »Wie gesagt, es ist nicht meine Entscheidung.« Einen Augenblick später war sie verschwunden. Foster folgte ihr wie ein braves Haustier.
»Sie weiß, dass es ein Fehler ist«, sagte Kealey leise. »Ich kann einfach nicht glauben, dass sie die Sache durchziehen.«
»Ja, es ist ein Fehler«, stimmte Harper zu. »Man sollte meinen, sie hätten seit den Katastrophen von Ruby Ridge und Wacko dazugelernt. Besonders, wenn man bedenkt, dass die Antiterroreinheit mit von der Partie ist.«
»Offensichtlich nicht.« FBI-Beamte scharten sich um die Monitore, es wurde still. »Sieht so aus, als würde es losgehen.«
14
Alexandria, Virginia
In dem Lagerhaus an der Duke Street wurde Anthony Mason allmählich ungeduldig. Er stand etwas abseits, und zwei andere Männer mühten sich mit einer der großen schwarzen Kunststoffkisten ab, die überall auf dem Betonboden herumstanden. Bei einer Länge von einem und einer Breite von einem halben Meter waren sie nicht besonders sperrig, wogen aber pro Stück über fünfzig Kilo, sodass die Arbeit nach einer Weile etwas anstrengend wurde. Die Kisten wurden auf Holzpaletten gestellt und anschließend für die zweistündige Fahrt nach Richmond mit Gurten gesichert. Dafür wartete ein paar Schritte weiter weg ein Izuzu-NPR-Lieferwagen. Neben der Stahltreppe stand ein kleiner Gerlinger-Gabelstapler, mit dem die Paletten auf die Ladefläche des Fahrzeugs gehievt wurden.
Mittlerweile blickte Mason einmal pro Minute nervös auf die Uhr. Das Containerschiff sollte um acht Uhr abends ablegen, allmählich wurde die Zeit knapp. »Wie viele habt ihr, Ronnie?«
Der Mann wischte sich den Schweiß von der Stirn und schaute Mason an. »Dreißig. Inklusive der Palette, bei der wir gerade die Gurte festzurren.«
»Gebt Gas, verstanden? Wir haben’s eilig.«
Ronnie Powell machte sich eilig wieder an die Arbeit, wie Lewis Barnes, der gar nicht angesprochen worden war. Mason nahm es mit einem leichten Lächeln zur Kenntnis. Es war das
Lächeln eines Mannes, der daran gewöhnt ist, dass er seinen Willen bekommt. Wenn er sich die Zeit nahm, seine Bilanz Revue passieren zu lassen, neigte er dazu, ein bisschen zu selbstgefällig zu werden.
Es lag ein langer Weg hinter ihm seit den frühen Achtzigerjahren, als sich seine Aktivitäten größtenteils auf Lower Manhattan beschränkten, wo er an gelangweilte Studenten von der Columbia und Marymount University Drogen verkauft hatte. Sie kamen aus reichen Elternhäusern, doch ihm selbst ging es auch nicht schlecht. Gegen Ende des Jahrzehnts hatte sich sein Kundenkreis auf benachbarte Stadtviertel ausgedehnt, was zu Problemen mit einigen dort lange tätigen Dealern führte. Trotz wiederholter Drohungen weigerte er sich, das Feld zu räumen. Der Showdown kam 1991 vor einem Nachtclub in Staten Island, wo ihn einer seiner größten Rivalen stellte. Er beschuldigte ihn, auf seinem Territorium Geschäfte zu machen. Die Meinungsverschiedenheit eskalierte, es kam zu einer Schießerei. Mason tötete seinen Konkurrenten, und zwei Stunden später, als er gerade in der Wohnung seiner Freundin an der 57th Street Unterschlupf suchen wollte, wurde er verhaftet.
Unglücklicherweise gab es eine Reihe von Zeugen, die den Vorfall vor dem Club gesehen hatten. Das Gerichtsverfahren ging zügig über die Bühne, die Jury fällte das zu erwartende Urteil. Mason bekam dreißig Jahre wegen Totschlags und landete in der Attica Correctional Facility im Bundesstaat New York. Trotz erdrückender Beweise gegen ihn legte er sofort Revision gegen das Urteil ein und machte sich an die Arbeit. Letztlich war alles überraschend einfach. Er bestach zwei Gefängniswärter, damit sie ihm ein Handy und ein Ladegerät besorgten, und führte eine Menge
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