Der Attentäter - The Assassin
wird sich einiges ändern.
Durch mich.
17
Paris
Die Frau fuhr einen silbernen Mercedes ML500, der hundert Meter hinter dem Renault abgestellt war. Vanderveen suchte nach dem Aufkleber einer Leihwagenfirma, als sie sich von hinten dem Fahrzeug näherten, sah aber keinen. Vermutlich war ihr der Wagen von Pariser Kontaktpersonen zur Verfügung gestellt worden. Natürlich konnte er ihr auch gehören, und in diesem Fall war ihr Standort vermutlich Paris, wo man sich so gut wie in jeder anderen Metropole verstecken konnte. In der französischen Hauptstadt lebte eine stark wachsende muslimische Bevölkerungsgruppe, wie in anderen Großstädten Westeuropas, wo sich die Zahl arabischer Muslime im Lauf der letzten beiden Jahrzehnte mehr als verdoppelt hatte. Die Frau neben ihm fiel da nicht weiter auf.
Vanderveen öffnete die Tür auf der Seite des Beifahrersitzes, die Frau setzte sich hinter das Steuer. Sobald sie losgefahren waren, stellte sie sich vor. Offenbar wusste sie nicht, dass er über die wichtigsten Fakten bereits informiert war. Yasmin Raseen war etwa vierzig, was man ihr aber nicht ansah. Wenn man von einigen wenigen Fältchen um die Augen absah, wirkte sie sehr viel jünger. Sie hatte einen breiten, perfekt geformten Mund, markante Wangenknochen und dunkelbraunes, fast schwarzes Haar, das kaum zu bändigen war. Seinem auf dem Trottoir gewonnenen Eindruck nach war sie etwa einen Meter fünfundsechzig groß und wog um die sechzig Kilogramm. Sie
trug eine bequeme Hose und eine etwas weiter geschnittene Bluse, die ihre Kurven unaufdringlich zur Geltung brachten.
Seine Blicke entgingen ihr nicht, so viel war sicher. An der Art und Weise, wie sie das Lenkrad umklammerte und wie ihre Augen zwischen ihm, der Straße und dem Rückspiegel hin und her wanderten, konnte man erkennen, dass sie sich unbehaglich fühlte. Er versuchte nicht, ihrem Blick auszuweichen, und stellte befriedigt fest, dass seine Anwesenheit sie verunsicherte. Vielleicht hatte man auch ihr das eine oder andere über ihn erzählt. Er war wütend auf sich selbst, und deshalb machte es ihm nichts aus, dass sie sich unwohl fühlte. In der Rue de la Paix hatte sie ihn locker ausgetrickst, was bisher nie passiert war. Weil man sich in der Gegend schlecht verstecken konnte, hatte er sich die Mühe gemacht, sich für den Nachmittag das Taxi auszuleihen. Er hätte ein x-beliebiger Taxifahrer sein können, der gerade eine Pause machte, und doch hatte sie das Manöver sofort durchschaut.
Ihre Schönheit konnte zum Problem werden, das war sofort klar. Für diese Art von Arbeit war sie viel zu attraktiv. Ihre Haut war überraschend hell, kaum dunkler als die europäische Sommerbräune, und soweit er sah, hatte sie keine auffälligen Muttermale. Doch das spielte keine Rolle. Wenn es nur ein aktuelles Foto von dieser Schönheit gab, das von Interpol verbreitet wurde, würde sich ihr Gesicht jedem Polizisten sofort unauslöschlich einprägen. Er musste daran denken, was ihm in Tartus erzählt worden war. Bevor er aufbrach, hatte Tahir al-Tikriti ihn über Raseens persönlichen Hintergrund informiert. Nicht sehr ausführlich, aber Vanderveen konnte aus seinen Worten schließen, welchen Wert sie hatte. Wirklich interessiert hatte ihn, mit welcher Sorgfalt der ehemalige Geheimdienstchef seine Worte wählte:
Der Westen weiß von ihr. Natürlich kennt niemand ihren Namen oder ihr Gesicht, doch ihre Existenz ist kein Geheimnis. Es ist eine Seltenheit, einer Frau zu begegnen, die zu so entsetzlichen Dingen fähig ist. Eine Frau wie sie verneint die kulturellen Normen, die in den meisten Ländern gelten, besonders aber in den Vereinigten Staaten. Wie Sie sehr gut wissen, werden die Amerikanerinnen von Kindesbeinen an auf eine Rolle festgelegt, die vorschreibt, wie eine Frau zu sein hat. Ich versichere es Ihnen, Yasmin Raseen entspricht nicht dieser Vorstellung. Für sie ist das Töten eine simple Aufgabe, etwas so Natürliches wie das Atmen. In dieser Hinsicht ist sie uns allen voraus. Sogar Ihnen …
Ihr Lebenslauf war kurz, aber sehr beeindruckend. Besonders ihre Beziehungen zum Pariser Untergrund hatten sich als extrem nützlich erwiesen. Laut al-Tikriti war sie seit mehreren Wochen in der Stadt, um sich um die Einzelheiten zu kümmern. Wenn sie nur die Hälfte davon geschafft hatte, was der Iraker als erledigt ansah, musste er eine Möglichkeit finden, sie in New York einzusetzen. Vorausgesetzt, das Treffen bei den Vereinten Nationen fand statt. Das würde
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