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Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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ansehen und ein Gefühl für die Gegend entwickeln. Außerdem sollten Sie mir zeigen, wo das Fahrzeug für den Notfall geparkt ist.« Er schaute auf die Uhr. »Dann machen wir eine Spazierfahrt.«

    Sie runzelte kaum merklich die Stirn. »Was haben Sie vor?«
    Vanderveens Blick glitt zu der schwarzen Kunststoffkiste am Fußende des Bettes. »Wir gehen wandern.«

18
    Washington, D. C.
    Kealey war dankbar, dass die Fahrt zum Hotel relativ zügig verlief. Kurzzeitig hatte er darüber nachgedacht, noch auf ein oder zwei Drinks in Jonathan Harpers Haus an der Q Street mitzukommen, wo er sehr willkommen gewesen wäre. Mit Julie Harper war er genauso gut befreundet wie mit ihrem Mann, aber ihm war klar, welche Wendung das Gespräch nehmen würde, und er war psychisch und physisch zu erschöpft, um sich den schmerzhaften Erinnerungen zu stellen. Nach dem anstrengenden zehnstündigen Flug und dem Erlebnis an der Duke Street wollte er nur noch schlafen.
    Der Fahrer setzte ihn an der Ecke der 15th Street und der Pennsylvania Avenue ab. Als er das zehnstöckige Gebäude betrat und durch die frisch renovierte Halle ging, wurde ihm erst richtig bewusst, wie stilvoll das Hotel Washington war. Es hätte keinen größeren Kontrast geben können zu der Umgebung, an die er sich während der letzten sechs Monate gewöhnt hatte, und es war definitiv eine Verbesserung.
    Da Harper ihm bereits die Karte für das Türschloss seines Zimmers gegeben hatte, konnte er sich den Gang zur Rezeption sparen. Er ging zu den Aufzügen und drückte auf den Knopf, und während er wartete, hörte er hinter sich eine vertraute Stimme.
    Er drehte sich um und sah Naomi Kharmai, die ein paar Schritte entfernt stand. Sie betrachtete ihn mit einem merkwürdigen
Blick, fast so, als würde sie den vor ihr stehenden Mann nicht wiedererkennen.
    Schließlich brach er das angespannte Schweigen. »Hallo. Schön, dich zu sehen.«
    »Ich freue mich auch.« Sie trat auf ihn zu. »Wie ist es dir ergangen?«
    »Nicht schlecht.«
    Kharmai sah, dass das nicht stimmen konnte. Er hatte Gewicht verloren, etliche Pfunde. Sein Gesicht war hager, die gebräunte Haut spannte sich über den Wangenknochen, und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Die Haare waren viel zu lang, und er wirkte unglaublich müde, als hätte er monatelang nicht geschlafen. Es war eine schockierende Veränderung, und doch richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf ein scheinbar unbedeutendes Detail - er trug keinen Trauring.
    Sie war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte, fand es aber seltsam, dass er die Sache nicht durchgezogen hatte. Sie wusste nur zu gut, wie wichtig ihm die andere Frau war, und Ryan Kealey schien ihr nicht der Typ zu sein, der eine Ewigkeit nur verlobt sein wollte. Was er damals erzählt hatte, hörte sich so an, als wäre es die perfekte Beziehung, und sie fragte sich, wodurch sich das geändert haben konnte.
    Der Gedanke ließ sie nicht los, doch dann hatte sie keine Zeit mehr, weiter darüber zu grübeln, weil Kealey ihre Frage wiederholte.
    »Oh, bei mir lief alles prima«, sagte sie lächelnd, darum bemüht, sich nichts von ihren Überlegungen anmerken zu lassen. »Du scheinst nicht überrascht zu sein, mich zu sehen.«
    Er musterte sie. Ihr glänzendes schwarzes Haar war schulterlang geschnitten, und sie trug einen leichten, himbeerfarbenen Pullover, niedrig sitzende Jeans und Schuhe mit eckigen
Absätzen. Er hatte vergessen, wie jung sie aussah, fast wie ein Mädchen, das man gegen ihren Willen in die Welt der Erwachsenen gestoßen hatte. Es war schwer zu glauben, dass sie Anfang dreißig sein sollte.
    »Harper hat mir erzählt, dass du hier bist.«
    »Oh.« Sie schwieg irritiert und wies dann mit einer Kopfbewegung auf eine Tür aus mit Schnitzereien verziertem Nussbaumholz. »Ich wollte gerade etwas trinken. Kommst du mit?«
    Kealey fielen fast die Augen zu, aber er wollte sie nicht verletzen und begleitete sie in die Bar. Aus verdeckten Lautsprechern tönte leise Charlie Parkers »April in Paris«. Trotz der relativ frühen Stunde war fast niemand da. Am Ende der polierten Bar trank ein älteres Ehepaar einen Martini, ein paar Schritte weiter saß eine junge Frau mit unruhigen Augen und seidigem braunem Haar, die ein übergroßes Sweatshirt trug.
    Angesichts der eher deprimierenden Atmosphäre spürte Kealey das absurde Verlangen, laut zu lachen; nur ein paar Stunden zuvor wäre er beinahe getötet worden, und jetzt ließ er sich in einer Bar von Jazzmusik berieseln,

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