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Der Attentaeter von Brooklyn

Der Attentaeter von Brooklyn

Titel: Der Attentaeter von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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hegte, ins Gesicht zu schreiben schienen. Sie trug einen langen schwarzen Mantel, der eng am Oberkörper anlag, und hatte ein schwarzes Mendil mit einem Saum aus Goldpailletten ums Gesicht geschlungen. Sie schürzte die Lippen, und um ihre großen, verbitterten Augen war die Haut schlaff und violett, typisch für Unglück und Erschöpfung.
    Der Polizist langte in eine große Dose mit Oliven, fischte im Essig herum, zog eine Handvoll heraus und steckte sich eine in den Mund. »Wo gehen Sie hin?«, fragte er.
    »Ich gehe zur Arbeit«, antwortete sie.
    Als Rania den Raum durchquerte und dabei einen Bogen um die Blutflecken ihres Vaters machte, spürte Omar Jussuf das Entsetzen des Mädchens. »Mögest du lange leben, meine Tochter«, sagte er. »Und möge Allah dem Verstorbenen gnädig sein.«
    Rania öffnete den Mund, um die traditionelle Antwort auf diese Beileidsbekundungen zu geben, aber ihr stockte der Atem. »Der Gemeinderat wird mir helfen, die Beerdigung zu organisieren«, flüsterte sie. »Es ist für mich das Beste, wenn ich dort wie üblich hingehe. Ich muss bei guten Menschen sein, bei arabischen Leuten.« Sie wandte sich mit verächtlichem Lächeln von Hamsa ab.
    Es kam Omar Jussuf unnatürlich vor, dass die Ermordung ihres Vaters Rania eher wütend als traurig machte. Vielleicht ist es die Trauer, die sie in Rage bringt, dachte er, oder die Verdächtigungen des Polizisten .
    Sie zeigte Hamsa noch einmal ihren verächtlich verzogenen Mund. »Leute, die ein Herz haben«, sagte sie. Ihre Stimme brach, als sie ihr Schluchzen unterdrückte.
    Hamsa kaute eine zweite Olive.
    Rania verließ die Küche mit erhobenem Kinn und einem starren Blick in den glasigen Augen. Wenn Omar Jussuf schon nicht mit seinem Sohn Schritt halten konnte, konnte er zumindest dem Mädchen über die Straße folgen. Vielleicht konnte sie ihm etwas sagen, das ihn auf die Spur des Mörders brachte, der jetzt eine Bedrohung für Ala zu sein schien. Omar Jussuf warf einen letzten Blick auf das Blut am Boden und folgte ihr mit schnellen Schritten durch das Café.
    »Ich gehe mit Ihnen zum Gemeinderat«, sagte er und beeilte sich, zur Tür zu kommen, bevor sie hinter ihr zufiel.
    Auf dem verschneiten Gehweg hielt Rania sich sehr aufrecht und balancierte locker neben Omar Jussuf, der verspannt und unsicher ging. »Im Paradies wird Ihr Vater Vergebung finden, meine Tochter«, sagte er.
    »Was muss ihm denn vergeben werden?« Ihre Stimme klang abweisend, schroff.
    »Das können nur Sie wissen.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken, und ihre Augen rollten wie die eines Vollbluts im Spannungsmoment, bevor der Reiter es galoppieren lässt.
    »Und nur Allah weiß, welche Belohnung Ihr Vater erhält«, fügte Omar Jussuf hinzu, »sei es das Paradies oder die Hölle.«
    »Wenn es die Hölle ist, hat mein Vater schon vor langer Zeit einen Vorschuss kassiert.« Das Mädchen überquerte mit durchgedrückten Schultern die Fifth Avenue in Richtung Gemeinderat. Auf dem Gehweg blieb sie stehen und wartete auf Omar Jussuf. Auf ihrem Gesicht lag ein Anflug des Bedauerns. »Ich bin mir sicher, dass er nicht in die Hölle muss«, sagte sie. »Er wird den Lohn der Märtyrer bekommen.«
    »So Allah will. Aber es dürfte schwierig sein, die Leute davon zu überzeugen, dass Ihr Vater ehrenvoll in die Gärten der Freude aufgenommen wird, wenn herauskommt, dass in seiner Küche Drogen lagerten«, sagte Omar Jussuf. »Es wird auch Ihren guten Ruf beschädigen.«
    Das Mädchen verschränkte die Arme gegen die Kälte. »Wollen Sie damit sagen, dass mich jetzt nicht einmal mehr Ala zur Frau nehmen würde?«, sagte sie mit einem verächtlichen Lächeln. »Vielleicht wäre das sein Martyrium.«
    »Und was ist mit Nisar? Was war seine Belohnung?«
    Rania bog in den Eingang zum Gemeinderat ein und schlug sich mit ihrer bleichen Hand ans Brustbein. » Ich war seine Belohnung«, schluchzte sie.
    Sie rang nach Atem, um sich zu beruhigen, und betrat das Gebäude. Omar Jussuf stampfte den Schnee von seinen Halbschuhen und folgte ihr.
    Billige Sofas umgaben den Empfangsraum. Alle Plätze waren von Arabern besetzt, die still auf einen der Berater warteten. Vermummt in schwere Mäntel, die alten Männer mit ihren tief ins Gesicht gezogenen Persianermützen, saßen sie schweigend und schläfrig in der Wärme. Eine Frau mittleren Alters warf Omar Jussuf einen feindseligen Blick zu. Sie kaute Kaugummi, und bei jeder Bewegung ihres Kiefers rieb sich ihr fettes Doppelkinn an ihrem Kopftuch. Sie

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