Der Attentaeter von Brooklyn
mein Herz, meine Liebe«, sagte Nisar zu Rania, und sie tranken. »Ich musste Raschid beseitigen, Ustas . Er war ein Attentäter. Nicht einer von der Sorte, die wir in Ihrer Klasse als Assassinen gespielt haben, sondern ein echter.« Er schnitt noch einmal mit der Hand durch die Luft, als führte er einen Degen.
»Das ist ja ein sehr romantisches Gespräch für einen Valentinstag.« Omar Jussuf blickte verächtlich auf den Champagner im Flaschenkühler. »Woher weißt du, dass er ein Attentäter war?«
Nisar zog eine Grimasse wie ein schuldbewusster Schüler.
Das israelische Gefängnis, dachte Omar Jussuf. Wie Ala vermutet hat, haben sie sich dem Islamischen Dschihad angeschlossen . »Man hat dich im Gefängnis rekrutiert«, sagte er. »Bist du hierhergekommen, um jemanden umzubringen?«
»Raschid sollte den Mord ausführen. Trotz seiner Nervosität hat er sich im Training als entschlossener kleiner Bursche erwiesen. Deswegen hat man ihn ausgewählt. Ich bekam den Befehl, ihm Rückendeckung zu geben.«
»Warum hast du ihn umgebracht?«
Nisar leerte sein Glas und sah zu, wie Rania es wieder mit Champagner füllte. »Ich habe kein Interesse mehr daran, mich selbst zu opfern. Ich habe meine dunkeläugige Huri hier gefunden.« Er berührte ihre Hand.
»Allah ist sehr groß«, murmelte sie mit sardonischem Lächeln.
Er klopfte ihr spielerisch auf die Hand und schnalzte mit der Zunge. »Die Straßen von Brooklyn haben mich mit ihrem Kommerzdenken und ihrer Unmoral zuerst abgestoßen. Aber dann bin ich zusammen mit Rania über die gleichen Avenuen gegangen. Sie hat die Straßen verzaubert. Ich konnte den Ort nicht mehr hassen, weil ein Teil davon ihr gehörte, und sie war wunderschön.«
Omar Jussuf sagte: »Das hat Raschid aber nicht gefallen, nehme ich an?«
»Es hat ihm aufs Schärfte missfallen.«
»Du hättest doch einfach einen dieser Züge nehmen können. Mit Rania durchbrennen und irgendwo in Amerika untertauchen.«
»Und dem Mann, der mich rekrutiert hat, ein Kündigungsschreiben schicken? Ustas , sie würden meine Brüder umbringen und meiner Mutter in Bethlehem das Leben zur Hölle machen, wenn ich ihren Anschlag sabotieren würde. Ich musste sie glauben machen, dass ich tot bin.«
»Du hast also Raschid ermordet, ihn in deine Sachen gesteckt und ihm deinen Ausweis untergeschoben.«
»Raschid hat mich, meine Familie und Rania bedroht.« Nisar beobachtete die Bläschen, die zur Glasoberfläche perlten. »Ich merkte, dass ich nicht die Amerikaner oder die Israelis hasste, sondern uns, die Araber. Ich verachtete das Chaos, das wir mit unserem Kampf angerichtet haben, und die Art und Weise, in der wir uns gegenseitig bekämpfen. Mein Vater starb von der Hand eines anderen Palästinensers. Nach einem lebenslangen Kampf um unsere Freiheit war es nicht der Feind – die Israelis –, der ihn tötete. Er wurde von einem seiner eigenen Genossen ermordet.«
»Wenn man seinen Freund umbringt, sprengt das den Teufelskreis aber nicht.«
»Lassen Sie mich ausreden, Ustas «, sagte Nisar. »Ich kann den Israelis keine Vorwürfe machen, dass sie Palästina für sich wollen. Es ist ein schönes Land. Und ich nehme es den Amerikanern auch nicht übel, dass sie wie Schweine leben – was soll man von Ungläubigen auch anderes erwarten? Aber wir Palästinenser zerstören uns selbst, und das macht mich krank. Deshalb habe ich mich von unserer Sache abgewandt.«
»Sehr gute Gründe. Aber du hast deinen Freund enthauptet und seinen Kopf weggeschleppt. Und jetzt sitzt du hier und feierst Valentinstag?«, sagte Omar Jussuf. »Bist du wahnsinnig?«
»Ich war entschlossen, alles zu tun, um mich vom Islamischen Dschihad zu lösen. Ich wollte, dass sie glauben, dass Raschid ein Psychopath war – zu verrückt, um seinen Auftrag auszuführen. Somit würden sie die ganze Sache abblasen, und ich wäre aus allem raus.«
Omar Jussuf dachte mit Verbitterung an den Bürgerkrieg zwischen den Palästinensern am Ende der Intifada. In Bethlehem hatten sich die Leute gegenseitig gefoltert, weil sie zur einen oder anderen Fraktion gehörten – Leute, die im gleichen Dorf oder Flüchtlingslager aufgewachsen waren. Unsere Politik ist so radikal, dachte er, dass sie uns dazu treibt, widerliche Dinge zu tun, die unserer wahren Natur widersprechen. Nisar ist nur unseren politischen Traditionen gefolgt .
»Warum bist du nicht untergetaucht geblieben, nachdem du Raschid abgeschlachtet hast?«, fragte er.
Nisar berührte mit der
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