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Der Attentaeter von Brooklyn

Der Attentaeter von Brooklyn

Titel: Der Attentaeter von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Sie zu beruhigen?« Er kicherte und steckte sich noch eine Zigarette an.
    Omar Jussuf kratzte sich peinlich berührt den Schnauzbart. Chamis Sejdan starrte seine Handprothese an.
    »Lassen Sie mich versuchen, Sie auf andere Weise zu überzeugen, Abu Adel«, sagte Nisar.
    »Dann versuchen Sie’s mal.« Chamis Sejdan goss sich einen Whisky ein.
    Nisar strich sich durch seine langen Haare. »In Palästina weiß jeder, was es bedeutet, aus Bethlehem zu kommen. Wenn ich den Leuten hier erzähle, woher ich komme, sehen sie mich aber verständnislos an. Ich erkläre dann, dass ich aus der Stadt komme, in der Jesus geboren wurde, und das ist so ziemlich die einzige Information, die ihnen was sagt. Aber selbst das verwirrt sie manchmal noch, weil ich ein Araber bin, und Jesus war ja wohl kein Araber, nicht wahr?«
    Der Junge sah an den beiden älteren Männern vorbei, als wollte er die erleuchteten Fenster des UN-Gebäudes am Ende der Straße zählen.
    »Anfangs habe ich auf diese Ignoranz reagiert, indem ich Amerikanern einfach den Rücken gekehrt habe«, sagte er. »Ich wurde noch religiöser, als ich es je gewesen war. Selbst wenn ich auf die Hadsch nach Mekka gegangen wäre, mir den Schädel rasiert und sieben Kiesel auf die Säule von Akaba geworfen hätte, hätte ich gar nicht noch arabischer sein können. Aber das habe ich nicht ausgehalten.« Er klatschte in die Hände wie ein Zauberer, der einen Gegenstand in dünne Luft verwandelt hat. »Kennen Sie den Eid aus Surat al-Wak’ah ? ›Ich beschwöre beim Schutz der Sterne den Ruhm des Korans.‹ Tja, in Brooklyn konnte ich die Sterne nie sehen. Nachts war der Himmel vom orangefarbenen Schein der Stadt angestrahlt und ließ das himmlische Paradies verschwinden.«
    Omar Jussuf dachte an die Wolken und den Regen, den Schneeregen und den Schnee, die den Himmel seit seiner Ankunft in New York die meiste Zeit getrübt hatten. »Dann hat diese Stadt also Allahs Schöpfung verdüstert und dich zu einem Ungläubigen gemacht?«, sagte er.
    »In Wahrheit habe ich die Religion abgelegt, weil ich ein schlechter Mensch bin.« Nisars Blicke schienen sich nach innen zu wenden, sich an seine Erinnerungen zu heften und seine Gefühle zu besänftigen. »Nachdem ich eine Weile in den USA war, hatte ich Sex mit einer Amerikanerin. Dafür hasste ich mich selbst, weil ich das verraten hatte, woran ich glaubte.«
    »Das macht dich doch nicht schlecht, mein Sohn«, sagte Omar Jussuf. »Es bedeutet nur, dass du außerhalb unserer Kultur gelebt hast. Zu Hause ist Sex nur mit der eigenen Frau möglich, aber hier ist alles erlaubt. Du hast etwas ganz Natürliches getan.«
    »Ich habe es nicht mit Vergnügen getan, Ustas . Ich habe sie gerammelt wie ein verschrecktes Kaninchen. Ich fürchtete mich vor der Tatsache, dass sie Sex gernhatte, dass sie es wollte. Sie hat mitgemacht, weil sie gesehen hat, wie schlecht ich war – das dachte ich jedenfalls. Sie hatte meinen verdorbenen Charakter durchschaut, und deshalb erlaubte sie mir, ihr diese ekelhaften Dinge anzutun.«
    Chamis Sejdan stieß einen Pfiff aus und trank einen Schluck Whisky.
    Nisar schlug sich mit der Faust in die Handfläche. »Deshalb sind Frauen für uns verboten, außer in der Ehe. Weil ein Mann beim Sex versteht, wie schwach er ist, es sei denn, die Frau wäre sein Eigentum, seine Ehefrau. Geben Sie mir etwas von dem Whisky.«
    Omar Jussuf nahm ein Glas von der Minibar, und Chamis Sejdan schenkte ihm einen großen Schuss Scotch ein. Nisar trank und wischte sich den Mund mit der Hand.
    »Ich kann mich an jedes Detail des ekelhaften Körpers dieser Frau erinnern, Ustas . Die Grübchen im Fleisch ihrer Beine und die Hautfalten um ihre Brüste. Die kalte Schweißspur zwischen ihren Pobacken. Ihre Blässe. Sobald ich fertig war, machte ich mich unter Ausreden davon. Sie lag im Bett, sah mich ungeduldig und verächtlich an, während ich mich anzog.« Er kippte den Rest des Whiskys herunter. »Ich habe versucht, amerikanisch zu sein. Ich habe Scotch getrunken, ich habe das Schweinefleisch gegessen, das man mir vorsetzte, und ich habe eine Frau gefickt, deren Namen ich kaum kannte. Aber ich hätte genauso gut auf einem Kamel über den Broadway traben können. Ich war kein guter Moslem. Aber es war offensichtlich, dass ich auch kein Amerikaner war.«
    »Hast du denn zwischen den beiden Lebensweisen keine Kompromisse sehen können?«, sagte Omar Jussuf.
    Nisar schloss die Augen. »Ich fand sie in Rania. Ich dachte, ich könnte sie

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