Der Attentaeter von Brooklyn
Adrenalin.
»Mein Junge, du musst dich stellen«, sagte Omar Jussuf.
Nisar drückte Ranias Finger und schüttelte den Kopf.
»Was man auch immer zu deinen Methoden sagen mag, du hast immerhin die Ermordung des palästinensischen Präsidenten verhindert«, sagte Omar Jussuf. »Vielleicht kannst du der Polizei auch noch weitere Hinweise zu dem Drogenring geben. Und über die Aktivitäten des Islamischen Dschihad in Amerika. Wenn du ihnen hilfst, vergessen Sie vielleicht, was du getan hast. Denn was dürfte ihnen wohl wichtiger sein – zwei tote Araber in Brooklyn oder ein komplettes, terroristisches Netzwerk?«
Nisar verzog sarkastisch die Lippe. »Sie werden mir eine neue Identität verpassen und dazu eine Jahreskarte, um von diesem Bahnhof zu meiner schönen Frau und entzückenden amerikanischen Familie in Pleasantville zu pendeln?«
»Wohin? Hör auf, dich über mich lustig zu machen. Es ist ernst.«
»Das ist ein realer Ort. Können Sie sich das vorstellen?« Nisar deutete mit dem Kinn auf die Abfahrtstafel. »Er liegt an der Linie nach Harlem.«
»Lass mich zumindest mit Abu Adel reden. Vielleicht kann er für dich einen Deal aushandeln.«
»Wer?« Nisars Gesicht versteinerte.
»Brigadier Chamis Sejdan. Er ist der Sicherheitsberater des Präsidenten während der Beratungen mit den Amerikanern und bei der UN.«
Nisar starrte abwesend in seinen Champagner.
»Er ist mein Freund. Wenn du ihm alles erzählst, wird er bestimmt bereit sein, mit den Amerikanern einen Deal auszuhandeln, damit du nicht für das, was du getan hast, unter Anklage gestellt wirst.«
»Einen Deal?« Nisar sah Rania an.
»Wir können jetzt in mein Hotel gehen, und dann nehme ich Kontakt mit ihm auf«, sagte Omar Jussuf.
Nisar tippte mit dem Daumennagel an den Tellerrand. Es klang sehr laut, bis Omar Jussuf merkte, dass er die Glocke eines abfahrenden Zugs von jenseits der Halle hörte. Nisar hielt seinen düsteren Blick unverwandt auf Ranias Augen geheftet. »Wo ist Ihr Hotel, Ustas ?«, sagte er. »Schauen wir mal, ob’s mit der Fahrkarte nach Pleasantville klappt.«
Kapitel
25
Nisar steckte sich eine von Chamis Sejdans Zigaretten an und stieß den Rauch in Richtung des geöffneten Hotelfensters aus, während Omar Jussuf fröstelte. Der Polizeichef beobachtete den jungen Mann mit der festen Zuversicht desjenigen, der Erfahrung mit Verhören hat. Nisar hielt dem Blick stand, nahm ihn in die schwarzen Tiefen seiner Augen auf und warf ihn dann wie ausgeatmeten Rauch auf Chamis Sejdan zurück. Omar Jussuf fragte sich, ob ihn nur die eiskalte Luft zittern ließ.
Er zog das Fenster bis auf einen kleinen Spalt zu. »Das Zimmer wird allmählich so kalt wie dein Blut«, sagte er.
Die beiden Männer hoben mit festem Blick langsam das Kinn.
»Ich glaube kein Wort davon«, flüsterte Chamis Sejdan.
Nisar stieß Rauch aus der Nase aus.
»Es ist drei Uhr morgens«, sagte Omar Jussuf. »Er hat dir seine Geschichte bereits drei, nein, vier Mal erzählt.«
»Der Präsident hält seine Rede morgen um neun Uhr früh. Das gibt uns noch dreißig Stunden.« Chamis Sejdan rollte mit dem Daumen langsam über das Rädchen des Feuerzeugs und sah zu, wie es Funken sprühte. »Bevor ich in Panik gerate, ist das noch jede Menge Zeit, um die Wahrheit zu beweisen.«
»Ich habe Nisar hergebracht, damit du ihm dabei hilfst, Immunitätsschutz zu bekommen.« Omar Jussuf schlug sich auf den Oberschenkel. »Du hast seine Geschichte gehört. Du weißt, dass er Raschid umgebracht hat, um die Ermordung des Präsidenten zu verhindern. Wir müssen mit Sergeant Abajat sprechen, um Polizeischutz für Nisar zu bekommen.«
»Du meinst also, der Islamische Dschihad sitzt jetzt herum und denkt: ›Tja, Nisar hat die Sache vergeigt. Dann wollen wir mal das Attentat auf den Präsidenten vergessen.‹« Chamis Sejdan riss die Augen auf, als wäre er ein Einfaltspinsel. »Nein, ich will wissen, wie Plan B aussieht.«
»Woher soll Nisar das wissen? Er ist doch nicht der Attentäter. Der Attentäter ist tot.«
»Bei deinen Ahnen! Hältst du jetzt mal den Mund und lässt mich mit ihm reden?«
»Du hast ja gar nicht mit ihm geredet. Du hast dir mit ihm nur einen Glotzkampf geliefert.«
Nisar lachte warm und rauchig. Er drückte seine Zigarette aus. »Sind wir hier etwa in einer lustigen dritten Klasse? Sie beiden alten Herren kriegen sich so in die Wolle, dass mir angst und bange wird, dass einer von Ihnen einen Herzinfarkt kriegt – dann gestehe ich lieber alles, um
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