Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
Vom Netzwerk:
gerufen »Auf keinen Fall hierher! Nicht hierher. Ich will mich nicht verkriechen!«. Jetzt ergab er sich still in sein Schicksal.
    Ein Dienstmädchen ließ sie ins Haus. Otto Weidt saß noch in seinem Büro und diktierte Briefe. Als Carla und Kurt den Raum betraten, drehte sich die Sekretärin um und rief erschrocken: »Oh Gott!«
    Weidt hob den Kopf.
    »Was ist los?«
    Carla spürte seine Angst. Er sah ja nicht, wer das Zimmer betrat, und musste das Eindringen von SS-Sergen oder Mitarbeitern der Gestapo befürchten.
    »Ich bin es, Carla. Sie haben Kurt freigelassen, er ist bei mir. Aber er ist verletzt.«
    Weidt drehte sich zu seiner Mitarbeiterin.
    »Rufen Sie Dr. Anton.«
    Nachdem die Sekretärin gegangen war, fragte er Carla:
    »Was ist passiert?«
    »Ich denke, dass sie ihm die Rippen gebrochen haben, und die Nase sieht auch nicht gut aus. Auf jeden Fall fällt ihm das Sprechen schwer.«
    Weidt atmete erleichtert auf.
    »Wenigstens ist es also nicht lebensgefährlich.«
    Er trommelte leise mit den Fingern auf der Tischplatte.
    »Hören Sie, Kurt, Sie müssen untertauchen. Ich habe gehört, dass Inhaftierte deportiert worden sind, obwohl sie mit einer Nichtjüdin verheiratet sind. Die Ehe mit Carla ist keine Garantie mehr für Ihre Sicherheit.«
    Kurt schwieg in sich zusammengesunken auf einem Stuhl sitzend, während Weidt die Situation sachlich analysierte.
    »Nüchtern betrachtet gibt es zwei Möglichkeiten: Kurt verschwindet von der Bildfläche, das heißt, er verkriecht sich in einem Versteck, ohne es in absehbarer Zeit gefahrlos verlassen zu können. Zum Glück gibt es aufrechte Menschen in dieser Stadt, die ihn aufnehmen würden.«
    Kurt stöhnte auf und sagte von langen Pausen zwischen einzelnen Worten unterbrochen:
    »Auf keinen Fall vegetiere ich für Jahre in irgendeinem Kellerloch oder Verlies. Lieber sterbe ich.«
    Carla wollte protestieren, doch Weidt spürte das und bedeutete ihr zu schweigen.
    »Über die Alternative haben wir schon gesprochen, Carla. Wenn wir Kurt eine neue Identität verschaffen, könnt ihr zwar erst wieder zusammen sein, wenn der Spuk hier vorbei ist, dein Mann könnte aber ein halbwegs normales Leben führen.«
    Kurt war wütend, dass die beiden über seinen Kopf hinweg seine Zukunft diskutierten. Da hatte er ja wohl ein Wort mitzureden. Aber nicht jetzt, nicht heute. Er wollte schlafen und die Schmerzen vergessen.
    Carla überlegte nicht lange.
    »Ich bin zu allem bereit, wenn Kurt nur in Sicherheit ist.«
    Weidts Stimme klang zufrieden, als er sagte:
    »Gut, du weißt, was zu tun ist.«
    Kurt richtete sich in seinem Stuhl auf, wobei ihm ein stechender Schmerz in die Brust fuhr. Keuchend flüsterte er:
    »Was hast du vor, Carla. Du darfst dich nicht in Gefahr bringen.«
    »Keine Angst, Kurt, ich weiß, was ich tue.«

Achtunddreißig
     
     
    Daut war prächtiger Laune. Seine Spürnase funktionierte noch, obwohl er seit fast zwei Jahren öden Streifendienst schieben musste. Er war sich fast sicher, dass sie morgen Martha Grahns Mörder festnehmen würden.
    Fröhlich vor sich hin pfeifend stieg er zur Engelmannschen Wohnung hinauf. Als er den Flur betrat, sah er sofort die zwei Briefumschläge auf der kleinen Kommode neben seiner Zimmertür. Die Post war in dieser Woche schnell gewesen. Luise schrieb ihm regelmäßig sonntags, und meistens erhielt er den Brief erst am Donnerstag. Er hatte gerade seine Stiefel ausgezogen und unter die Garderobe gestellt, als die Wohnzimmertür geöffnet wurde.
    »Sie haben Pohost!«
    Bertha Engelmann flötete es fast.
    »Sie erraten nie, wer Ihnen schreibt«, flüsterte sie wie ein Kind aus Sorge, die gute Fee aus dem Märchen verschwände, wenn sie es laut ausspräche.
    »Danke, Frau Engelmann.«
    Daut nahm die zwei Briefe und öffnete seine Zimmertür.
    »Nun lesen Sie doch erst mal, von wem der Brief ist.«
    »Von meiner Frau, wie jede Woche.«
    Die Neugier seiner Zimmerwirtin störte Daut von Woche zu Woche mehr. Er musste dringend wieder für mehr Distanz sorgen, an Familienanschluss war ihm nicht gelegen.
    Bertha reagierte gereizt auf seine Antwort.
    »Ich meine natürlich den anderen.«
    Daut schaute auf den Umschlag. Er war aus edlem, malvenfarbigem Büttenpapier. Seine Adresse war von Hand nachlässig geschrieben. Er drehte ihn um, und für einen Moment setzte sein Herzschlag aus, als er den aufgedruckten Absender las. In zarten, nur leicht verschnörkelten Buchstaben stand dort: Zarah Leander. Er klemmte sich den Umschlag zwischen

Weitere Kostenlose Bücher