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Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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Prothese und Brust, um ihn mit dem Zeigefinger der rechten Hand aufzureißen.
    »Halt!«, rief Bertha und ergriff seine Hand.
    »So einen besonderen Umschlag macht man doch nicht kaputt.«
    Sie wieselte in die Küche und kam Sekunden später mit einem großen Messer zurück. »Darf ich?«
    Daut reichte ihr den Brief. Vorsichtig, als hätte sie es mit einem unersetzbaren Schmuckstück zu tun, schob sie das Messer unter die Umschlaglasche und öffnete das Kuvert mit einem kräftigen, schnellen Schnitt. Daut hatte den Protest schon auf den Lippen, weil er für einen Moment glaubte, sie würde den Brief herausziehen und lesen. Die Befürchtung war unnötig, denn Bertha Engelmann legte das Messer auf die Kommode und reichte Daut den Brief mit beiden Händen. Dabei deutete sie eine kleine Verbeugung an, wie es Dienstboten tun, wenn sie ihrer Herrschaft ein Schreiben überreichen. Daut lächelte. Was so ein Absender doch bewirkte. Während er eine gefaltete Karte aus dem Briefkuvert zog, fiel eine kleinere Karte aus steiferem Karton zu Boden. Bertha Engelmann war schneller als er, bückte sich und hob das Billett auf, während Daut die Briefkarte las.
    »Lieber Axel - ich hoffe, ich darf Sie so nennen! Sie würden mir eine große Freude machen, wenn Sie am Donnerstagabend mein Gast wären. Ihre Zarah Leander.
    P. S.: Ich lasse Ihnen einen Wagen schicken.«
    Die Engelmann starrte ihn an.
    »Und?«
    Daut reichte ihr die Karte und nahm ihr das Eintrittsbillett für die Abendgala anlässlich des 25. Gründungsjubiläums der Ufa in den Ausstellungshallen am Zoo ab.
    Die Witwe war blass um die Nase, nachdem auch sie das Schreiben gelesen hatte.
    »Ich fasse es nicht. Sie kennen die Leander? DIE Leander?«
    »Bin ihr mal begegnet«, knurrte Daut, nahm ihr die Karte ab und stapfte in sein Zimmer. Er hatte keine Lust, sich über seine Beziehung zu Zarah ausquetschen zu lassen. Er stellte die Karte auf den Nachttisch, hängte den Mantel ordentlich an den Haken neben der Tür und legte dann die Schallplatte auf das Grammophon, wie er es immer tat, wenn er einen Brief von Luise las. Es fiel ihm schwer, sich auf die Lektüre zu konzentrieren. Immer wieder fiel sein Blick auf die Briefkarte mit der zarten Schrift. Er nahm sie in die Hand und wedelte sich den Duft zu, den er schon beim Öffnen des Kuverts bemerkt hatte. Schließlich hielt er sich das Büttenpapier direkt vor die Nase und sog das Bouquet mit geschlossenen Augen ein. Einen Moment saß er still, ehe er die Karten hastig weglegte. Er war verrückt, oder einfach nur zu lange allein. Er sollte sich auf Luises Brief konzentrieren, den er am Sonntag beantworten musste. Die Platte war abgelaufen, er legte sie noch einmal auf.
     
    Fünf Minuten später, er war beim letzten Absatz von Luises Brief angekommen, klopfte die Engelmann an die Tür.
    »Sie haben Besuch, Axel. Damenbesuch. Sie wissen ja, dass ich das nicht mag, aber bei dem Fräulein Schauspielerin mache ich eine Ausnahme.«
     
    Carla war durchgefroren und setzte sich, ohne Mantel und Schal abzulegen.
    »Du brauchst dringend etwas, damit dir warm wird, Carla. Wie wäre es mit einem Schnaps? Oder warte, besser wäre ein Grog. Rum kann ich zwar nicht bieten, aber mit echtem westfälischen Korn wärmt er auch.«
    Daut griff unters Bett, holte seine Schatzkiste hervor und ging mit der noch zu zwei Dritteln gefüllten Schnapsflasche zur Tür.
    Im Flur ging Bertha Engelmann gerade von seinem Zimmer aus in Richtung Küche. Hatte sie etwa gelauscht? Daut herrschte sie an:
    »Wären Sie so gut und machen uns heißes Wasser? Das Fräulein ist schrecklich durchgefroren und braucht einen Grog. Und von dem Schmalz, das ich Ihnen gegeben habe, müsste doch auch noch etwas da sein.«
    »Ich bin zwar nicht Ihr Dienstmädchen, aber ich will mal nicht so sein.«
    Über diese patzige Antwort schmunzelnd, ging Daut in sein Zimmer zurück.
    Carla hielt die zusammengelegten Hände vor den Mund und pustete hinein.
    »Sie haben Kurt freigelassen.«
    Daut wunderte sich darüber, wie emotionslos sie darüber sprach. Seit Tagen kämpfte sie nur um die Freiheit ihres Mannes, und jetzt, wo sie ihr Ziel erreicht hatte, erzählte sie sie es ihm fast nebenbei.
    »Ist er wohlauf?«
    Carla berichtete von seinen Verletzung.
    »Dr. Anton meint, die Rippenbrüche würden ihm noch ein paar Wochen Schmerzen bereiten, aber er habe noch Glück gehabt.«
    Daut stutzte bei dem Namen des Arztes, der irgendeine verborgene Saite in seiner Erinnerung anschlug, ohne

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