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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Gottes zurückkehrt.
    Nicht dulden dürfen wir ein christlich gefärbtes Geistreich mit Christus als König, oder paßt sich
der Hindu dem redseligen Pfarrer absichtlich an? Erfreulicherweise bricht er mit dem Wahn eines Geisterlandes in weiter
Sonnenferne statt »überall« und erklärt bestimmt, der Mensch gehe genau so ins Jenseits über, wie
er im Leben war. Nur die Wenigen, die sich geistig vorbereiteten, seien drüben sofort glücklich, der einzige Gewinn
des »Zwischenstands« ist das Wegfallen der Materiesperre. Davon profitieren die mit »fleischlichem
Geist« Gestorbenen wenig, müssen sich mit peinvoller Mühe in entfleischlichte Verhältnisse einleben.
Hierzu werfen wir die Frage auf, wer denn die unzähligen Neugeborenen mit individuellem Spirit versorge, was sich im
bloßen Mutterleib so wenig vererben kann, wie die Astralaura. Nun, da ein Überfluß von Geistern besteht, d.
h. von Energien mit dem Zwang zur Verstofflichung, so muß jede Neugeburt eine Wiedergeburt sein. Dieser Schuß ins
Schwarze, dessen zwingende Logik noch niemandem einfiel, trifft jene Kindsköpfe, die aus jedem Embryo ein unsterbliches
Ich aufsteigen lassen. In der Weltökonomie entspricht die Menge der Gestorbenen ziemlich genau den Neugeborenen, deshalb
wird oft nach besonderem Massensterben besondere Fruchtbarkeit beobachtet. Eine nichtreinkarnierte Geisterwelt würde
ihren Beruf verfehlen. Naturgesetzlich verkörpern sich mehr Spirits höheren Grades bei Spannungsaufschwung
(Reformation, Renaissance, Revolution). Eine Welle steigt, die andere sinkt, das Wasser ist immer gleich. Symbolisch
betrachtet ist Menschheitsgeschichte nichts als Wiedergeburt, Symbol und Wirklichkeit sind nicht zu trennen: was symbolisch
richtig, muß auch verwirklicht sein. »Wir sind hier zu lernen, was Leben ist« (G. Moore), doch Leben ist
unendlich vielfältiger als Erdleben, Menschenleben nicht bloß das von Professor Altklug und Rentier Schulze.
    Bischof Trenchs »Study of words« beweist ethymologisch, die Sprache der Wilden Afrikas und Australiens bedeute
nicht Primitivstand, sondern Entartung, gewisse Wilde hätten das Wort Gott verloren, je vertierter sie wurden. Wenn aber
ein deutscher Priester zu drucken wagt: »Buddha war nur ein elender Sünder, Jesus Gottes Sohn«, also den
Genius der Menschheit auf eine Person beschränken will, so heißt dies die Allmacht lächerlich machen und zum
Fetischkult herabsinken. Nur der Karmagläubige demütigt die angeborene Unverschämtheit des Hiobmenschen und
verschont mit empirisch scheinbar berechtigtem Zweifel vor Gottes Gewitterantwort: »Wer verdunkelt meinen
Ratschluß durch Worte ohne Verstand?« Jesus gab zu wie Buddha, daß nur Erkenntnis seine Lehre beweisen
könne, »der wird bald inne werden, ob sie von Gott ist«. Sein Lieblingsjünger bewies tatsächlich,
daß die Psyche von Gott sei, er schlug die Bücher des Schicksals auf. Werden dessen Siegel gelöst und
unerhörtes Ferngesicht der Prophetie als wahr erkannt, dann ist dies wirklich Offenbarung. Die Apokalypse prophezeit,
daß »Berge, Hügel, Inseln« verschwinden, d. h. alles Überragende und vornehm Isolierte eingeebnet
werden, auf welche Gleichmacherei sofort die letzte Ausgießung des Unheils folgt, das Signal der siebenten Trompete. In
diese Katastrophe treten wir ein und ob dann wirklich die Geisthelden (Heiligen des Herrn) siegen? Nie fühlte das
Papsttum sich sicherer als im März 1517, wo ein lateranisches Konzil sich zur Ausrottung aller Ketzerei
beglückwünschte: im Oktober schlug Luther seine Thesen an und der Petersdom wankte. So schien die Allmacht der
Cäsaren fester begründet als je zur unbeachteten Stunde, wo von Golgatha das Erdbeben sich näherte. Niemand
zweifelte an Unerschütterlichkeit napoleonischer Tyrannis und endgültigem Untergang deutscher Nation, als Napoleon
nach Rußland zog. Sechs Monate später lag er am Boden und das verachtete Preußen stieg empor. Könnten
so die unerforschlichen Mächte nicht auch heute einen Sieg des Heils vorbereiten?
    »Materie ist kein Produkt des Geistes« (Engels), Denken »nicht Ursache, sondern Folge und
Eigenschaft« (Feuerbach), »ein Spezialfall« (Lange)? Vielmehr ist es kein Spezialprädikat, Wahrnehmung
selbst nur Gedachtes, wie Atmen nicht Folge der Atmungsorgane, sondern letztere nur Folge der Atmungsnötigung,
Eigenschaft hat nicht Ursache aus dem Ding, denn das Ding könnte ohne Eigenschaft gar nicht dasselbe sein. Feuerbachs

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