Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
den Kämpfen um @Löwen teil, wo an die tausend schwere Panzer sie überrollten. Viele meiner Freunde wurden von den Deutschen getötet oder gefangengenommen, während die dezimierten Einheiten sich, so gut sie konnten, nach Dünkirchen und zu den anderen Häfen an der Küste zurückzogen. Die schlimmen Nachrichten drangen nach Prestatyn. Schuld und Verrat schienen mein Los zu sein. Ich betrank mich, wenn ich es mir leisten konnte, und wurde ständig in Schlägereien verwickelt.
    Gleichzeitig machte der Tod meiner Freunde mich zu einer Art Held. Ich behauptete gewöhnlich – der schlimmste aller Witze –, daß Frankreich niemals gefallen wäre, wäre ich dort gewesen, um die Dinge in die Reihe zu bringen. Nur Bewegung linderte meine Verwirrung, und in jenen furchtbaren Frühsommertagen, als Frankreich zusammenbrach, war ganz England in Bewegung. Die Dampfzüge stampften von Bahnhof zu Bahnhof; Evakuierte fuhren an bisher unbekannte Orte; Hände winkten; Frauen zerknüllten feuchte Taschentücher und waren an unbekannten Zielorten augenblicklich vergessen.
    Nachdem ich meine Funkerausbildung abgeschlossen hatte, kehrte ich zu meiner Einheit zurück. Sie hatte nach Dünkirchen zu wenige ausgebildete Männer, und ich bekam meinen ersten Streifen verpaßt. Wir marschierten durch die wilde Landschaft von Yorkshire. Furchtbar knapp an geeigneter Ausrüstung, übten wir in Bergen und Tälern oder überstanden eine endlose Folge von Angriffskursen. Der Krieg schleppte sich dahin, und aus irgendeinem unerfindlichen Grund wechselten sich die Jahreszeiten genauso zuverlässig ab wie in Friedenszeiten, und die Invasion Großbritanniens fand niemals statt.
    Nach einem Jahr erhielt ich meinen zweiten Streifen – nur um einen Monat später wieder zum einfachen Funker degradiert zu werden, weil ich mich in Richmond mit einem Soldaten angelegt hatte. Weitere Marschbefehle, weitere Züge, die von dämmrigen Bahnsteigen abfuhren, weitere Khakiuniformen in ländlichen Gegenden. Ich wurde wieder zum Unteroffizier befördert, wurde erneut degradiert, und das aus dem gleichen Grund – ich war betrunken und brach einen lächerlichen Streit vom Zaun. Es schien mir nichts auszumachen. Und damals drehte auch einer meiner Kameraden meinen alten Witz um: »Du hast verdammt recht, Stubby – wenn du damals in Belgien gegen die Jerries gekämpft hättest, hätten die Franzosen niemals aufgegeben!«
    Schlimme Dinge geschahen überall auf dem Globus; die Finsternis in Europa breitete sich nach Osten aus und weiter bis zum Balkan. Menschen starben, und Städte brannten. In England gab es keine Gestapo, sondern nur unruhigen Schlaf und geflickte Unterwäsche und Lastwagen, die durch die verbarrikadierten Nächte rollten. Es war mir gleichgültig! Der Krieg ist seltsam: Er wirft die Menschen zusammen, und dennoch isoliert er sie voneinander. Hinter der Fassade einer Uniform kann man sehr unpersönlich sein. Selbst eine Stehgymnastik ist im allgemeinen eine verzweifelte Geste gegen die Einsamkeit.
    Nun war ich in Kanchapur wieder einmal krank vor Einsamkeit. Wie lange, o Gott, würde es bis zu meiner nächsten Stehnummer dauern?
    Nach dem Streit mit Wally Page wanderte ich zum fernen Ende der Stadt, vorbei an einer Reihe von Fahrern, die allesamt regungslos in ihren klapprigen Kutschen hinter ausgezehrten Pferden saßen. Jede Kutsche hatte eine trübe Laterne, jeder Fahrer rief mich an – träge, herausfordernd, lockend – und bot mir an, mich überallhin zu bringen, wohin ich wollte. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich wollte.
    Hinter dem letzten Baum, halbverborgen im Schatten, stand ein stiller junger Mann. Er trat schnell vor und ergriff meinen Arm mit seiner warmen braunen Hand. Sein Gesicht war von Pockennarben zerfressen, und er trug ein weißes Hemd, das ihm über blaue Shorts hing. Ein ernsthaft aussehender junger Mann. Mit einem Hauch spiritueller Weisheit erkundigte er sich: »Warum gehen Sie zu Fuß, Sir? Sie suchen eine hübsche junge Dame für Geschlechtsverkehr?«
    Ich sah mich um. »Wo ist die Dame?«
    »Nun, Sir, sie ist ganz in der Nähe! Nur zwei Straßen, sehr nahe, ein sehr hübscher Ort. Sie liegt dort für Sie, Sir, sie ist sehr hübsch. Sie können mitkommen, Sir, und sie ansehen!« Er spreizte seine Finger vor meinen Augen, als wollte er mir damit andeuten, wie offen und einladend alles war, ihre Beine eingeschlossen.
    »Wie ist sie?« Sprachen wir überhaupt über eine Frau aus Fleisch und Blut?
    »Sie ist ein sehr

Weitere Kostenlose Bücher