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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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hübsches Mädchen, Sir, ein schönes Gesicht, schöne Hände, der Körper von wundervoller Gestalt und heller Farbe, ein sehr schöner, verführerischer Anblick.«
    »Das will ich hoffen. Wie alt ist sie?«
    Er ergriff wieder mein Handgelenk. »Kommen Sie mit – ich bringe Sie hin, und wenn sie Ihnen nicht gefällt, ist das nicht schlimm. Ich denke, Sie werden sie mögen, Sir. Sie ist genauso alt wie Sie und überhaupt nicht alt in den wichtigen Körperteilen.«
    In dieser Werberede und im Duft des Abends lag etwas Unwiderstehliches. Moralisch sauber bleiben, leck mich doch! Mit hämmerndem Herzen sagte ich: »Okay, nur ein kurzer Blick.«
    Sicherlich war sie eine alte Schachtel …
    »Wenn Sie sie erst einmal gesehen haben, werden Sie sie mögen! Sie macht es Ihnen gut.«
    So überließ ich mich zum erstenmal der Obhut eines undurchsichtigen Reisfressers. Sobald er erkannte, daß ich mich in seiner Hand befand, vergeudete er keine Worte mehr, wich in den Schatten der Bäume zurück und bedeutete mir mit einer Geste, ich solle ihm folgen.
    Ich mußte ihm in eine Seitenstraße zwischen zwei Läden folgen, wo es noch dunkler war und noch durchdringender stank. So eng die Straße auch war, so hielten sich in der Dunkelheit trotzdem Menschen dort auf. Ein Mann rief leise meinen Führer an und erhielt Antwort. Eine Hand tastete verstohlen nach mir, während ich vorbeiging. Sogar in diesem Moment, während dieser zweifelhaften Unternehmung, regte sich in mir der Wunsch, noch tiefer in diesen Sumpf des Lebens einzudringen, ganz in den Hinterhöfen Indiens zu versinken und für immer aus dem Blickfeld derer zu verschwinden, die irgendwelche Forderungen an mich stellten.
    Die Seitenstraße beschrieb eine Kurve und führte in eine Straße, deren Atmosphäre sich von der der Hauptstraße deutlich unterschied. Auf der Hauptstraße herrschte eine Art künstliche Ordnung. Diese Straße war jedoch enger, belebter, stinkender, insgesamt schwieriger zu begreifen. Dies war das wahre, das lärmende Leben. Wir ließen uns vom Strom der Menschen mitziehen, der dahinschwebenden Frauen, der langsam vorwärtsstapfenden Lastträger, der Tiere, die ihr eigenes Tempo hatten. Niemand achtete bewußt auf mich, während ich meinem Mann wie im Traum folgte, genauso wie sie der heiligen Kuh, die zwischen den kleinen Verkaufsbuden und Männern einherspazierte, die Betelsaft in die Gosse spuckten. Der beißende Geruch, die jaulende Musik, all das verstärkte noch die lüsternen Bilder in meinem Kopf. Ganz gewiß trieben solche Leute es ohne Pause!
    Mein junger Führer sprach mit einem Jungen. Der Junge sagte schnell etwas und huschte davon, schlängelte sich zwischen den zahlreichen Menschen hindurch und rannte, als sei ihm ein Tiger auf den Fersen. Mein Abenteuersinn erwachte; ich stellte mir vor, wie Messer gewetzt wurden, die für mich bestimmt waren.
    »Wo ist dieser Ort, wo du mich hinbringst?«
    »Wir sind bald da, Sir, sehr bald.«
    An einer Ecke wuchs ein mächtiger Deodar. Er war in der Nacht und dem Durcheinander und dem Gewirr von Schatten nur sehr schwer zu erkennen. Wir bogen in eine weitere Seitenstraße ein und betraten von dort aus einen dunklen, süßlich riechenden Hof. Ich blieb im düsteren Durchgang stehen, bis schwache gelbe Lichter in den oberen Fenstern es mir gestatteten, meine Umgebung etwas besser zu sehen. Dort stand ein alter Baum. Stumme Männer saßen zusammengekauert unter ihm und rauchten – zuerst hielt ich sie für eine Herde Ziegen, bis ich die glimmenden Enden ihrer Zigaretten erkannte, die gelegentlich aufglühten.
    Mein junger Führer umfaßte sanft mein Handgelenk, vielleicht um meinen Puls zu messen und mich zu leiten.
    »Ein schönes Mädchen wartet dort auf Sie und heiße Umarmungen, Sir, in diesem Zimmer dort drüben.«
    Erneut einige geflüsterte Worte mit einem halb unsichtbaren Fremden, während wir zwischen Säulen traten, die einen Balkon oder ein Dach stützten. Wir schoben uns an einem Stall vorbei, der irgendein Tier beherbergte (ich konnte hören, wie es sich ruhelos bewegte), und gelangten zu einer Tür. In der Wand neben der Tür brannte eine winzige Kerze. Eine verwelkte Blüte lag neben der Kerze, während Insekten um die Flamme kreisten. Die Tür stand ein Stück offen.
    »Kommen Sie herein, Sir, kommen Sie nur!« Der junge Mann stieß die Tür weiter auf.
    Ich konnte vom Inneren so gut wie nichts erkennen, so unzureichend war der Raum erleuchtet. Er schien keinerlei Möbel zu enthalten.

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