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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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als zu denken.
    Am nächsten Morgen vor dem Appell heftete ich das zerknautschte Bild des Affengottes an die Wand neben dem Bett, in direkter Nachbarschaft der Pin-ups von Ida Lupino und Jinx Falkenberg.
     
    »Weißt du, Stubby, ich bin sicher, daß die alten Strategen, die Indien kennen, verdammt recht haben mit dem, was sie über Frauen sagen«, meinte Geordie nach dem Appell, fuchtelte mit den Händen und ließ seinen Adamsapfel vor Kummer darüber hüpfen, daß er mir etwas mitteilen mußte, das mir vielleicht nicht gefiel.
    »Was hast du gemeint, Geordie?«
    Er hatte mich auf die Seite gezogen, um sich mit mir zu unterhalten. Die Nachricht, daß die Militärpolizisten mich nach Hause gebracht hatten, war offensichtlich auch zu ihm gedrungen.
    »Nun, du weißt genauso wie ich, daß du ganz schönen Ärger bekommen kannst, wenn du mit einem Schlepper mitgehst wie …«
    »Nun komm schon, Geordie, du hast uns unten im Basar selbst gesagt, du hättest ein Stück Hintern gesehen, das dir gefallen hat.«
    »Ach ja, ich weiß, aber ich habe doch nicht das gemeint. Also wirklich, ich würde doch nicht … Nun, wir scheinen doch in der Kaserne alles zu haben, was wir uns vorstellen, oder etwa nicht? Ich meine natürlich abgesehen von den Appellen und unserer Ausbildung. Zwei Fußballspiele in der Woche – nun ja, zwei oder drei, so besagte die Notiz am schwarzen Brett, glaube ich. Wir könnten wunderbar aufspielen, den anderen einheizen, weißt du, ich halbrechts und du auf dem Flügel, wie damals in Aldershot …«
    »Und abends haben wir dann Wache. Oh, es ist wirklich ein erfülltes Leben, ein wundervolles Leben, wenn du nicht schlapp machst. Du versuchst mir doch wohl nicht mitzuteilen, daß ich moralisch sauber bleiben soll, oder?«
    »Nein, nein, es ist schwierig zu erklären. Du weißt, daß ich dir keine Vorwürfe machen will, aber du bist mein Kamerad, trotz allem, Stubby. Ich meine nur, daß es auch ohne Schlepper ein schönes Leben ist …«
    Vielleicht gingen ihm die Worte aus. Vielleicht sah er auch den Ausdruck in meinem Gesicht.
    »Du meinst, daß ich der letzte Arsch bin, Stubby, nicht wahr? Sei mal ehrlich!«
    »Natürlich nicht, du Heini …«
    Der arme alte Geordie! An dem, was er sagte, war einiges dran. Unser reglementiertes Leben sollte an sich in allen Bereichen zufriedenstellend sein. Und er hatte noch nicht einmal unsere zweitägigen Übungen erwähnt, wenn wir in den Zentralprovinzen umherrannten und -krochen, wie wir es vorher bereits rund um Arras und in Somerset getan hatten …
    Diese streng eingeteilte Existenz reichte nicht aus. Je de Situation schafft sich ihre Legenden, und unsere Legende war Burma. Wir waren scharf auf jedes Wort darüber, auf jedes Geflüster, das durchsickerte, genauso wie wir begierig waren auf jede Botschaft aus dem fernen Land der Sexualität.
    Burma war von Kanchapur Hunderte von Kilometern entfernt. Mandalay war von uns genauso weit entfernt wie Toronto von Miami oder London von Kiew, und der Weg dorthin führte über Gebirgsketten und riesige Flüsse; aber unsere Ohren lauschten in diese Richtung. Zu dieser Zeit, Ende 1943, besetzten die Japaner Burma fast vollständig und rückten auf Assam vor. Ihnen eilte noch immer die Legende von ihrer Unbesiegbarkeit voraus, die die Chindits soeben ankratzten. Sie waren die furchteinflößenden gelben Stämme, die in Dschungelgebieten überlebten, wo niemand sonst existieren konnte.
    Kanchapur hatte seinen Anteil an verbrauchten alten Männern (wie es damals schien – ich glaube, sie waren eher Mitte dreißig), die die Operationen mit Wingate oder die Angriffe der 6. Brigade gegen Akyab miterlebt hatten. Diese Männer lieferten Schilderungen des absoluten Schreckens.
    Miller, der der Spaßvogel des Zuges war, imitierte die herablassende Stimme eines Offiziers und meinte: »Sie haben verdammt recht, Corporal Cox. Wir haben diesen kleinen gelben Bademeistern gezeigt, wo es lang geht, nicht wahr?«
    »Es sind jetzt sehr viel mehr Leute hier, um gegen die Japaner zu kämpfen, wie ihr noch sehen werdet«, erklärte Charley.
    Die 14. Armee – zu der die Mendips gehörten – sammelte ihre Kräfte und traf Anstalten, die Japaner aus Burma zu verscheuchen. Aber es herrschten trotzdem böse Vorahnungen. Die Russen schlugen die Deutschen an der Ostfront zurück, die Amerikaner schlugen die Japaner im Pazifik, unsere eigene Armee marschierte durch Italien – Nelson gehörte dazu –, und die Italiener hatten die Brocken

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