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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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deine Portion. Nachschläge gibt es nicht – das ist hier schließlich nicht das ›Ritz‹!«
    »Gebt ihm doch verdammt nochmal was dazu!« sagten Dusty und ich. »Ihr Geizhälse habt doch die Kübel voll mit dem Scheiß.«
    »Es gibt außer euch noch andere! Ihr seid nicht die einzigen Ärsche in diesem Regiment, falls ihr das glauben solltet. Und jetzt verduftet, klar?«
    Ich sah mich suchend um. »Wo ist der Corporal vom Dienst? Warum ist er nicht da? Komm schon, Geordie, holen wir den Corporal! Der wird es diesen Scheißern schon zeigen. Die werden ihre verdammten Füße nie mehr zusammenkriegen.«
    Geordie zögerte. Er war nicht der aufsässige Typ.
    Doch Rusk überdachte die ganze Sache noch einmal.
    »Dann rennt doch los und holt den Diensthabenden – der wird euch das Gleiche sagen wie ich. Je Mann nur eine Ration, so lautet die Vorschrift, und wenn du dämlich genug bist, deine Mahlzeit mit irgendwelchen Vögeln zu teilen, dann liegt das allein an dir.«
    »Was hast du denn mit ihm versucht? Wolltest du den Vogel zähmen?« fragte einer der Kerle, und alle lachten, wobei ihre Wänste wackelten. Mittlerweile hatten sich weitere Kameraden angestellt, um sich Essen zu holen, und wir entfernten uns. Es war sinnlos, sich mit dem diensthabenden Corporal anzulegen, der zur C-Kompanie gehörte.
    »Ich werde es diesen Bastarden besorgen«, schimpfte Geordie, als wir uns an einen der Tische setzten.
    »Möchtest du etwas von meinem Geiereintopf, Geordie?« erkundigte sich Dusty.
    Wir brachen in schallendes Gelächter aus.
     
    Es war wundervoll, zu den unteren Klassen zu gehören inmitten des allgemeinen Klassensystems der Armee. Man hatte seine Ruhe vor allem und konnte sich eine ge wisse Privatsphäre schaffen, vorausgesetzt, man beachte te die ungeschriebenen Gesetze. Aller Standesdünkel von zu Hause verflog. Überdies brauchte man gar nicht so zu tun, als wäre man zufrieden. Genau das Gegenteil war der Fall – der Idealzustand war erreicht, wenn man sich ständig beschwerte.
    Gewiß gab es immer etwas, worüber man sich aufregen konnte. Unsere Manöver waren die reinste Hölle – »totale Horrortouren«, wie es allgemein hieß. Auf einem halb zugewachsenen See sprangen wir von Landebooten in metertiefes, schlammiges Wasser und stürmten an Land. Wir rannten kilometerweit, um imaginäre Maschinengewehrstellungen anzugreifen. Im dichten Dschungel schlichen wir hinter anderen Soldaten her, die die Rolle der Japaner spielten. Wir schwangen uns über Kabel hinweg und krochen auf unseren Bäuchen herum. Wir machten nachts lange Gewaltmärsche. Wir wateten durch tiefes Wasser und Mangrovensümpfe. Wir schliefen unter freiem Himmel und übten den Straßenkampf in einer Dorfkulisse. Wir gaben unser Letztes. Und die ganze Zeit über stöhnten wir.
    Wir schimpften, weil dies gar nicht die wahre Action war, sondern nur eine Schikane vom Generalstab in Del hi; denn der ganz große Einsatz stand uns noch bevor. Wir schimpften über die Japse, den Krieg, die Armee, die Sergeants, die Offiziere, das Essen, die Getränke, das Klima, den Mangel an Schlaf, unsere Füße, einfach über alles. In der Rückschau muß ich feststellen, daß ich jede Minute genoß.
    Sogar das Scheißen machte Spaß. Die Latrinen standen nicht weit entfernt vom Küchenzelt. Wally Page und ich waren eines Nachmittags in der Latrine, balancierten mit dem Hintern auf dem Balken und schissen in die Grube.
    »Heute nacht gibt es wieder so einen verdammten Orientierungsmarsch«, sagte ich.
    »Ich bin übersät mit Dschungelbeulen. Nach diesem beschissenen Rummel wird Burma das reinste Paradies!«
    »Die Tragegurte des Funkgeräts sind sicherlich die richtige Medizin für deine Hitzepickel, nicht wahr?«
    Ganz Indien breitete sich jenseits der niedrigen Büsche vor uns aus. Meine Hose hing um meine Fußknöchel. Schweiß rann an meiner Brust hinab. Man konnte zwischen den armseligen Bäumen ein Stück des Sees erkennen. Dahinter erhoben sich die Berge. Unsere Haufen fielen klatschend in die mit ungelöschtem Kalk bedeckte Schweinerei in der Grube. Fette Fliegen schwirrten umher. Die Sonne ging unter, aber sogar die Nächte waren hier brütendheiß.
    Wally griff nach einem Stück Zeitungspapier. »Wenigstens können wie hier etwas Geld sparen. Mein alter Herr und ich werden in der Fabrik kündigen und einen Imbißstand aufmachen, wenn ich wieder zu Hause bin.«
    » Wenn du jemals wieder nach Hause kommst.«
    »Ja, richtig, wenn ich nach Hause komme.«
    Wir

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