Der aufrechte Soldat
Eingeborenen bis auf den letzten Mann ein schlaffer Haufen waren und keinen anderen Sport betrieben als die Wildschweinjagd. Sie entwickelten daher ein Sportprogramm, das sogar während des Krieges aufrechterhalten wurde, auch wenn die Japaner fast schon vor den Toren Indiens standen.
Zweifellos lag dem auch der Gedanke zugrunde, man könne auf diese Weise den Geschlechtstrieb etwas dämpfen; wenn das tatsächlich die Absicht war, dann erwies dieses Rezept sich als erfolglos.
Ich duschte nach einem Spiel. Das übliche Herumgebalge war im Gange, das zu wilden Handtuchschlachten ausartete. Ich haßte diese bulligen Körper und hatte mir die Dusche am Ende der Reihe gesichert, gleich neben Di Jones, der Linksaußen spielte. Di war wie gewöhnlich sehr still, sogar nach einem Fußballspiel; er seifte sich die Achselhöhlen mit geradezu bischöflicher Würde ein.
Indem er seinen Kopf aus einem Miniwasserfall herausstreckte, fragte Di: »Du hast heute nicht zufällig Lust auf ein bißchen Matratzentraining, Stubby?«
Das paßte doch gar nicht zu dem zurückhaltenden, regelmäßig die Kirche besuchenden Di, den ich so gut zu kennen glaubte. »Ich bin da sehr wählerisch, wo ich mein Ding hineinstecke, Kumpel. Ich hab’ eine Menge Respekt vor meinen Kameraden.«
»Hab’ ich auch.« Um ganz ehrlich zu sein, Di hatte nur einen winzigen Stummel von Schwanz, sehr blaß und spitz dazu, der wie ein nicht angezündetes Kerzenende aus seiner Haarmatte herausragte. »Wie dem auch sei, ich dachte mir, ich lüfte ihn heute abend mal richtig durch, zusammen mit einem anderen Kumpel von mir. Ich dach te, du hättest vielleicht Lust mitzukommen.«
Während ich mich abtrocknete, kam Di noch einmal zu mir. Es hatte keinen Sinn zu versuchen, trocken zu werden; allein das Abtrocknen reichte schon aus, um einem den Schweiß auf die Stirn zu treiben.
»Was ist denn nun, Horry, alter Junge? Du mußt doch ab und zu mal aus dieser Tretmühle raus.«
»Wie verträgt sich das denn mit deiner Warnung, ich solle mich von indischen Frauen fernhalten?«
»Von Zeit zu Zeit muß man mal ausbrechen aus dem Alltag, stimmt’s nicht? Mein Kumpel und ich, wir nehmen dich mit und zeigen dir, wie es läuft.«
»Ach, geh mal ruhig allein mit Taff. Ich bringe meine Uniform in Ordnung.«
»Ich gehe nicht mit Taff, sondern mit Jock McGuffie. Ein ganz seltsamer Kerl.«
Während ich meine Hosen anzog, sagte ich: »Auf dem Basar wimmelt es von Rotmützen, Di. Ich kann dich nur warnen.«
»Ach, wir sind ja nicht so blöde und gehen dorthin. Mein Kumpel hatte da eine andere Idee. Wir nehmen seinen Lastwagen.«
Das ließ das Unternehmen noch aufregender erscheinen. Außerdem, wer wußte schon, ob sich eine solche Gelegenheit ein zweites Mal bot?
»Du kennst mich, Freund – wenn ich mitmache, dann bis zum bitteren Ende! Was ist mit Taffy?«
»Er kommt nicht mit. Er hat Angst, seine Frau bekommt Wind davon.«
»Was ist denn mit deiner, Di?«
»Die wird es niemals erfahren!« Er zwinkerte mir zu. »Sie ist viel zu weit vom Schuß.«
Als ich mich angezogen hatte, marschierte ich in mein Zimmer zurück und brachte meine Sachen auf den Hof hinunter, um mit den Polierarbeiten anzufangen. Di und ich hatten uns für halb acht verabredet.
Während ich meine Sachen nach unten schaffte, kam mir Bamber entgegen. Er hielt einen Stapel Post in der Hand. »Für dich sind auch zwei Briefe dabei, Horry – etwas zum Lesen, während du da unten deinen Blödsinn treibst. Ich nehme nicht an, daß du viel Lust hast, dir auch einmal meine Sachen vorzunehmen, solange du noch in der Stimmung dazu bist?«
»Verpiß dich!«
Ich öffnete meine Post unten, nachdem ich meine Sachen auf einen Tisch gelegt hatte.
Mutter schrieb amüsante Briefe. Sie konnte sehr gut Dinge wiedergeben, die andere Leute gesagt hatten, oder Geschichten von Nachbarn erzählen, an die ich mich kaum erinnern konnte. Nach meinem Weggang von zu Hause war sie wie Ann dem Frauenhilfsdienst beigetreten und hatte mir im allgemeinen immer etwas Lustiges zu berichten, das sie in ihrer Kantine erlebt hatte. Wenn alles andere keinen Erfolg versprach, dann fiel ihr irgendein Witz ein, den sie in irgendeiner Radioserie gehört hatte. Sie erzählte mir, daß Ann zu einer Party bei den Cleavers gegangen sei (wer immer die Leute sein mochten). Sie hatte von Nelson aus Italien gehört. Er habe eine schwere Erkältung. Von sich selbst berichtete sie nur, daß sie regelmäßige Nachmittagsspaziergänge unternehme;
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