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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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wütend die Scheinwerfer mit einem Tuch und hielt dazu einen Monolog, den mein Erscheinen nicht im mindesten störte.
    »Nun, ich sehe, du bist doch gekommen, Stubby!« rief Di und klopfte mir freundlich auf die Schulter. »Du siehst richtig scharf aus!«
    »›– nun hör mal zu‹, sagte ich zu ihm. ›Paß mal auf, Corporal Warren‹, sagte ich, ›wenn ich außer Dienst bin, dann bin ich außer Dienst, ob dir das nun gefällt oder nicht, und was ich tue, wenn ich dienstfrei habe, das ist doch wohl meine verdammte eigene Angelegenheit‹, sag te ich zu ihm. Er sah mich an, als wolle er jeden Moment explodieren! ›Siehst du diese Scheißstreifen?‹ sagte er und wies auf seinen Ärmel. ›Was meinst du, was das ist, Vogelscheiße?‹ sagte er. ›Noch eine freche Bemerkung von dir, und ich schleife dich so schnell zum Kompanie chef, daß deine Füße nicht mehr auf den Boden kommen‹, sagt er. Ja, er rast vor Wut! Also sage ich zu ihm: ›Ach, das werden wir noch sehen. Es ist niemals gut, wenn man mir mit einem höheren Rang kommt‹, sage ich. ›Ich war schon öfter auf der Matte, als du Konservenmahlzeiten gefressen hast, und wenn du glaubst, ich kalke Scheißsteine um halb fünf nachmittags für dich, sage ich, dann bist du schief gewickelt!‹ Das erklärte ich ihm.«
    Während der Monolog andauerte und die Scheinwerfer des Fahrzeugs noch heller glänzten, stand ich einigermaßen verlegen herum. Di hörte sich das Ganze in ziemlich entspannter Haltung an. Ich wurde allmählich ungeduldig, wünschte, er würde mich endlich mit McGuffie bekannt machen, mit dem ich noch nie geredet hatte; aber in den Mannschaften werden alle als Kameraden betrachtet, und es gibt keine Vorstellungsriten. Was etwas störte, war die Tatsache, daß dieser Kamerad mich überhaupt nicht bemerkt zu haben schien.
    Schließlich unterbrach Jock seinen Monolog mit einem knurrenden: »Och, wir sollten uns lieber auf den Weg machen, wenn wir wirklich los wollen!«, und wir stiegen mit ihm ins Führerhaus.
    Es kam heraus, daß er einen ausgedehnten Streit mit Corporal Warren gehabt hatte, in dessen Verlauf er einen argumentativen Punkt nach dem anderen gemacht hatte. Eingestreut in eine wortwörtliche Wiedergabe des Disputs informierte er uns, daß wir nach Indore fuhren, und zwar in offizieller Mission, um einen Schreibtisch abzuliefern.
    »Wir trinken erst eine Kleinigkeit, Di, und dann nichts wie hin zu dem Bumsschuppen, okay? Da kommt dann dieser andere Kerl und stellt sich hin und schaut zu mir herüber, und ich lege den Pinsel hin und sage zu ihm: ›Warum, verdammt nochmal, starrst du mich so dämlich an, Kumpel?‹ frage ich. ›Hast du noch nie einen Mann bei einem Scheißstrafdienst gesehen?‹ Und da wird er richtig gemein. ›Ich hab’ schon mehr Strafdienst geschoben als du Zahltage‹, meint er. ›Na prima, dann kannst du den Strafdienst für mich übernehmen‹ sage ich zu ihm, ›wenn du so verdammt scharf darauf bist!‹«
    Ich drehte das Fenster herunter, und wir fuhren durch die Sperre am Tor, wo McGuffie seinen Passierschein vorzeigte, ohne seinen Erzählfluß zu unterbrechen. Um uns herum war Indien, so greifbar wie ein warmer Hauch auf der Wange, mit elektrischen Kräften von derartiger Intensität, daß es ständig am Himmel aufblitzte. Was für ein Mysterium! Und irgendwo vor uns, in irgendeinem schmuddeligen, stinkenden kleinen Bau befand sich ein junges Mädchen – von seinen verarmten Eltern zur Prostitution gezwungen –, das mich erkennen und sich verliebt in meine Arme werfen würde. Wenn der geschwätzige McGuffie diesen Ausflug regelmäßig unternahm, konnte ich sie regelmäßig besuchen. Wieviel von meinem mageren Sold konnte ich in der Woche wohl abzweigen?
    Di stieß mich an. »Wach auf, Stubby! Jock fragt dich, ob du viel trinkst.«
    »Ich denke nur daran, endlich ein paar Bibis zu se hen«, erwiderte ich.
    »Tatsächlich? Jetzt schon? Nun, erst mal werden wir einen kleinen Drink nehmen, wenn es dir nichts ausmacht, denn schließlich ist das ja mein Ausflug!«
    »Gut, gut.« Ich mußte mich zwingen zuzustimmen. »Ein Bier reicht mir.«
    »Du hast doch wohl nicht vor, die erste Runde zu spendieren, vermute ich?«
    »Ich habe nichts dagegen, die erste Runde zu schmeißen.«
    »Och, vielleicht mußt du auch alle anderen Runden schmeißen, Freundchen, denn bis zum Zahltag habe ich keinen einzigen Anna mehr!« McGuffie fand das besonders lustig und schlug sich unter brüllendem Gelächter auf die Schenkel,

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