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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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an. »He, Stubby, du kriegst es auf dieser verdammten Holzbank noch im Kreuz! Was hältst du davon, dich jetzt wieder mal hinzusetzen, damit deine Kameraden auch mal ihre müden Hintern ausruhen können?«
    Worüber hatte ich nachgedacht? Der Tagtraum war verflogen. Ich rutschte ein Stück beiseite, während die anderen sich zusammenhockten und ein paar Runden Pontoon spielten.
     
    Es übersteigt meine Fähigkeiten zu beschreiben, wie Kalkutta war. Ich hatte damals keinen Begriff, der gepaßt hätte, und ich bin mir gar nicht sicher, ob ich jetzt, über ein Vierteljahrhundert später, einen kenne. Zeitspannen, die verstreichen, sind nicht immer hilfreich. Alles, was ich sehe, wenn ich nicht nur auf Kalkutta, sondern auch auf die Kriegszeiten der vierziger Jahre zurückblicke, sind Szenen, die verkleinert erscheinen – immer noch deutlich erkennbar, aber auf Grund der zahlreichen Ver änderungen seit damals irgendwie eingeschrumpft. Trotzdem schreibe ich diese Geschichte nieder. Die simple Wahrheit ist, daß ich mich nicht daran erinnern kann, wie es war, Soldat Stubbs zu sein, obwohl ich mich an Dinge entsinne, die er getan hat. Es sind nicht nur die Zeiten, die sich ändern; der menschliche Charakter ist noch weniger stabil, als wir annehmen, und kann sich bis zur Unkenntlichkeit verändern unter dem Einfluß der Jahre.
    Daher ist alles, was man über Kalkutta sagen kann, daß es die Hauptstadt der verarmten Welt war. Innerhalb ihrer vagen Grenzen waren die Armut, das Leid und die Erniedrigung so weit verbreitet und lebhaft am Werk, daß das viktorianische London einem wie das Paradies vorkommen mochte. Die Flüchtlinge aus den umliegenden Landstrichen, die damals von einer Hungersnot heimgesucht wurden, breiteten ihre Armut auf den heruntergekommenen Straßen aus. Ich hatte voller Stolz in mein Soldbuch eine Zeile von Cicero geschrieben, an die ich mich aus meiner Schulzeit erinnerte: »Omnia mea porto mecum – Alles, was ich habe, trage ich bei mir«, aber diese Prahlerei verblaßte zu nichts vor der indischen Armut, der Unterernährung und allen damit einhergehenden Krankheiten. Die Cholera wurde in dieser Stadt niemals ausgerottet, ja, Kalkutta war ihre Hauptstadt.
    Ehe unser Zug durch die traurigen Außenbezirke rollte und in den Howrah-Bahnhof einfuhr, befand ich mich in einem Zustand totaler Faszination. Nirgendwo konnte es so viele Möglichkeiten geben, war man freier von aller Unterdrückung! Dieses aufregende Gefühl verließ mich niemals in der ganzen Zeit, die ich in Kalkutta zubrachte. Es war phantastisch. Obwohl ich die Stadt als eine Festung des Leids betrachtete, war ihre, Wirkung erregend. Die tapferen Inder überlebten und blühten in Situationen geradezu auf, die einen Europäer umgebracht hätten.
    Sie lächeln, während sie vor einer Mauer stehen, von der die Farbe abblättert, und versuchen, armselige militärische Abzeichen und Orden an den Mann zu bringen. Sie erwachen mit fröhlichem Herzen, nachdem sie die Nacht zusammengerollt in der Rikscha verbracht haben, die sie den ganzen vorhergehenden Tag durch die Straßen gezogen haben. Dies ist auch die Hauptstadt des Menschen als Lasttier – man braucht eine Lizenz, um eine Rikscha zu ziehen, und der Kampf um eine solche ist phantastisch.
    Wie kann eine so große Maschine nur funktionieren? Die Menschenkraft reicht als Antwort nicht aus. Wo der Mann leidet, dort sieht er zu, daß seine Frau mindestens genauso sehr leidet. Im Westen haben wir vergessen, daß viele Frauen der Welt immer noch in einem Zustand der Sklaverei leben, in dem ihre Körper ausgebeutet werden. Kalkutta ist außerdem die Hauptstadt der Prostitution.
    In den vierziger Jahren war die Stadt gezwungen, Soldaten aller Farben, vor allem Briten und Amerikaner, zu beherbergen. Viele dieser Soldaten mochten nach den Maßstäben ihrer Heimatländer pleite sein, nach den Maßstäben von Kalkutta besaßen sie eine ungeheure Kaufkraft. Ich verdiente den Gegenwert von fünfundzwanzig Shilling in der Woche; das machte mich zu einem Radschah in dieser riesigen, verkommenen Metropole.
    Ich wußte, was ich kaufen wollte.
    Unser Nachhutkommando bezog ein Transitlager in Howrah, und jeder von uns bereitete sich auf seine Art darauf vor, aus diesem Abend das Beste zu machen. McGuffie dachte daran, den ganzen Abend trinkend und Pontoon spielend zu verbringen, desgleichen eine ganze Reihe der anderen. Er stellte eine richtige Tischbesatzung auf die Beine, zusammen mit einem Schotten aus einer

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