Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
jämmerlichen Anblick.
Sein bester Ärmelkittel war zerrissen und schmutzig, und schlimmer noch, unter dem linken Ohr mit Blutstropfen und auf der Brust mit Erbrochenem besudelt. Die Bewegungen seiner schlaksigen Gliedmaßen waren einigermaßen unsicher. Sein harmloses, sonnenverbranntes Gesicht, unrasiert jetzt und aschfahl unter der Bräune, lief zu einem unschicklichen und unerwarteten Dunkelrot an, als er seinen Vater gewahrte, der mit gezwungener Geduld unter den Zuschauern wartete. Er schaute nicht wieder in diese Richtung, sondern richtete den etwas stieren Blick seiner blutunterlaufenen braunen Augen auf den Grafschaftsbeamten.
Den Aufruf seines Namens beantwortete er aus nervösem Trotz mit viel zu lauter Stimme und gab Zeit und Ort seiner Festnahme an. Ja, er wäre ziemlich betrunken gewesen und könnte sich nur unklar erinnern, selbst die Umstände seiner Festnahme wären ihm nur undeutlich bewußt, aber er würde versuchen, wahrheitsgemäß auszusagen.
Mehrere Zeugen traten auf und erklärten, Philip Corviser wäre der Urheber und Anführer des ganzen Unternehmens gewesen, das so unrühmlich geendet hatte. Er wäre vorneweg marschiert, als die zornigen jungen Männer die Brücke überquert hätten. Und er hätte das Zeichen gegeben, das einen Teil des Trupps geradeaus zum Jahrmarkt gesandt hatte, während er einen zweiten Trupp zur Landungsstelle am Ufer hinabgeführt und ein lautes Streitgespräch mit den Kaufleuten angefangen hätte, die dort Waren ausluden.
Soweit stimmten alle Aussagen überein, aber von da an wichen sie weit voneinander ab. Einige Zeugen behaupteten, die jungen Leute hätten sogleich begonnen, Waren in den Fluß zu werfen, und Philip wäre am Handgemenge beteiligt gewesen. Einer oder zwei der gekränkten Händler erklärten mit rechtschaffener Empörung, Philip hätte Meister Thomas angegriffen und so das Zeichen zum allgemeinen Aufruhr gegeben.
Als alle betroffenen Kaufleute ausgesagt, hatten, meldete sich Hugh Beringar zu Wort, um seine bevorzugten Zeugen vorzustellen.
»Edler Herr, was die Szene am Fluß betrifft, so haben wir hier die Nichte von Meister Thomas und zwei Männer, die sich um die Trennung der Streitenden bemühten und hinterher vieles von dem zu retten halfen, was in den Fluß geworfen worden war - Ritter Ivo Corbiere von Stanton Cobbold und Bruder Cadfael vom hiesigen Kloster, der einem walisischen Händler beistand. Keine anderen waren dem Schauplatz so nahe wie sie, als es zu der Auseinandersetzung kam. Wollt Ihr zuerst Fräulein Vernold verhören?«
Philip hatte bis zu diesem Augenblick nicht bemerkt, daß sie anwesend war. Die Erwähnung ihres Namens veranlaßte ihn, wild umherzublicken. Als er sie schüchtern vor den Tisch des ersten Grafschaftsbeamten treten sah, schoß dem jungen Mann eine neuerliche tiefe Röte aus dem zerrissenen Kragen in die Wangen und bis zu den Haarwurzeln. Er wandte den Blick von ihr und wünschte - diesen Eindruck gewann jedenfalls Cadfael - , daß der Boden sich auftue und ihn verschlingen möge. Vor anderen in dieser jämmerlichen Verfassung zu stehen, hätte ihm nicht so viel ausgemacht, aber vor ihr war er wütend und beschämt. Nicht einmal der Gedanke an seines Vaters Zorn und Verdruß hätte ihn so niederschmettern können. Auch Emma hatte nach einem schnellen Blick die Augen abgewandt und sah nur noch den Grafschaftsbeamten an, der sie voller Anteilnahme und Bedenken musterte.
»War es notwendig, Fräulein Vernold zu solch einer Zeit dieser Qual auszusetzen? Liebes Fräulein, ich hätte Euch das Erscheinen hier sehr gern erspart, zumal der edle Herr Corbiere und der Klosterbruder als Zeugen ausgereicht hätten.«
»Ich wollte kommen«, sagte Emma mit leiser, aber fester Stimme.
»Ich bin nicht gedrängt worden, sondern es war mein eigener Entschluß.«
»Sehr gut, wenn Ihr es so wollt. Ihr habt diese unterschiedlichen Darstellungen des Geschehens gehört. Bis zu dem Punkt, als diese Friedensstörer zur Anlegestelle kamen, scheint Übereinstimmung zu bestehen. Laßt mich hören, was sich nach Euren Beobachtungen darauf ereignete.«
»Es ist wahr, daß dieser junge Mann der Anführer war. Ich glaube, er wandte sich an meinem Onkel, weil dieser der wichtigste der anwesenden Kaufmänner zu sein schien, aber er sprach laut, um von allen gehört zu werden. Ich kann nicht sagen, daß er Drohungen ausstieß, er stellte nur fest, daß die Stadt Grund zur Klage habe und daß die Abtei für das Vorrecht, Jahrmarkt
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