Der Aufstand Der Ungenießbaren
»PRÄDATORENKAPITALISMUS FÜR AUSSERIRDISCHE«, HERAUSGEGEBEN VON DER GRUPPE FÜR DIREKTE AKTION »DIE UNGENIESSBAREN«:
»Da jeder Mensch einzigartig und einmalig ist,
da jeder sein Leben lebt, das niemandem und nichts ähnelt,
da ein Wettbewerb nur dann Sinn hat, wenn identische Einzelne gegeneinander antreten,
da solche Einzelnen in der Natur nicht existieren,
da Sieg – Niederlage, besser – schlechter, langsamer – schneller, schwächer – stärker, Verlust – Gewinn und dergleichen ebenfalls in der Natur nicht existent sind,
da all das Kategorien sind, die der Mensch erfunden hat und die nur im menschlichen Hirn existieren,
IST JEDER WETTBEWERB SINNLOS
Das Spiel ›Binde die Wolke‹ ist kein Wettbewerbsspiel.
Das Ziel des Spieles ist es zu spielen.
Mit diesem Spiel kann man keinen materiellen Gewinn erzielen, keinen Ruhm, keinen Vorteil oder irgendeinen anderen Nutzen.
An diesem Spiel können sich alle Wesen beteiligen, ungeachtet ihrer Spezies, ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Nationalität, ihrer Rasse, ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer Herkunft, ihres Ordens, ihrer Klasse und Ähnlichem.
Das Spiel ist weder bezüglich der Teilnehmerzahl noch der Zeit, noch des Raumes begrenzt.
Für den Spieler beginnt das Spiel in dem Moment, in dem er sich dem Spiel anschließt, und es endet, wenn er aus dem Spiel aussteigt.
Jeder kann sich dem Spiel anschließen und wieder aussteigen, wann er möchte.«
Die Anfänge des Spieles reichen in die neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts zurück, und seine Ursprünge werden den Dunklen Kapuzen zugeschrieben, einer bunten Gesellschaft aus entlassenen Arbeitern, Rentnern und jungen, verzweifelten Arbeitslosen. Sie ernährten sich vorwiegend, indem sie in Abfällen herumwühlten, wobei sie aus Scham Kapuzen überzogen, da sie vermeiden wollten, dass jemand ihr Gesicht sieht. Im Unterschied zu den freegans , ihren internationalen Halbbrüdern, angelten die Dunklen Kapuzen nicht wegen einer Anti-Konsumhaltung in den Müllcontainern herum, sondern aus nackter Not.
In Zagreb zogen viele Menschen Kapuzen über, um nicht vor Hunger und Scham umzukommen. Jeder hatte sein eigenes Territorium, die Stadt war durch ungeschriebene Gesetze in zahlreiche Zonen aufgeteilt, und es konnte zu heftigen Auseinandersetzungen kommen, wenn jemand seine Hände in fremde Mülltonnen oder Container steckte. Das dauerte Jahre an, und es sah nicht so aus, als ob sich die Dinge für die Dunklen Kapuzen zum Besseren wenden würden. Sie waren mehr oder weniger ausgehungert, sie waren schmutzig, durchgefroren, sie liefen in Lumpen herum und schliefen irgendwo.
Der eine in einem Lift, der zwischen zwei Etagen steckengeblieben ist, der andere in einer Straßenbahn, deren Stromversorgung ausgefallen ist. Wer ist besser dran?
Und dann trafen sich angeblich einmal zwei Dunkle Kapuzen in einem Park. Sie setzten sich auf den Rasen, jeder stellte ein Tütchen mit seiner Beute vor sich hin und begann schweigend zu essen. Der eine hatte eine abgelaufene Dose mit Schinken und drei verschrumpelte grüne Paprika aus einem Container gefischt. Der andere hatte ein halbes Glas schwarzer Oliven und eine angebrochene Packung Löffelbiskuits gefunden.
Nach einigen Bissen blickte der erste seinen Kollegen an und schlug ihm vor, die Beute zu teilen, das heißt, gemeinsam zu Mittag zu essen. Dieser dachte kurz nach und willigte dann ein. Anstatt dass der eine den Schinken und die verschrumpelte Paprika und der andere die Oliven und die Löffelbiskuits aß, hatten beide Schinken mit schwarzen Oliven und Paprika zum Mittagessen und als Dessert Löffelbiskuits.
An diesem Tag vereinigten sie sich.
Morgens vereinbarten sie beim Frühstück und beim Kaffee, nach welchem System sie das Terrain absuchen sollten, dann arbeiteten sie zwei, drei Stunden, und den Rest des Tages hatten sie für sich. Sie faulenzten im Park. Sie lasen Bücher und Zeitschriften, die sie in Papiercontainern gefunden hatten. Sie ließen es sich gutgehen.
Bald schlossen sich ihnen auch andere an. Einige Monate später veranstalteten die vereinigten Dunklen Kapuzen wahre Festgelage in der Stadt. Sie hatten sich die Arbeit aufgeteilt: Die einen gingen auf die Jagd, die anderen hüteten die Kinder, wieder andere sortierten die Beute und die letzte Gruppe bereitete die Mahlzeiten zu.
Gemeinsam genossen sie das Leben.
Die Zusammenarbeit und die Aufteilung der Waren gefielen ihnen so gut, sie erfüllten sie so sehr, dass sie beim
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