Der Aufstand Der Ungenießbaren

Titel: Der Aufstand Der Ungenießbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edo Popovic

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Schwachsinniger im 17. Jahrhundert. Mein Gedanke vergleicht einen kranken Menschen mit einer schlecht konstruierten Uhr.
    Wir glauben, dass die Verbrauchergesellschaft ein Blutkreislauf ist, räsonierte die kroatische Regierung Anfang des 21. Jahrhunderts. Alles, was Teil dieses Blutkreislaufes ist, ist gut und gesund. Das, was nicht an den Blutkreislauf angeschlossen ist, ist krank und muss entfernt werden.
    Nach diesem Maßstab konnte man die Dunklen Kapuzen keineswegs als Teil des Blutkreislaufes betrachten. Sie verdienten nichts, sie bezahlten keine Steuern, sie verbrauchten nichts, sie waren völlig ungenießbar – vom Standpunkt der Regierung aus betrachtet. Schlecht konstruierte Uhren.
    Es war nur eine Frage der Zeit, wann die Regierung einen Weg finden würde, sie zu beseitigen.
    Ivan Vida, der Kriegsveteran, schloss sich den Dunklen Kapuzen einige Wochen nach seiner Wanderung durch das Velebit-Gebirge an, auf der er von einer Schlange gebissen wurde und auf der er fast dem Mann die Fresse poliert hätte, der ihm wahrscheinlich das Leben gerettet hatte. Er war ins Velebit-Gebirge gegangen, nachdem ihm in kaum zwei Monaten dreimal gekündigt worden war.
    In der gleichen Sprache, in der Artikel 55 der Verfassung geschrieben ist, in dem festgelegt wird, dass jeder ein Recht auf Arbeit und Freiheit der Arbeit hat, sowie dass
    jeder frei seinen Beruf und seinen Arbeitsplatz wählen kann und dass jedem unter den gleichen Bedingungen jede Arbeitsstelle und jede Arbeitsposition zugänglich sein muss;
    in der gleichen Sprache, in der Artikel 56 der Verfassung geschrieben ist, in dem Folgendes steht:
    Jeder Beschäftigte hat das Recht auf eine Entlohnung, mit der er sich selbst und seiner Familie ein freies und würdiges Leben ermöglichen kann.
    Die Höchstarbeitszeit ist gesetzlich geregelt.
    Jeder Beschäftigte hat das Recht auf eine Ruhepause am Wochenende und einen bezahlten Jahresurlaub, und er darf auf diese Rechte nicht verzichten.
    Die Beschäftigten können sich im Einklang mit den Gesetzen an den Entscheidungen ihrer Firma beteiligen.
    In der gleichen Sprache, in der Artikel 58 der Verfassung geschrieben ist, der festlegt, dass der Staat allen Schwachen, Hilfsbedürftigen, Arbeitslosen, Arbeitsunfähigen und Obdachlosen Mittel zur Verfügung stellt, die zur Deckung der grundlegenden Lebensbedürfnisse hinreichen, während eine besondere Aufmerksamkeit des Staates der Fürsorge für Invalide, Kriegsveteranen, Witwen und Kinder gefallener Landesverteidiger gilt, und der viele weitere Lügen umfasst,
    in ebendieser Sprache waren alle drei Kündigungsschreiben an Ivan Vida verfasst.
    Zunächst wurde ihm bei den Einsatztruppen der Polizei gekündigt, weil er dem Einsatzleiter die Fresse polierte, der ihm befohlen hatte, auf einen Studenten einzuschlagen. Er wurde zu einer psychiatrischen Untersuchung überstellt, in dessen Verlauf er dem Psychiater die Fresse polierte, der ihm dumme Fragen gestellt hatte, zum Beispiel: Betrachten Sie sich als eine aggressive Persönlichkeit? Dann kündigte man ihm mit dem Vermerk »Psychisch labil, zu empfindlich und aggressiv«.
    Daraufhin polierte er dem Besitzer einer privaten Security-Firma die Fresse, der ihn angeschrien und mit Kündigung gedroht hatte. Vida hatte sich geweigert, die Sicherung der Villa des ehemaligen Gesundheitsministers zu übernehmen, eines Kriegsverbrechers und Profiteurs.
    Und kurze Zeit später wurde ihm in einem Supermarkt gekündigt, weil er sich weigerte, importierte Ware, deren Verfallsdatum abgelaufen war, neu zu verpacken und mit einem Etikett zu versehen, auf dem CROATIAN QUALITY zu lesen war.
    Er ging in die Berge, um eine Antwort auf die Frage zu finden, warum ihm all das widerfuhr, doch die Berge blieben stumm. Sie kümmerten sich nicht um ihn. Menschliche Probleme interessierten sie nicht. Sie schwiegen nur und ließen die Wolken ihre Schatten auf sie werfen.
    Zurückgekehrt nach Zagreb, sagte ihm seine Frau Ljerka Vida, eine Schneiderin, die in einer Kleiderfabrik arbeitete, er möge sich nicht zu viele Sorgen machen, er solle zu Hause bei ihrem Sohn bleiben, viele in seinem Alter würden schon trinken und Drogen nehmen, es seien halt solche Zeiten, er möge auf den Sohn aufpassen und ihm Vater sein, sie würden schon irgendwie zurechtkommen, sie würden wohl nicht vor Hunger sterben, von so einem Fall hätte sie noch nie gehört.
    Und so wurde Vida zum Hausmann und fand sich in seiner neuen Rolle gut zurecht. Es beruhigte ihn, auf den