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Der Aufstand Der Ungenießbaren

Der Aufstand Der Ungenießbaren

Titel: Der Aufstand Der Ungenießbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edo Popovic
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böse Absicht glüht die Sonne unbarmherzig.
    Wann wird es endlich regnen?, sagt Vida vor sich hin und lässt seinen Blick über die verbrannte Hochebene kreisen.
    Niemals, hört er Joki ć sagen.
    Wahrscheinlich fragst du dich die ganze Zeit, was
ich hier suche, Vida wechselt das Thema ohne Vorwarnung.
    Das hier ist ein freies Land, sagt Joki ć , der Mensch kann laufen, wohin es ihm beliebt.
    Das würde ich nicht unbedingt sagen, Vida schaut ihn an. Es gibt immer mehr Hinweisschilder, auf denen steht: Privatbesitz – Kein Zutritt, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann uns für das Laufen nur noch schmale Korridore zwischen irgendwelchen Privatparzellen zur Verfügung stehen.
    Wie die Korridore für Flugzeuge, schlägt Joki ć vor.
    Genau so, stimmt Vida zu.
    Es freut mich, dass ich das nicht mehr erleben werde, sagt Joki ć .
    Du fragst dich sicher, Vida kehrt zum Thema zurück, was ich hier eigentlich tue.
    Ich kann nicht behaupten, dass ich mir diese Frage noch nicht gestellt hätte, sagt Joki ć vorsichtig.
    Ich war vor zehn Jahren schon einmal in dieser Gegend, sagt Vida und spürt Joki ć s Anspannung.
    In Uniform vermutlich, sagt Joki ć .
    In Uniform, bestätigt Vida.
    Ich wusste es, Joki ć holt eine Stahlnadel aus seiner Hemdtasche und reicht sie Vida.
    Vida nimmt den Schlagbolzen seiner Pistole und nickt.
    Ich habe geahnt, dass du in meinem Zelt herumgewühlt hast, sagt er.
    Sei nicht beleidigt, sagt Joki ć , aber ich musste das tun. Ich habe in den letzten Jahren keine guten Erfahrungen mit Unbekannten gemacht.
    Schon in Ordnung, sagt Vida, ich hätte an deiner Stelle das gleiche getan.
    Bei den Felsen da hinten, Joki ć weist mit dem Kopf in Richtung Norden, lagen unsere Minenwerfer.
    Und da unten waren eure Haubitzen, sagt Vida und zeigt auf eine quadratische Ebene, die unter ihnen liegt.
    Genau, woher weißt du das?
    Ich weiß es eben.
    Du warst in der Vorhut?
    Ja.
    Ich saß an den Minenwerfern.
    Vida nickt mit dem Kopf.
    Mensch, Joki ć schnauft und nimmt Zigaretten aus seiner Tasche.
    Was denn, Mensch?, fragt Vida.
    Und jetzt sitzen wir hier und unterhalten uns, das meine ich, er reicht Vida die Zigarettenschachtel.
    Vida nimmt eine Zigarette, neigt den Kopf zu Joki ć und wartet darauf, dass dieser ihm die Zigarette anzündet.
    Was sollen wir denn tun, uns gegenseitig verprügeln?
    Nein, sagt Joki ć , aber ich habe es mir nicht so vorgestellt.
    Wie hast du es dir denn vorgestellt.
    Gar nicht. Ich hätte nie geglaubt, dass ich je mit einem Kroaten zusammensitzen und mich über … über solche Dinge unterhalten würde.
    Eine Zeit lang rauchen sie schweigend, jeder versunken in die eigenen Gedanken.
    Und worüber unterhältst du dich sonst, wenn du einen Kroaten triffst?, fragt Vida.
    Da kann man kaum von großen Unterhaltungen sprechen, sagte Joki ć säuerlich. Wir laufen aneinander vorbei, als existierten wir nicht.
    Ich verstehe, sagte Vida. Bist du nach dem Krieg hiergeblieben?
    Gott bewahre, sagt Joki ć , ich bin mit meiner Familie nach Bosnien abgehauen. Wir sind erst vor zwei Jahren zurückgekommen.
    Du bist verheiratet?
    Joki ć nickt.
    Habt ihr Kinder?
    Einen Sohn.
    Wir auch.
    Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken, dort in Bosnien, sagte Joki ć , weißt du, ich hatte es mir ja nicht ausgesucht, als Serbe im Karst bei Obrovac geboren zu werden, aber ich habe es eben akzeptiert. Ich wusste, dass das kein besonderer Glückstreffer war, aber ich habe es so hingenommen und mein Leben gelebt. Sie haben mich ja auch nichts gefragt, als in den Neunzigern die Tumulte losgingen, ich hätte den Krieg sicher nicht als Lösung gewählt, aber auch das habe ich akzeptiert.
    Hättest du nicht fortgehen können, wenn dir das alles nicht gepasst hat?, fragte Vida.
    Wohin?
    Irgendwohin. Wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre, hätte ich die Uniform nicht angezogen.
    Joki ć blickte ihn an.
    Du warst doch an meiner Stelle, und du hast genau dasselbe wie ich getan, du hast doch auch die Uniform angezogen.
    Vida zuckte zusammen und schielte zu Joki ć hinüber.
    Du kannst doch nicht sagen, dass das daselbe ist, du kannst das doch nicht vergleichen, wir standen auf verschiedenen Seiten.
    Aber wir wurden von den gleichen Dingen angetrieben.
    Was redest du denn da, ich habe meine Familie verteidigt.
    Ich meine auch, sagte Joki ć .
    Schon klar, du hast deine verteidigt, indem du in einem fremden Land dein Großserbien aufbauen wolltest.
    Ich hatte überhaupt kein Serbien im Sinn, weder ein kleines, noch ein

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