Der Aufstand
einen Baum gewickelt und sich dabei das Handgelenk verstaucht. War ziemlich neben der Spur, als wir ihn gefunden haben. Im Handschuhfach waren Pillen, die für mich wie Ecstasy ausgesehen haben, aber Genaueres wissen wir noch nicht.»
Das polizeiliche Vorgehen in einem solchen Fall war ziemlich klar festgelegt: Die Pillen wurden ebenso untersucht wie das Blut des Verdächtigen. Und wenn nach einer oder zwei Wochen dann die Laborergebnisse kamen, war klar, ob Anklage wegen Besitzes von und Fahren unter Drogen erhoben werden konnte. Aber daran war Joel nicht interessiert.
«Das kapier ich nicht. Was hatte das denn mit der Dracula-Geschichte zu tun?»
Gascoigne schnaubte verächtlich. «Ach, der arme Spinner war vollkommen fertig mit den Nerven. Als wir ihn eingebuchtet haben, hat er die ganze Zeit von Vampiren gefaselt. Der wollte gar nicht mehr aufhören.»
«Vampire?»
«Ja, Blutsauger. Angeblich ist er mit seinem Auto verunglückt, weil er aus einem Vampirnest flüchten musste, über das er und seine Freundin gestolpert sind. Und sie wurde natürlich von ihnen entführt.»
Joel runzelte die Stirn. «Aber als vermisst gemeldet hat man sie nicht.»
Gascoigne schüttelte den Kopf. «Natürlich nicht, Sir. Sie liegt friedlich in ihrem Bett in Wallingford. Ich hab selber mit den Eltern gesprochen.»
Joel nickte nachdenklich. Halloween und Ecstasy-Pillen – eine üble Kombination. Die Droge führte bekanntlich zu den wildesten Halluzinationen. Dennoch hatte ihn schon die bloße Erwähnung von Vampiren hellhörig gemacht. Und ihm einen Schauer über den Rücken gejagt. Auch wenn es lächerlich klang, konnte er doch seine Neugier nicht unterdrücken. «Haben wir ihn noch in Gewahrsam?»
«Ich würde auf den Knaben nicht meine Zeit verschwenden, Sir. Er hat die Nacht im JR verbracht.» Als JR bezeichneten die Einheimischen das John-Radcliffe-Hospital. «Wird wahrscheinlich heute irgendwann entlassen, wenn die Ärzte grünes Licht geben, und dann muss der Blödmann sich nur noch Sorgen darum machen, ob wir ihm Fahren unter Drogeneinfluss anhängen oder lediglich Drogenbesitz.»
«Wie heißt er?»
«Declan Maddon. Aber wie gesagt, Sir, ich würde keine Sekunde mit dem Typen vergeuden.»
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Kapitel 9
VIA -Zentrale, London
D ie Sonne ging bereits über der Stadt auf, als Alex und Harry Rumble mit ihrer Besprechung fertig waren. Alex stand auf und trat ans Fenster. Das orangefarbene Leuchten am Horizont erinnerte sie an ihr Solazal. Sie griff rasch in die Gesäßtasche ihrer Jeans, holte das Röhrchen heraus, warf eine Tablette ein und spürte das süßliche Prickeln auf der Zunge.
Rumble lehnte sich in seinem Stuhl zurück, warf einen weiteren besorgten Blick auf seinen Monitor und sortierte dann ein paar Notizen auf seinem Schreibtisch.
«Egal – was auch immer geschieht, wir machen weiter wie gewohnt. Ich habe übrigens wieder Arbeit für Sie.»
Sie wandte sich vom Fenster ab und kaute auf ihrer Solazal-Tablette herum. «Ich bin gerade erst aus Rumänien zurückgekommen, Harry.»
«Das ist reine Routine. Dürfte nicht allzu lange dauern. Haben Sie Ihre Waffe dabei?»
«Nur meinen Reserve-Revolver.» Sie schlug ihren Mantel zurück und gab den Blick frei auf ihren kurzläufigen . 44 Smith & Wesson aus rostfreiem Stahl, den sie hinter ihrer rechten Hüfte trug.
«Das nennen Sie Reserve-Waffe?» Rumble reichte ihr ein Blatt offiziellen VIA -Notizpapiers von seinem Schreibtisch. Sie nahm es und überflog die Worte mit hellwachen grünen Augen. «Baxter Burnett» lautete der Name auf dem Blatt.
«Der Filmstar?»
Rumble nickte.
«Ich wusste gar nicht, dass er einer von uns ist.»
«Er wurde gegen Ende der Sechziger verwandelt, aber in den Neunzigern wurde ihm dann langweilig, und da hat er es mit der Schauspielerei versucht. Dabei stellte sich heraus, dass der kleine Schwachkopf gar nicht so untalentiert war.»
«Ich hätte es mir denken können. Ich sehe mir schon seit Jahren seine Filme an, und er ist in der ganzen Zeit kein bisschen gealtert.»
«Und genau da liegt unser Problem», bestätigte Rumble. «Wir dürfen nicht zulassen, dass er weiterhin Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich möchte, dass Sie und Greg ein Wörtchen mit ihm reden. Aber seid nicht zu streng mit ihm; erklärt ihm einfach nur noch einmal, worin das Problem besteht.»
Alex blinzelte. «Und wer ist dieser Greg?»
«Das hätte ich Ihnen wohl vorher erklären müssen», räumte Rumble mit einem verschlagenen
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