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Der Aufstand

Der Aufstand

Titel: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean McCabe
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Stationsschwester war offenbar von Joels Anliegen ebenso überrascht wie von seinem Auftreten in Biker-Klamotten.
    «Schon wieder? Die Polizei hat doch erst gestern Nacht mit ihm gesprochen.»
    «Ich habe nur noch ein paar zusätzliche Fragen», erklärte Joel.
    Dec Maddon lag auf dem zweiten Stock und teilte sich dort ein Krankenzimmer mit einem gebrechlichen alten Mann, der aussah, als hätte er nicht mehr lange zu leben. Der Junge hatte den linken Arm in einer Schlinge und saß aufrecht in seinem schmalen Bett. Er war blass im Gesicht, und seine rot geränderten Augen waren von schwarzen Schatten umringt. Missmutig musterte er Joel, als dieser an sein Bett trat und ihm seinen Polizeiausweis entgegenhielt.
    «Hallo Declan», begrüßte Joel ihn herzlich.
    «Ich habe denen doch gesagt, dass ich keine von diesen beschissenen Pillen genommen habe», erklärte der Junge wütend. «Und außerdem heiße ich Dec. Kein Schwein nennt mich Declan.»
    «Dann fangen wir doch am besten noch einmal von vorne an, o.k.? Hallo, Dec. Wie ich sehe, warst du im Krieg.» Er blickte hinüber zu dem alten Mann am anderen Ende des Krankensaals, doch der schien nichts mehr mitzubekommen. «Macht es dir etwas aus, wenn ich dir ein paar Fragen stelle?»
    «Haben wir das nicht schon hinter uns?»
    «Erzähl mir bitte, was du glaubst, gestern gesehen zu haben», sagte Joel, so ruhig und geduldig er konnte.
    «Ich
glaube
nicht, es gesehen zu haben, ich
habe
es gesehen», erwiderte Dec entschlossen, während seine schwarz umschatteten Augen auf einen unsichtbaren Punkt irgendwo über dem Fußende seines Betts fixiert waren. «Ich weiß, was ich gesehen habe, und das lässt sich nur mit einem Wort beschreiben.» Er ließ sich auf das Kopfkissen zurücksinken, und seine Stimme wurde zu einem Murmeln. «Sie würden mir ja sowieso nicht glauben. Ich hab schon versucht, es den anderen zu erklären, aber keiner wollte mir zuhören.»
    «Dann versuch es doch mal mit mir», bot Joel an.
    Dec drehte sich zu ihm um und schaute ihn an. «Ich habe
Vampire
gesehen», sagte er langsam und feierlich.
    Joel erwiderte seinen Blick und suchte sein Gesicht nach irgendwelchen Anzeichen geistiger Verwirrtheit ab, konnte jedoch nichts dergleichen entdecken.
    «Auch wenn das verrückt klingt», hauchte Dec.
    «Du bist dir ganz sicher, nicht wahr?»
    «Ja, ganz sicher. Ich verarsche Sie nicht. Und das kommt auch nicht von den Pillen, wie die Bullen meinen. Weil ich schwöre, dass ich keine eingeworfen hab.»
    «Du hast den Polizisten erzählt, du hättest gesehen, wie diese Leute deine Freundin ermordet haben.»
    Dec wandte den Blick ab. Als er den Kopf schüttelte, sah Joel die Bestürzung in seinen Augen.
    «Gesehen hab ich es nicht, weil ich davongerannt bin», murmelte er. «Ich hab’s einfach nicht mehr ausgehalten.» Er biss sich auf die Lippe und schaute wieder Joel an. «Aber sie war da. Sie … sie hing da, und die standen alle um sie herum.»
    «Kate liegt gesund und munter zu Hause, Dec, wir haben das überprüft. Ihr fehlt nichts.»
    Der Junge stieß einen langen, pfeifenden Seufzer aus. «Ja, ich weiß. Das haben sie mir heute Morgen schon gesagt. Aber Sie verstehen mich nicht. Diese Leute sind Vampire. Wenn die sie gebissen haben oder so, dann …»
    Joel stieß einen langen Atemzug aus. «Dann haben sie sie ebenfalls in einen Vampir verwandelt, meinst du. Dann wird sie eine von ihnen. Sie sitzt jetzt mit ihren Klassenkameraden in der Schule, und wenn sie abends nach Hause kommt, sieht sie mit ihren Eltern fern oder chattet mit ihren Freunden oben in ihrem Zimmer über Facebook, doch in Wirklichkeit ist sie eine der Untoten. Tolle Geschichte – nur, dass wir hier nicht im Kino sind.»
    Dec warf ihm einen wütenden Blick zu. «Sie sind auch nicht anders als die anderen. Sie glauben, ich hätte mir das alles nur ausgedacht – dass diese Schweine blutbespritzt dagestanden haben und diese Schlampe mit dem Schwert –»
    «Kate ist nichts passiert. Von wessen Blut sprichst du also?»
    «Mein Gott, das habe ich doch schon hundertmal erklärt», stöhnte Dec ungeduldig. «Von dem anderen Mädchen. Von der war das Blut. Von der, die sie umgebracht haben. Wie bei einer Opferung. Diese Schlampe hat ihr einfach den Kopf halb abgeschlagen, und das ganze Blut ist auf sie herabgespritzt. Und sie haben es gierig geschluckt, und dabei hab ich ihre verdammten
Zähne
gesehen. Haben Sie’s jetzt kapiert? Große, lange Zähne.» Er ließ sich erneut auf sein

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