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Der Aufstand

Der Aufstand

Titel: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean McCabe
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gegen Ende des Nachmittags wieder bei dir.»
    Nach diesem Anruf ging es Joel schon besser. Falls sich Dec Maddons Pillen als Ecstasy herausstellten und die Blutprobe positiv auf die Droge getestet wurde, konnte er vielleicht aufatmen. Vielleicht ging dann die Welt wieder ihren gewohnten Gang, und die Vampire in seinem Kopf zogen sich wieder ins Reich der Phantasie zurück, wo sie hingehörten. Dann würden auch seine schlechten Träume wieder zu dem werden, was sie waren: nichts weiter als schlechte Träume.
    Vielleicht.
    Joel warf das Baguette in den Abfalleimer und griff nach seinem Kaffee. Er war kalt.
     
    Der Jaguar raste mit rund hundertvierzig Stundenkilometern über die Überholspur der Autobahn auf London zu, während Alex mit Harry Rumble telefonierte. Er hörte ihr wortlos zu, während sie ihn über ihren Vormittag ins Bild setzte. Nur eine Kleinigkeit ließ sie unerwähnt.
    «Schön und gut», begann Rumble, als sie fertig war, «aber eins begreife ich nicht: Warum nimmt sich ein Detective Inspector, der es Tag für Tag mit schweren Verbrechen zu tun hat, sogar in einem Kaff wie Oxford, die Zeit, mit einem Jugendlichen zu sprechen, dem man lediglich ein kleines Drogendelikt vorwirft und der sich irgendetwas zusammenphantasiert, was sonst kein Mensch ernst nehmen würde.»
    «Weil er die Geschichte glaubt, Harry.»
    «Was macht Sie da so sicher?»
    «Ich konnte seine Angst riechen. Und ich habe seinen Blick gesehen. Ich habe zwar das Gefühl, er will es sich selbst noch nicht recht eingestehen, aber glauben Sie mir – er glaubt an Vampire.»
    Rumble dachte einen Augenblick nach. «Er soll an unsere Existenz glauben, obwohl er nichts weiter hat als die Aussage eines Jugendlichen, der sich das Ganze ebenso gut unter Drogeneinfluss zusammenhalluziniert haben könnte? Dann ist er entweder sehr leicht – zu leicht – zu beeindrucken –»
    «Das ist er mit Sicherheit nicht», fiel ihm Alex ins Wort. «Er ist jung, um die dreißig. Dass er es in dem Alter schon zum Detective Inspector gebracht hat, zeigt doch, dass er ehrgeizig und entschlossen ist und ganz und gar kein Dummkopf. Typen wie der sind nicht leicht zu beeindrucken. Es muss einen anderen Grund geben.»
    «Zum Beispiel?»
    «Weiß ich noch nicht», musste sie einräumen.
    Nach dem Gespräch nahm sie das Lenkrad wieder fester in die Hand und gab ein wenig mehr Gas. Sie spürte das Aufbäumen des Motors, als die Tachonadel mit der Hundertsechziger-Marke flirtete. Ihre scharfen Sinne registrierten jedes noch so kleine Detail der vorbeirauschenden Teerdecke und schätzten Geschwindigkeiten und Entfernungen mit einer Genauigkeit ab, von der ein Kampfflieger nur träumen konnte. Sie hatte das Fahrzeug vollständig unter Kontrolle. Natürlich – sie war schließlich ein Vampir.
    Aber warum flatterte ihr Herz dann so?
    Das war der Teil, den sie Harry verschwiegen hatte.
    Während sie so dahinfuhr, konnte sie an nichts anderes denken als an Joel Solomon. Und sie wusste auch, warum.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 17
    J oel war auf dem Weg zum Automaten, um sich eine Tasse warmen Kaffee zu holen, als er sah, wie Carter im Flur mit einer Phalanx uniformierter Beamter im Schlepptau zügig in die entgegengesetzte Richtung marschierte. Er war gebaut wie ein Bär, und wenn er sich so rasch bewegte wie jetzt, teilte sich einfach die Welt vor ihm, um ihm Platz zu machen und nicht niedergewalzt zu werden.
    Chief Inspector Sam Carter war dreizehn Jahre älter als Joel. Sie hatten sich vom ersten Tag an, an dem Joel in das Polizeirevier von Thames Valley gekommen war, gut verstanden. Das war inzwischen ganze zehn Jahre her. Joel kannte ihn ziemlich gut – gut genug jedenfalls, um zu wissen, dass sich hinter seinem schroffen Äußeren ein Mensch verbarg, der schon beim Klang von Dolly Partons Stimme in Tränen ausbrach, vor allem, wenn er betrunken war, was bei ihm nicht gerade selten vorkam. Und gut genug, um zu wissen, dass etwas extrem Ernstes anstand, wenn er so grimmig dreinblickte wie jetzt.
    «Was ist denn los?», fragte Joel, als Carter an ihm vorbeirauschte. Es war wie der Versuch, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen.
    «Willst du das wirklich wissen? Dann komm mit.»
     
    Carter brachte Joel auf den neuesten Stand, während der Streifenwagen aus Oxford in südlicher Richtung auf Sonning Eye zuraste. «Eine Passantin hat sie vor einer halben Stunde gefunden. Oder zumindest ein Stück von ihr. Eine Riesenschweinerei. Die Taucher fischen immer noch

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