Der Aufstand
und zwar ohne Limit.»
«Und was ist mit der Konferenz in Brüssel? Ich hätte Sie da gerne dabeigehabt.»
«Was soll damit sein? Glauben Sie nicht auch, dass das hier jetzt wichtiger ist?»
«Ich weiß es nicht.»
«Hören Sie, Harry, das ist unsere einzige Chance. Wie Sie selber sagten – das Machtgleichgewicht hat sich zu unseren Ungunsten verschoben. Stone hat sämtliche Trümpfe in der Hand. Aber was wäre, wenn wir das Kreuz finden könnten? Wenn die Legenden wahr wären?»
«Genau das ist das Problem. Wir wissen es nicht.»
«Nehmen wir es doch einfach mal an. Dann könnten wir Stone und alle seine Gefolgsleute auf einen Schlag ausschalten.» Sie schnippte mit den Fingern. «Damit wäre dieser Aufstand im Keim erstickt.»
«Ihre Logik hat einen Haken. Sie sind selbst Vampir, Alex, und Vampire dürfen sich nicht einmal in die Nähe des Kreuzes von Ardaich wagen. Wenn jemand dieses Ding auch nur auf Sie richtet, werden Sie sich noch wünschen, Stone hätte Sie mit einer seiner Nosferol-Patronen erschossen.»
«Ich kann natürlich nicht der Kreuzträger sein», räumte Alex ein. «Aber Joel Solomon. Und er will das unbedingt. Er hasst Vampire zutiefst.»
«Und wo ist dieser Mensch jetzt?»
«In meiner Wohnung.»
«Alex, wenn jemand im Herrscherrat Wind davon bekommt, dass Sie in Ihrem Haus einen Menschen beherbergen –»
«Das werden die nie erfahren. Oder, Harry?»
«Sie wollen mich zu Ihrem Komplizen machen!»
«Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Sie mich decken.»
«Diesmal ist es aber etwas anderes.»
«Nun, wir befinden uns schließlich im Krieg.»
Rumble überlegte und stieß dann einen langen Seufzer aus. «Nehmen wir mal an, dieses Kreuz ist tatsächlich in Venedig. Was unwahrscheinlich ist. Und nehmen wir außerdem mal an, Sie und dieser Mensch finden es. Was höchst unwahrscheinlich ist. In jedem Fall würden Sie sich bei der Suche einem gewaltigen Risiko aussetzen.»
Alex zuckte mit den Achseln. «Sie kennen mich doch, Harry.»
«Und wenn ich Ihnen erlauben würde, das Kreuz zurückzuholen, würde ich uns alle gefährden. Was ist, wenn dieser Solomon herausfindet, wer Sie wirklich sind und was die VIA ist?»
«So weit wird es niemals kommen.»
«Sind Sie sich da ganz sicher? Haben Sie sich schon überlegt, wie Sie ihm erklären wollen, dass Sie nicht in die Nähe dieses verdammten Artefakts kommen dürfen? Wird er das nicht ein wenig merkwürdig finden?»
«Ich denke mir schon was aus, Harry. Mir fällt immer was ein, das wissen Sie doch.»
Rumble grübelte eine Weile darüber nach. «Das gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht.»
«Aber eine bessere Idee haben Sie auch nicht, oder?»
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Kapitel 55
G abriel Stone war innerlich noch immer bei der Begegnung mit seinen Meistern, als er in seinem unterirdischen Arbeitszimmer auf und ab schritt.
Alles schien wie am Schnürchen zu laufen. Mit Ausnahme einer Sache, die ihm nicht aus dem Kopf wollte: das Kreuz und der verfluchte Mensch, der behauptete, es gefunden zu haben. Finch hätte ihm eigentlich Bericht erstatten sollen, aber wo war er nur? Dass es kein Lebenszeichen von ihm gab, beunruhigte Stone doch sehr.
Während er noch darüber nachdachte, klingelte das Telefon. Er zögerte, das Gespräch entgegenzunehmen. Er erwartete keine Anrufe. Abzuheben konnte bedeuten, dass er mit einem Menschen reden musste, und das tat er prinzipiell nur aus zwei Gründen: entweder, weil der Betreffende ihm in irgendeiner Weise nützlich sein konnte, oder weil das Blut dieses Menschen bald zu einer Mahlzeit werden sollte. Alles andere, was mit Menschen zusammenhing, widerte ihn an. Derartige Dinge gehörten zu Finchs Pflichten.
Er wartete noch einen Augenblick, aber da das Telefon beharrlich weiterklingelte, nahm er schließlich ab. «Sie dürfen sprechen», sagte er steif. Die menschlichen Benimmregeln waren ihm fremd, und er hatte auch nicht die Absicht, seine Zeit auf solche Nebensächlichkeiten zu verschwenden.
Am anderen Ende der Leitung folgte zunächst ein kurzes, verblüfftes Schweigen, bevor eine Stimme ihm erklärte, dass der Anruf von der Polizei von Thames Valley kam.
«Was gibt es denn?», fragte Stone vorsichtig.
«Ich habe leider eine schlechte Nachricht für Sie, Sir. Haben Sie einen Bediensteten namens Seymour Finch?»
«Ja.»
«Aus der Isis wurde heute Nachmittag ein männlicher Leichnam geborgen. Er hatte keine Papiere bei sich, und wir konnten noch keine offizielle Identifizierung
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