Der Aufstand
durchführen, aber einer unserer Beamten, der neulich wegen eines bestimmten Vorfalls zu Ihrem Haus gerufen worden war, glaubt, in dem Verstorbenen Mr. Finch zu erkennen.»
«Verstehe», entgegnete Stone langsam. «Und was war die Todesursache, Officer?»
«Ich fürchte, es handelt sich um ein Gewaltverbrechen, Sir. Auf jeden Fall war eine Schusswaffe im Spiel. Es tut mir sehr leid.»
«Mir auch», sagte Stone ohne jede Gefühlsregung.
«Wir konnten leider keine Verwandten von Mr. Finch ausfindig machen. Deshalb muss ich Sie als seinen Arbeitgeber bitten, seinen Leichnam hier in der Leichenhalle der Polizei zu identifizieren, bevor wir die Ermittlungen aufnehmen können. Falls nötig, können wir Sie auch mit einem Streifenwagen abholen lassen.»
Stone wandte sich zu der antiken Uhr auf dem Kaminsims um. Wenige Minuten nach fünf. «Ist es schon dunkel?»
«Wie bitte, Sir?»
«Ich meinte, ist die Nacht schon angebrochen?»
«Ah, verstehe», sagte der dumme Mensch. «Natürlich haben wir volles Verständnis dafür, dass Sie sehr beschäftigt sind, Sir. Nein, unsere Dienststelle hat bis spätnachts geöffnet. Wir können Sie abholen, wann immer Sie wollen.»
«Ich rufe zurück», zischte Stone und schmetterte dann das Gerät so heftig auf den Schreibtisch, dass es in tausend Stücke zerbrach. Er blickte hoch zur Decke, und sein Wutschrei erfüllte das flackernde Halbdunkel und hallte von den steinernen Wänden wider. Wütend tigerte er auf und ab, wobei er alles, was ihm in die Quere kam, aufhob und an die Wand warf. Selbst vor einer Ming-Vase von unschätzbarem Wert machte er nicht Halt; er riss sie von ihrem Sockel und schleuderte sie mitten in einen goldgerahmten florentinischen Spiegel, der über dem Kamin hing. Ein Hagel von Splittern erstickte die Flammen der silbernen Kerzenleuchter. Stone schrie erneut auf.
Als Lillith den Lärm hörte, kam sie in den Raum gerannt.
«Gabriel –» Sie hielt inne und schaute ihn an. «Er ist tot, nicht wahr? Unser Diener?» Ihre Stimme bebte, während sie ihn mit weitaufgerissenen Augen beobachtete. In all den Jahrhunderten, die sie gemeinsam verbracht hatten, war er noch nie derart aus der Fassung geraten.
Er hörte auf, Dinge zu zerschlagen, und warf ihr finstere Blicke zu, als er ihre Miene entschlüsselte. In ihrem Blick lag mehr als nur Angst und Wut. Er sah auch einen Ansatz von Schuldbewusstsein, den sie trotz aller ihrer Bemühungen nicht zu überspielen vermochte. Er trat entschlossen auf sie zu, und ihr erschrockenes Zurückweichen bewies ihm, dass er recht hatte.
«Was hast du getan?», fragte er.
«Gar nichts.»
«Was hast du getan, Lillith? Wenn du es wagst, mich anzulügen, vernichte ich dich.»
«Tu mir nicht weh», flehte sie und duckte sich verängstigt. «Ich habe es nur für uns alle getan.»
«Was getan?»
«Seymour hat herausgefunden, wer dieser Polizist ist. Sein Name ist Solomon, Joel Solomon. Er ist Detective Inspector, und er hat dich getäuscht; er hat das Kreuz gar nicht.» Während sie sprach, ging die Angst in ihren Augen teilweise in Trotz über. «Du hättest ihn dir in jener Nacht schnappen können, Gabriel, aber du hattest zu viel Angst.»
«Willst du damit sagen, dass dieser Solomon unseren zuverlässigsten Diener ermorden konnte, weil du meine ausdrücklichen Anweisungen missachtet hast? Du hast Finch befohlen, ihn zu töten, nicht wahr?»
«Ich konnte doch nicht ahnen, dass der Mensch mit ihm fertigwird!»
Stone holte schon zum Schlag aus. Mit einem einzigen Hieb hätte er ihr den Kopf abreißen können, doch plötzlich ging die Tür auf, und Zachary betrat das dunkle Arbeitszimmer. Stone, wütend über die Unterbrechung, warf ihm finstere Blicke zu.
Zachary hielt ein kleines silbriges Handy in seiner gewaltigen Pranke. Trotz seiner Wut erkannte Stone es als dasjenige, mit dem sie mit ihrer Hauptkontaktperson in der VIA kommunizierten.
«Wir haben eine SMS bekommen», sagte Zachary mit Nachdruck. «Die Führer des Weltverbands haben eine Krisensitzung in Belgien einberufen. Wir sind über alle Einzelheiten im Bilde. Tagungsort, Datum, Uhrzeit, Teilnehmer. Alle auf einmal an einem Ort.»
«Perfekt», sagte Gabriel. Sein Zorn ebbte plötzlich ab. Das war genau das, worauf er gehofft hatte.
«Aber es gibt noch mehr Neuigkeiten», fuhr Zachary fort, «und die werden Ihnen gar nicht gefallen.» Er hüstelte nervös und senkte den Blick. Vor einem wie Gabriel Stone scheute sich selbst der stärkste Vampir, schlechte
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