Der Auftrag des Aeltesten
Schatten.« Er prustete wieder los und schaukelte gefährlich mit dem Stuhl hin und her, bis er schließlich umkippte und mit einem vernehmlichen Plumps auf dem Allerwertesten landete.
Eragon half ihm wieder auf. »Ich glaube, du solltest heute lieber hier bleiben. Du kommst niemals die Baumtreppe hinunter, ohne dir alle Knochen zu brechen.«
Orik stimmte mit fröhlicher Gleichgültigkeit zu. Er erlaubte Eragon sogar, ihm das Kettenhemd auszuziehen und ihn zum Bett zu tragen. Eragon seufzte, löschte das Licht und legte sich auf seine Seite der Matratze.
Er schlief ein, das unaufhörliche Gemurmel des Zwergs im Ohr.
»Hvedra... Hvedra... Hvedra...«
DIE NATUR DES BÖSEN
D er strahlende nächste Morgen kam viel zu schnell. Eragon fuhr beim Brummen der Weckkugel auf, griff nach dem Jagdmesser und sprang in Erwartung eines Angriffs aus dem Bett. Er keuchte, als nach den Anstrengungen der letzten beiden Tage jeder Muskel in seinem geschundenen Körper schmerzhaft protestierte.
Er blinzelte sich die Tränen aus den Augen und zog die Weckkugel auf. Orik war verschwunden. Der Zwerg musste noch vor dem Morgengrauen hinausgeschlüpft sein. Stöhnend schleppte Eragon sich in die Waschkammer und kam sich dabei wie ein alter Mann vor, der unter Rheumatismus litt.
Er und Saphira warteten zehn Minuten am Fuß des Baumes, bis ein ernst dreinschauender, schwarzhaariger Elf sie abholte. Er verbeugte sich und führte zwei Finger an die Lippen, was Eragon ihm nachtat, und dann kam er Eragon zuvor, indem er sagte: »Möge das Glück dir hold sein.«
»Mögen die Sterne über dich wachen«, erwiderte Eragon. »Hat Oromis dich geschickt?«
Der Elf ignorierte ihn und wandte sich zu Saphira. »Sei gegrüßt, Drache. Ich bin Vanir aus dem Hause Haldthin.« Eragon runzelte verärgert die Stirn.
Sei gegrüßt, Vanir.
Erst dann wandte sich der Elf wieder an Eragon. »Ich zeige dir, wo du mit deinem Schwert üben kannst.« Mit diesen Worten ging er voran, ohne auf Eragon zu warten.
Auf dem Übungsfeld kämpften Elfen beiderlei Geschlechts in Paarungen und Gruppen. Ihre außergewöhnlichen körperlichen Fähigkeiten erlaubten ihnen so rasend schnelle Schlagfolgen, dass es klang, als würde ein Hagelsturm auf eine Eisenglocke prasseln. Unter den Kiefern, die das Feld umsäumten, vollführten einzelne Elfen den Tanz von Schlange und Kranich mit einer Anmut und Gelenkigkeit, die Eragon sich selbst voll Bedauern absprach.
Nachdem alle auf dem Feld ihre Übungen unterbrochen und sich vor Saphira verbeugt hatten, zückte Vanir sein schlankes Schwert. »Stumpfe deine Klinge, Silberhand, es geht los!«
Verzagt betrachtete Eragon die übermenschliche Schwertkunst der ihn umgebenden Elfen.
Warum muss ich das tun?
, fragte er.
Ich werde hier nur gedemütigt.
Du wirst dich schon nicht blamieren
, sagte Saphira, doch Eragon spürte ihre Sorge um ihn.
Das sagst du so.
Während Eragon Zar’roc präparierte, zitterten ihm vor Furcht die Hände. Und statt danach einfach draufloszustürmen, hielt er respektvoll Abstand zu Vanir, wich ihm aus, sprang zur Seite und tat alles, um einen weiteren Anfall zu vermeiden. Doch trotz Eragons geschickter Ausweichmanöver landete Vanir kurz nacheinander vier Treffer, einmal an den Rippen, am Schienbein und an beiden Schultern.
Vanirs anfänglich unbewegte Miene zeigte bald offene Verachtung. Er tänzelte vor, glitt mit dem Schwert der Länge nach über Zar’rocs Klinge und drückte sie gleichzeitig herunter. Die Drehung verbog Eragons Handgelenk, sodass er das Schwert lieber losließ, statt zu versuchen, sich der überlegenen Kraft des Elfen entgegenzustemmen.
Vanirs Schwert sauste auf Eragons Hals herunter. »Tot«, sagte er. Eragon streifte die Klinge mit einem Schulterzucken ab, trottete zu seiner eigenen Waffe und hob sie auf. »Tot«, wiederholte Vanir. »Wie willst du so gegen Galbatorix kämpfen? Ich hätte mehr erwartet, selbst von einem verweichlichten Menschen.«
»Warum kämpfst du dann nicht selbst gegen Galbatorix, statt dich in Ellesméra zu verkriechen?«
Vanir fuhr wütend auf. »Weil ich kein Drachenreiter bin. Und wenn ich einer wäre, wäre ich bestimmt nicht so ein Feigling wie du.«
Die Elfen auf dem Feld hielten inne.
Eragon wandte sich von Vanir ab und schaute knurrend zum Himmel auf.
Er hat keine Ahnung. Das ist nur ein Test, den ich bestehen muss.
»
Feigling, habe ich gesagt«, wiederholte Vanir. »Dein Blut ist genauso dünn wie das aller Menschen. Saphira
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