Der Auftrag des Aeltesten
zurückgegangen wegen der Überfälle, die neuerdings dauernd geschehen, und die sind, wie ich gehört habe, nicht das Werk von normalen Räuberbanden, denn sie sind zu weit verbreitet und zu gut durchdacht. Es wird auch nichts gestohlen, nur verbrannt oder unbrauchbar gemacht. Aber das ist noch längst nicht alles, oh nein, beim Barthaar eurer Großmutter, es geht noch weiter.«
Der Fallensteller schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck aus seinem Weinschlauch, bevor er fortfuhr: »Man munkelt von einem Schatten, der in den nördlichen Territorien umgeht. Man hat ihn am Rand von Du Weldenvarden und in der Nähe von Gil’ead gesehen. Es heißt, seine Zähne seien spitz, die Augen gelb wie glühender Schwefel und sein Haar so rot wie das Blut, das er trinkt. Aber damit nicht genug, irgendetwas scheint unseren ehrenwerten, verrückten Monarchen auf die Palme gebracht zu haben. Vor fünf Tagen machte ein Jongleur, der aus dem Süden die einsame Reise nach Ceunon angetreten hatte, Halt in Therinsford, und
er
erzählte, dass große Truppenverbände zusammengezogen und quer durchs Land geschickt würden, aber den Grund dafür kannte er nicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Wie mein guter Paps immer zu sagen pflegte, als ich noch ein sabbernder Hosenscheißer war: kein Rauch ohne Feuer. Vielleicht sind es die Varden. Sie haben dem ollen Eisenknarz über die Jahre genug Kopfzerbrechen bereitet. Oder Galbatorix hat beschlossen, Surda die Zähne zu zeigen. Immerhin weiß er, wo es liegt, während er die Verstecke der Rebellen nicht kennt. Er wird Surda zermalmen, wie eine Bärentatze eine Ameise zermalmt.«
Roran blinzelte, als jetzt eine Flut von Fragen auf den Fallensteller einprasselte. An der Geschichte über den Schatten hatte er seine Zweifel - sie klang zu sehr nach einem Märchen, das sich ein trunkener Waldbewohner ausgedacht hatte -, aber der Rest hörte sich schlimm genug an, um wahr sein zu können. Surda
...
Nur wenig drang über dieses ferne Land bis nach Carvahall, aber Roran wusste, dass zwischen Surda und dem Imperium zwar ein vermeintlicher Friede herrschte, die Surdaner jedoch in ständiger Angst vor einer Invasion ihres mächtigeren Nachbarn aus dem Norden lebten. Es hieß, aus diesem Grunde unterstütze Orrin, ihr König, die Varden.
Falls der Fallensteller Recht hatte, so konnte das bedeuten, dass die Zukunft einen hässlichen Krieg bereithielt, begleitet von Unannehmlichkeiten wie Steuererhöhungen und allgemeiner Wehrpflicht.
Ich würde lieber in einer Zeit ohne bedeutende Umwälzungen leben. Das Leben hält auch so genügend Kummer für uns bereit.
»
Und da ist noch etwas. Es kursieren Geschichten über...«, an dieser Stelle machte der Fallensteller eine Pause und tippte sich geheimnisvoll mit dem Finger an die Nase, »…Geschichten über einen neuen Drachenreiter in Alagaësia.« Dann lachte er herzhaft, schlug sich mit der flachen Hand auf den Bauch und kippte zurück an die Wand der Veranda.
Auch Roran musste lachen. Geschichten über Drachenreiter gab es alle paar Jahre. Die ersten zwei oder drei Mal hatte er sich noch davon beeindrucken lassen, doch schon bald hatte er das Interesse daran verloren, denn die Geschichten verliefen schließlich immer im Sande. Sie waren nichts weiter als das Wunschdenken derer, die eine bessere Zukunft herbeisehnten. Er wollte schon weitergehen, als er an der Ecke des Wirtshauses Katrina sah, die ein gelb-braunes, mit grünen Schleifen geschmücktes Kleid trug. Sie schaute eindringlich zu ihm herüber. Er ging zu ihr hin, legte ihr die Hand auf die Schulter und verdrückte sich heimlich mit ihr.
Sie liefen zum Dorfrand, wo sie stehen blieben und zu den Sternen aufschauten. Das Firmament strahlte an diesem Abend im Glanz von abertausenden schillernder Himmelsfeuer. Und von Nord nach Süd, von Horizont zu Horizont, überspannte sie das prachtvolle, perlenartige Sternenband wie über den Himmel verstreuter Diamantenstaub.
Ohne ihn anzusehen, legte Katrina den Kopf an seine Schulter und fragte: »Was hast du heute gemacht?«
»Ich war auf dem Hof.« Er spürte, wie sich ihr Körper plötzlich anspannte.
»Wie war es?«
»Schrecklich.« Seine Stimme versagte und er drückte sie fest an sich. Der Duft ihres kupferfarbenen Haars war wie ein Elixier aus Wein, Gewürzen und Parfüm. Es durchströmte ihn bis ins Mark, wärmte und tröstete ihn. »Das Haus, die Scheune, die Felder, alles ist überwuchert. Ich hätte es wohl nicht wiedergefunden, wenn
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