Der Auftrag des Aeltesten
Wort davon gesagt!«
Gelassen wie immer, antwortete Oromis: »Wollt ihr wirklich wissen, warum?«
Ja, Meister,
sagte Saphira, bevor Eragon antworten konnte. Im Geiste schalt sie ihn und knurrte:
Sei höflich, Kleiner!
»Wir haben aus zweierlei Gründen geschwiegen. Einer davon ist, dass wir erst vor einer Woche erfahren haben, dass die Varden bedroht werden. Die wahre Stärke, der Standort und die Marschrichtung von Galbatorix’ Truppen blieben uns verborgen, bis vor drei Tagen Fürst Däthedr den Schutzzauber durchbrochen hat, mit dem der Tyrann unsere Traumsicht blockierte.«
»Das erklärt trotzdem nicht, warum Ihr nichts gesagt habt.« Eragon war außer sich. »Und nicht nur das: Warum hat Islanzadi nicht die Elfen mobilisiert, als herauskam, dass die Varden in Gefahr sind? Sind wir keine Verbündeten mehr?«
»Sie
hat
die Elfen mobilisiert, Eragon. Im Wald erschallen die Schläge der Schmiedehämmer, das Getrampel gepanzerter Stiefel und das Wehklagen derjenigen, die alsbald voneinander getrennt sein werden. Zum ersten Mal seit hundert Jahren ist unser Volk im Begriff, Du Weldenvarden zu verlassen und unserem größten Feind entgegenzutreten. Für die Elfen ist die Zeit gekommen, sich wieder offen in Alagaësia zu bewegen.« Sanft fügte Oromis an: »Du warst in letzter Zeit sehr abgelenkt, Eragon, und ich verstehe auch, warum. Doch nun musst du über deinen eigenen Tellerrand hinausschauen. Die Welt braucht deine Aufmerksamkeit.«
Betreten brachte Eragon nur hervor: »Es tut mir Leid, Meister.« Ihm fielen Blagdens Worte ein und er lächelte verdrossen. »Ich bin blind wie eine Fledermaus.«
»Das stimmt nicht, Eragon. Du hast Hervorragendes geleistet, wenn man bedenkt, wie viel wir dir aufgebürdet haben.« Oromis sah ihn ernst an. »In den nächsten Tagen erwarten wir eine Nachricht von Nasuada, in der sie Islanzadi um Hilfe und um deine Rückkehr bitten wird. Danach hätte ich dich über die Notlage der Varden unterrichtet, und du hättest noch immer genügend Zeit gehabt, Surda vor dem Beginn der Schlacht zu erreichen. Hätte ich es dir früher erzählt, hättest du deine Ausbildung abgebrochen und wärst deiner Lehnsherrin sofort zu Hilfe geeilt. Deshalb haben Islanzadi und ich unsere Zungen gehütet.«
»Meine Ausbildung ist überflüssig, wenn die Varden vernichtet werden.«
»Nein. Du bist vermutlich der Einzige, der ihren Untergang verhindern kann, denn angeblich wird Galbatorix persönlich der Schlacht beiwohnen. Da unsere Krieger die Varden nicht rechtzeitig erreichen werden, wirst du ihm, falls er tatsächlich dort ist, alleine gegenübertreten müssen, ohne den Schutz unserer Magier. Deshalb war es lebenswichtig, dass du deine Ausbildung so lange wie möglich fortsetzt.«
Eragons Ärger verflog endgültig. Er begriff nun, warum Oromis geschwiegen hatte. Persönliche Gefühle hatten in einer so ernsten Situation wie dieser nichts verloren. Mit tonloser Stimme sagte er: »Ihr habt Recht. Mein Treuegelübde verpflichtet mich, Nasuadas Sicherheit zu gewährleisten, aber ich bin, glaube ich, noch nicht so weit, mich mit Galbatorix zu messen. Zumindest noch nicht ganz.«
»Ich schlage vor«, sagte Oromis, »dass du, sollte sich Galbatorix wirklich zeigen, alles daran setzt, ihn von den Varden fern zu halten, bis die Schlacht entschieden ist, und gleichzeitig musst du eine direkte Konfrontation mit ihm vermeiden. Bevor du gehst, möchte ich euch noch um eines bitten: Schwört mir, dass ihr zurückkehren und eure Ausbildung vollenden werdet, denn ihr habt noch einiges zu lernen.«
Wir kommen zurück,
schwor Saphira in der alten Sprache.
»Wir kommen zurück«, wiederholte Eragon und besiegelte damit ihr Schicksal.
Zufrieden langte Oromis hinter sich, nahm einen bestickten roten Beutel und öffnete ihn. »Im Wissen um deine baldige Abreise habe ich drei Geschenke für dich, Eragon.« Er zog ein silbernes Fläschchen aus dem Beutel. »Als Erstes etwas Faelnirv, den ich mit einigen Zaubern angereichert habe. Dieser Trank wird dich am Leben halten, wenn du keine Verpflegung hast, und auch sonst wirst du seine Eigenschaften nützlich finden. Geh sparsam damit um, denn aus Zeitmangel konnte ich dir nur wenige Schlucke zubereiten.«
Er gab Eragon die Flasche und zog danach einen schwarz-blauen Schwertgürtel aus dem Beutel. Der Gürtel fühlte sich ungewöhnlich dick und schwer an, als Eragon ihn durch die Hände gleiten ließ. Er bestand aus kostbaren Wollfäden, die zu einem kunstvoll
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