Der Auftrag: Thriller (German Edition)
genau deshalb heute mit euch treffen.«
»Was hast du denn herausgefunden?«, fragte Reuben.
»Dass Oliver irgendwo hinfahren will.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe in seinem Häuschen eine gepackte Tasche gefunden. Dazu mehrere russische Bücher.«
»Du meinst, du bist in sein Häuschen eingebrochen und hast die Sachen gefunden«, sagte Caleb hitzig. »Du hast keinen Respekt vor dem Besitz anderer, Annabelle Conroy. Das ist unerhört. Wirklich.«
Sie holte ein Buch aus ihrer Tasche und zeigte es dem Bibliothekar.
Caleb warf einen Blick auf den Titel. »Ja, das ist Russisch«, sagte er und schaute es sich genauer an. »Es ist ein Buch über russische Politik, aber es ist schon mehrere Jahrzehnte alt. Warum sollte er so ein Buch mitnehmen?«
»Vielleicht wollte er nach Russland fliegen und seine Sprachkenntnisse aufpolieren«, meinte Finn. »Deshalb liest man doch fremdsprachige Bücher, oder?«
»Weshalb sollte Oliver nach Russland fliegen?«, fragte Reuben. »Wie will er überhaupt dorthin kommen? Er hat keinen Pass. Er hat überhaupt keine Papiere, mit denen er sich ausweisen könnte. Ganz zu schweigen von dem Geld für den Flug.«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, wie er nach Russland kommen könnte«, sagte Annabelle.
»Du meinst, indem die amerikanische Regierung ihn dorthin schickt?«, erwiderte Finn.
»Ja.«
»Im Auftrag der Regierung!«, rief Caleb. »Aber er arbeitet nicht für die Regierung. Nicht mehr.«
»Vielleicht hat sich das geändert«, sagte Annabelle. »Ich meine, sie haben ihm ja die Ehrenmedaille verleihen wollen.«
»Oliver steigt wieder ins Geschäft ein«, murmelte Reuben. »Nach all den Jahren. Ich kann es nicht glauben.«
»Und nach allem, was sie ihm angetan haben«, fügte Finn leise hinzu.
»Warum sollte er wieder einsteigen?«, fragte Caleb. »Wenn wir eins von Oliver wissen, dann, dass er der Regierung nicht vertraut.«
»Vielleicht hatte er keine andere Wahl«, überlegte Finn.
»Aber er ist keine zwanzig mehr«, sagte Annabelle. »Er wäre gestern Abend um ein Haar getötet worden. Wenn er nach Russland fliegt, kommt er vielleicht nicht mehr zurück.«
»Klar, er ist älter geworden, aber auch klüger«, meinte Reuben. »Ich würde nicht unterschätzen, was noch in ihm steckt.«
»Er wäre in diesem Gefängnis in Divine beinahe gestorben, Reuben«, sagte Annabelle mahnend. »Und Milton ist gestorben«, fügte sie mit brutaler Ehrlichkeit hinzu.
Reuben, der Milton Farb sehr nahegestanden hatte, blickte auf seine Hände. »Vielleicht sind wir alle mittlerweile zu alt für diesen Scheiß.«
»Wie wollt ihr das mit Oliver auf die Reihe kriegen?«, sagte Finn. »Wir alle wissen, dass er uns nicht um Hilfe bitten wird. Nicht nach dem, was in Divine geschehen ist.«
»Genau«, pflichtete Caleb ihm bei. »Er wird nichts tun, was uns in Gefahr bringen könnte.«
»Dann sollten wir vielleicht nicht darauf warten, dass er uns um Hilfe bittet«, sagte Annabelle. »Wir sollten die Initiative ergreifen.«
»Was meinst du damit?«, fragte Reuben. »Dass wir hinter ihm herschnüffeln?«
»Nein, aber wir können eine gemeinsame Front bilden und ihm sagen, was wir denken.«
»Ich weiß nicht, ob das eine so tolle Idee ist«, meinte Reuben.
Annabelle stand auf. »Na schön. Wenn ihr auf seine Todesanzeige warten wollt … prima. Ich werde das nicht tun.« Sie drehte sich um und ging davon.
»Annabelle!«, rief Reuben ihr hinterher.
Sie drehte sich nicht einmal um.
»Sie ist sehr stur«, sagte Caleb. »Wie die meisten Frauen. Wahrscheinlich habe ich deshalb nie geheiratet.«
Reuben funkelte ihn wütend an. »Dafür gibt es wohl andere Gründe, Caleb.«
KAPITEL 14
Der Verkehr in Washington war noch schlimmer als sonst, weil jemand vor dem Weißen Haus eine Bombe zur Explosion gebracht hatte, zumindest für viele frustrierte Pendler. In sämtlichen Richtungen waren Straßensperren errichtet worden, sodass die Hauptstadt nun an ein Labyrinth aus eingezäunten Viehpferchen erinnerte. Fahrzeuge der Metro Police und schwarze SUVs des Secret Service standen aufgereiht vor und hinter den Barrieren, um jeden zu entmutigen, sich ihnen zu nähern.
Stone und Chapman sahen sich trotz der Ausweise der MI6-Agentin gezwungen, den Wagen stehen zu lassen und zu Fuß zu gehen. An jedem Checkpoint wurde telefoniert, während die Dokumente der Engländerin überprüft und ihr weiteres Vordringen von höherer Stelle genehmigt wurde. Stone war klar, dass keiner der Streifenbeamten oder
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