Der Auftrag
auch noch andere Gründe, einen weiten Bogen um den Ort zu schlagen. Militärische Gründe, die der General einfach zu ignorieren beschlossen hatte. Der Zuchtkomplex befand sich im Inneren eines tafelförmigen Berges. Der Berg hatte steile Wände und grenzte an einer Seite an einen unpassierbaren Regenwald, an der anderen an einen reißenden Strom. Zugang konnte man sich nur verschaffen, wenn man auf dem Hochplateau selbst landete und sich dann durch ein veritables Labyrinth aus Höhlen und Tunnels den Weg nach unten erkämpfte. Jeder Fußbreit des Zugangs würde von fanatischen Kriegern verteidigt werden, Kriegern, die nicht nur um ihre Freiheit, sondern um die schiere Existenz ihrer Rasse kämpften. Ein solcher Angriff würde mehr als nur selbstmörderisch sein, er wäre unglaublich dumm und würde katastrophale Folgen haben.
Baldwin schluckte hart. »Sir, ich bitte Sie, sich das noch einmal zu überlegen. Es wird extrem schwierig sein, durch den Tunnelkomplex vorzudringen. Die Eingeborenen werden jeden Fußbreit des Tunnels verteidigen und uns in alle Ewigkeit hassen, wenn wir gewinnen.«
Kopek nickte, als habe er eben diese Einwände erwartet. »Genau die Vorwände, die man von einem Feigling erwarten kann. Antrag abgelehnt.«
Baldwin nahm Haltung an. »In dem Fall erbitte ich die Erlaubnis des Generals, den Angriff anführen zu dürfen.«
Kopek wischte seine Worte einfach weg und ließ sich von seinem Burschen sein Offiziersstöckchen mit der Goldspitze reichen. »Seien Sie nicht albern. Ich beabsichtige keineswegs, Ihnen die Möglichkeit zu geben, meine Bemühungen zu sabotieren. Nein, Sie werden dort sein, wo Feiglinge hingehören, in Sicherheit. Wache! Colonel Baldwin steht unter Arrest, bringen Sie ihn in die Arrestzelle.«
Baldwin leistete immer noch erregt brüllend Widerstand, als die Wachen ihn in die schlammige Arrestzelle warfen, bettelte immer noch um Gehör, als die Truppentransporter aufstiegen, und brach schließlich in Tränen aus, als ihr Motorengeräusch verhallt war.
Das Massaker, das sich dem anschloss und in dem Kopek als einer der Ersten den Tod fand, hatte im ganzen Imperium für Schlagzeilen gesorgt. Eine dramatische Entwicklung.
Es spielte keine Rolle, dass der Angriff schlecht vorbereitet war, dass über zweitausend Soldaten gefallen waren und dass die Eingeborenen die Menschen auf ihre isolierten Stützpunkte zurückgetrieben hatten - Kopeks Unfähigkeit würde ein schlechtes Licht auf seinen Onkel werfen, also wurde die Wahrheit entstellt und eine völlig andere Version des Geschehens im ganzen Imperium verbreitet.
Kopek durchlief dabei eine Metamorphose vom unfähigen Stümper zum Helden. Der Imperator selbst hatte einen Kranz auf den Sarg des jungen Kriegers gelegt. Auf jeder Welt, die sich um imperiale Gunstbeweise bemühte, hatte man Kopek-Statuen errichtet, und drei verschiedene, in abenteuerlichem Maße von den Tatsachen abweichende Holovids waren aufgenommen worden. Und Colonel Alexander Baldwin hatte man vor ein Kriegsgericht gestellt.
Er sah sich vernichtender Kritik ausgesetzt, wurde als Feigling abgestempelt und degradiert. Jemand musste als Sündenbock herhalten, jemand musste den Preis für diese Katastrophe bezahlen, und er war dafür der logische Kandidat.
Die Bitterkeit, die diese Ungerechtigkeit erzeugte, hatte sich tief in Baldwins Seele gebrannt und ihn auf einen Weg gebracht, an dessen Ende die Rache stand.
Norwood war einen Augenblick lang verwirrt, als sie aus Baldwins Erinnerungen heraustrieb und wieder sie selbst wurde. Floß Eins sandte besänftigende Gedanken.
»Jener, der sich Baldwin nennt, schläft jetzt. Wenn er erwacht, wird er sich besser fühlen.«
»Was ist mit seinem Einsatz? Ihr wolltet mit einem Soldaten sprechen.«
»Ich spreche mit einem Soldaten«, erwiderte Floß Eins locker. »Einem zurechnungsfähigen Soldaten. Wir würden deinen Rat schätzen.«
Norwood dachte laut. »Ich vermute, dass die Hudathaner ihr Schiff gerne zurückbekommen würden, aber wenn nötig auch bereit sind, es zu opfern.«
»Ja«, pflichtete Floß Eins ihr bei, »Baldwins Gedanken bestätigen, was du sagst. Da ist noch etwas. Er glaubt, dass der, der Poseen-Ka genannt wird, >Zeit schindet<, also bewusst den Kampf vermeidet, während er darauf wartet, dass deine Rasse reagiert.«
»Höchst interessant«, sinnierte Norwood. »Ich frage mich, was Poseen-Ka wirklich denkt. Doch unwidersprochen bleibt, dass die Hudathaner über die Mittel verfügen, euren
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