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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Schlamassel rauszukommen? Ich glaube nicht, daß das in Ottawa oder Washington große Begeisterung auslösen würde.«
    »Was machen wir dann? Untätig abwarten?«
    »Nein, wir fliegen in die Staaten und verstärken die Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Premierministers. Tariq ist nicht umsonst nach Nordamerika gekommen. Irgendwann muß er sein Vorhaben ausführen.«
    »Und was ist, wenn er's nicht auf den Premierminister abgesehen hat?«
    »Im Augenblick geht's mir allein um die Sicherheit des  Premierministers.«
    »Jacqueline wäre sicher beruhigt, wenn sie das wüßte.«
    »Sie wissen, was ich meine, Gabriel. Kommen Sie mir nicht  mit Haarspaltereien.«
    »Eines haben Sie vergessen, Ari. Sie hat keinen Reisepaß mehr.«
    Gabriel hielt ihre Umhängetasche hoch. »Der ist hier drin.  Wie will er sie ohne Paß über die Grenze bringen?«
    »Tariq hat offenbar andere Vorkehrungen getroffen.«
    »Oder vielleicht hat er gar nicht vor, sie über die Grenze zu bringen. Vielleicht ermordet er sie vorher.«
    »Deshalb hätten Sie schießen sollen, Gabriel.«

4 0 Sabrevois, Quebe c
    Jacqueline hatte versucht, sich die Straßenschilder zu merken. Route 40 durch Montreal. Route 10 über den Fluß. Route 35 aufs Land. Jetzt dies hier: Route 133, eine einspurige Provinzstraße, die sich durch die Ebenen Südquebecs zog. Eigenartig, wie rasch das kosmopolitische Montreal dieser dünnbesiedelten Schneewüste gewichen war. Eine schwach leuchtende Mondsichel hing, von einem Hof aus Eiskristallen umgeben, tief über dem Horizont. Vom Wind getriebener Schnee wirbelte wie ein Sandsturm über den Asphalt. Von Zeit zu Zeit tauchten Objekte aus dem Dunkel auf. Getreidesilos, die über den Schneewall am Straßenrand aufragten. Eine abgedunkelte landwirtschaftliche Lagerhalle. Weit voraus sah sie buntes Neonlicht. Als sie näher kamen, erkannte sie, daß die Neonröhren die Umrisse von Frauen mit Riesenbrüsten nachbildeten: ein Striplokal am Ende der Welt. Sie fragte sich, wo sie ihre Mädchen herbekamen. Vielleicht hatten die Farmer Spaß daran, ihre Schwestern und Freundinnen oben ohne tanzen zu sehen. Ödnis, dachte sie. Dieses Wort muß hier entstanden sein.
    Nach einer Stunde Fahrt waren sie nur noch wenige Meilen von der US-Grenze entfernt. Wie will er mit mir über die Grenze kommen, fragte sie sich, wenn mein Paß mit meinen übrigen Sachen auf der Rue St. Denis in Montreal liegt?
    Mein Reisepaß und das Feuerzeug mit dem Peilsender…
    Alles war rasend schnell gegangen. Nachdem sie Gabriel erkannt hatte, hatte sie weggesehen und sich darauf gefaßt gemacht, was ihrer Überzeugung nach als nächstes passieren würde. Dann war plötzlich der Wagen aufgetaucht, und Tariq hatte sie so brutal hineingestoßen, daß die Tasche von ihrer Schulter gerutscht war. Als sie davonrasten, hatte sie ihn angeschrien, er solle umkehren, weil sie ihre Tasche verloren habe, aber er hatte sie ignoriert und den Fahrer aufgefordert, schneller zu fahren. Erst dann hatte Jacqueline gesehen, daß die Frau, die sie als Leila kannte, am Steuer saß. Einige Straßenblocks weiter hatten sie das Fahrzeug gewechselt. Ihr neuer Fahrer war der Mann, der in der unterirdischen Espressobar seinen Aktenkoffer für Tariq zurückgelassen hatte. Diesmal fuhren sie etwas weiter bis nach Montreal-Outremont. Dort wechselten sie erneut das Fahrzeug. Jetzt fuhr Tariq.
    Er schwitzte stark. Im rötlichen Licht der Instrumentenbeleuchtung sah Jacqueline seine Haut schweißnaß glänzen. Er war leichenblaß und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Seine rechte Hand zitterte.
    »Willst du mir nicht wenigstens erklären, was in Montreal passiert ist?«
    »Das war eine Sicherheitsmaßnahme, reine Routine.«
    »So was nennst du Routine? Wieso sind wir dann nicht umgekehrt und haben meine Tasche geholt?«
    »Ich werde häufig vom israelischen Geheimdienst und seinen Freunden im Westen überwacht. Auch meine Feinde innerhalb der Palästinenserbewegung lassen mich beschatten. Mein Instinkt hat mir gesagt, daß mich irgend jemand in Montreal beobachtet hat.«
    »Diese Farce hat mich meine Handtasche mit dem gesamten Inhalt gekostet.«
    »Mach dir deswegen keine Sorgen, Dominique. Ich ersetze dir alles.«
    »Manche Dinge sind unersetzlich.«
    »Wie dein goldenes Feuerzeug?«
    Jacqueline spürte, daß ihre Magennerven sich verkrampften.
    Sie erinnerte sich, wie Jusef auf der Fahrt zu der Wohnung in Hounslow mit ihrem Feuerzeug gespielt hatte.
    O Gott, er weiß Bescheid. Sie

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