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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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absetzen. Die anderen könnten in der Old City untertauchen.«
    Im diesem Augenblick wurde leise angeklopft. Jadin murmelte ein paar Worte durch die geschlossene Tür, dann öffnete er sie. Ein jungenhafter Mann mit blondem Haar und blauen Augen trat ein.
    »Ich habe sie auf Video.«
    »Lassen Sie mal sehen«, verlangte Schamron.
    Der junge Mann verband seinen tragbaren Recorder mit dem Fernseher und zeigte ihnen die Aufnahme: Jacqueline und der Mann, der sich Lucien Daveau nannte, schlenderten durch die unterirdische Einkaufspassage. Der Videofilm war von der nächsthöheren Ebene aus aufgenommen worden.
    Schamron lächelte zufrieden. »Das ist er! Todsicher.«
    »Wie können Sie das bei diesem Aufnahmewinkel beurteilen?« fragte Gabriel.
    »Sehen Sie sich diesen Mann an. Sehen Sie sich die Fotos an.  Das ist er!«
    »Wissen Sie das bestimmt?«
    »Ja, das weiß ich bestimmt!«
    Schamron stellte den Fernseher ab. »Was ist los, Gabriel?«
    »Ich will nur nicht den Falschen erschießen.«
    »Das ist Tariq. Verlassen Sie sich darauf.«
    Schamron betrachtete den Stadtplan von Montreal. »Zvi, zeigen Sie mir die Rue St. Denis. Ich will diese Sache heute abend zu Ende bringen und nach Hause fliegen.«

39 Montreal
    Um acht Uhr verließen sie das Hotelzimmer und fuhren mit dem Aufzug in die Hotelhalle hinunter. Der abendliche Andrang an der Rezeption war vorüber. Ein japanisches Paar ließ sich von einem Fremden fotografieren. Tariq blieb stehen, wandte sich ab und klopfte demonstrativ seine Taschen ab, als habe er etwas Wichtiges vergessen. Als das Foto geknipst war, ging er weiter. Aus der Hotelbar drang Gebrüll: Amerikaner, die sich im Fernsehen ein Footballspiel ansahen. Sie fuhren mit einer Rolltreppe ins unterirdische Montreal hinunter und gingen die kurze Strecke zur nächsten Metrostation. Er achtete darauf, sie immer rechts neben sich zu haben. Ihr fiel ein, daß er Linkshänder war - offenbar wollte er vermeiden, daß sie seinen Arm festhalten konnte, wenn er nach seiner Waffe greifen mußte. Sie überlegte, welche Art Waffe er bevorzugte. Richtig, eine Makarow-Pistole. Er hatte eine Vorliebe für die Makarow.
    Tariq ging durch die Metrostation, als kenne er sich dort aus. Sie stiegen in eine U-Bahn und fuhren nach Osten zur Rue St. Denis. Als sie aus der Metrostation auf den belebten Boulevard traten, verschlug die schneidende Kälte Jacqueline fast den Atem.
    Es kann an einem ruhigen, völlig geheimen Ort passieren, oder es kann mitten auf einer belebten Straße geschehen…
    Sie hielt ihren Blick gesenkt und widerstand dem Drang, sich nach Gabriel umzusehen.
    Vielleicht siehst du mich kommen, vielleicht auch nicht. Siehst du mich kommen, darfst du mich nicht ansehen. Du darfst nicht zusammenzucken. Du darfst keinen Laut von dir geben…
    »Etwas nicht in Ordnung?«
    Er sprach, ohne sie dabei anzusehen.
    »Ich friere entsetzlich.«
    »Bis zum Restaurant ist's nicht weit.«
    Sie kamen an einigen Bars vorbei. Aus einer Kellertaverne drang der wehmütige Sound einer Bluesband herauf. Ein Laden für gebrauchte CDs und Schallplatten. Ein vegetarisches Restaurant. Ein Tätowierstudio. Dann kam ihnen eine Gruppe von Skinheads entgegen. Einer der jungen Männer sagte etwas Ordinäres zu Jacqueline. Tariq musterte ihn eisig; der Skinhead hielt den Mund und ging rasch weiter.
    Sie erreichten das Restaurant, ein etwas von der Straße zurückgesetztes viktorianisches Gebäude. Der Maître d'hòtel half ihnen aus den Mänteln und begleitete sie zu einem Fenstertisch im ersten Stock. Tariq setzte sich so, daß er hinaussehen konnte. Jacqueline sah, wie seine Augen die Straße absuchten. Als der Ober kam, bestellte sie sich ein Glas Bordeaux.
    »Monsieur Daveau?«
    »Für mich bitte nur ein Mineralwasser«, sagte er. »Ich habe etwas Kopfschmerzen.«
    Das italienische Restaurant lag genau gegenüber auf der anderen Seite der Rue St. Denis. Um es zu erreichen, mußten Gabriel und Deborah einige mit Eis bedeckte Stufen hinuntergehen. Direkt am Fenster war kein Tisch mehr frei, aber auch aus der zweiten Reihe konnte Gabriel noch Jacquelines langes schwarzes Haar hinter dem Fenster im ersten Stock sehen. Schamron und Zvi Jadin saßen draußen in einem gemieteten Van. Am südlichen Ende des Straßenblocks, näher am Rand der Old City, wartete einer von Jadins Männern am Steuer des Fluchtfahrzeugs. Ein weiterer Mann saß in einem Kombi, der einen Block weiter westlich auf der Rue Sanguinet geparkt war. Tariq war

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