Der Auftraggeber
weiß, daß Allon kommt, habe ich einen entscheidenden Vorteil.«
Er zog die Makarow aus dem Hosenbund, hielt ihr die Mündung unters Kinn. »Bist du ein braves Mädchen, benimmst du dich anständig, lassen wir dich leben. Sobald Leila dieses Telefongespräch geführt hat, muß sie die Wohnung verlassen. Es hängt von ihr ab, ob Ari Schamron eine an dieses Bett gefesselte Leiche findet. Hast du mich verstanden?«
Aus dem Blick, mit dem Jacqueline ihn anstarrte, sprach kalte Überheblichkeit. Er drückte die Pistolenmündung ins weiche Fleisch ihrer Kehle, bis sie unter dem Knebel aufstöhnte.
»Hast du mich verstanden?«
Sie nickte.
Tariq stand auf und steckte die Makarow wieder in seinen Hosenbund. Er ging ins Wohnzimmer hinüber, zog Mantel und Handschuhe an und verließ die Wohnung.
Ein klarer, kalter Nachmittag, trotz strahlenden Sonnenscheins. Tariq setzte eine Sonnenbrille auf, schlug den Mantelkragen hoch. Er schlenderte die Coney Island Avenue mit ihren vielen Läden entlang, bis er ein Geschäft fand, das Lebensmittel aus Nordafrika und dem Nahen Osten führte. Er betrat den engen kleinen Lebensmittelmarkt, an dessen Tür bei seinem Eintritt eine kleine Glocke bimmelte, und wurde sofort von heimatlichen Düften überwältigt. Kaffee und Gewürze, Lammbraten am Spieß, Honig und Tabak.
Hinter der Verkaufstheke stand ein Jugendlicher. Er trug ein Sweatshirt der New York Yankees, hatte ein Mobiltelefon am Ohr und telefonierte in rasend schnellem Arabisch mit marokkanischem Akzent.
»Datteln«, sagte Tariq auf englisch. »Ich möchte getrocknete Datteln.«
Der Junge machte eine kurze Pause. »Ganz hinten links.«
Tariq suchte sich seinen Weg durch die engen Gänge bis in den rückwärtigen Teil des Ladens. Die Schachteln mit Datteln lagen im obersten Regalfach. Als er nach einer griff, spürte er, wie die Makarow gegen sein Kreuz drückte. Er nahm die Schachtel in die Hand und las das Etikett. Tunesien. Ideal.
Er zahlte und verließ den Laden. Von der Coney Island Avenue aus ging er durch ruhige Wohnstraßen nach Osten, an kleinen Apartmentgebäuden und winzigen Klinkerhäusern vorbei, bis er die U-Bahnstation Newkirk Avenue erreichte. Er kaufte einen Jeton, ging die Treppe zu dem kleinen exponierten Bahnsteig hinunter. Zwei Minuten später bestieg er einen Q Train nach Manhattan.
Gabriel fürchtete allmählich, Tariq nie zu finden. In diesem Augenblick raste er mit den übrigen Leibwächtern des Premierministers auf dem Beifahrersitz eines schwarzen Minivans die Park Avenue entlang. Wenige Meter vor ihnen fuhr die Limousine des Premierministers. Rechts neben sich hatten sie einen Motorradpolizisten. Gabriel trug einen grauen Anzug, den einer der Leibwächter ihm geliehen hatte. Das Jackett war zu groß, die Hose zu kurz. Er kam sich wie ein Idiot vor - wie jemand, der in Freizeitkleidung in ein vornehmes Restaurant kommt und sich den Hausblazer leihen muß. Aber das spielte keine Rolle; er hatte andere Sorgen.
Bisher war der Tag ohne Probleme verlaufen. Der Premierminister hatte mit ein paar einflußreichen Investmentbankern Kaffee getrunken und über Anlagemöglichkeiten in Israel diskutiert. Dann war er zur New Yorker Börse gefahren. Gabriel war die ganze Zeit über an seiner Seite gewesen. Er überließ nichts dem Zufall, Auf der Suche nach Tariq starrte er in alle Gesichter die der Banker, der Händler, der Hausmeister, der Gaffer Auf der Straße. Er erinnerte sich an Tariqs Gesicht aus der Rue St. Denis in Montreal, an sein höhnisches Lächeln, als er Jacqueline in den Wagen stieß und mit ihr davonfuhr.
Er fragte sich, ob sie noch lebte. Er dachte an die ermordeten Frauen, die Tariq in seinem Kielwasser zurückgelassen hatte: die Amerikanerin in Paris, die Nutte in Amsterdam, die Verkäuferin in Wien.
Gabriel lieh sich das Mobiltelefon eines Leibwächters und rief Schamron in der Botschaft an. Schamrom hatte nichts gehört. Gabriel beendete die Verbindung, fluchte halblaut vor sich hin. Die Sache wurde allmählich hoffnungslos. Tariq hatte sie anscheinend wieder überlistet.
Die Autokolonne fuhr in die Tiefgarage des Waldorf-Astoria und hielt am Lift. Der Premierminister stieg aus und schüttelte ein paar Hände, bevor er in den großen Ballsaal geleitet wurde. Gabriel folgte ihm mit wenigen Schritten Abstand. Als der Premierminister den Ballsaal betrat, erhoben sich tausend Gäste und begannen zu klatschen. Der Applaus war ohrenbetäubend. Er hätte einen Schuß ohne weiteres
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