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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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übertönen können. Der Premierminister, der diesen herzlichen Empfang sichtlich genoß, trat ans Rednerpult. Gabriel machte langsam einen Rundgang durch den Saal und hielt Ausschau nach Tariq.
    Auf dem U-Bahnhof Broadway-Lafayette Street stieg Tariq aus dem Q Train in die stadtauswärts fahrende U-Bahn Nummer 5 um. Er stieg an der East Eightysixth Street aus, schlenderte von der Lexington Avenue quer durch die Innenstadt zur Fifth Avenue hinüber und sah sich unterwegs die prächtigen alten Apartmentgebäude und die aus rotbraunem Sandstein erbauten Häuser an. Dann ging er zwei Straßenblocks weiter zur Eightyeighth Street hinauf und blieb gegenüber einem luxuriösen Apartmentgebäude mit Blick über den Central Park stehen. Auf der Eightyeighth Street parkte ein Lastwagen des Partydiensts Elite Catering in der zweiten Reihe; Kellner in weißen Smokingjacketts trugen Tabletts, Essen und Getränkekartons durch den Hintereingang ins Haus. Tariq sah auf seine Uhr. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern. Er überquerte die Fifth Avenue, setzte sich an einer sonnigen Stelle auf eine Parkbank und wartete.
    Jacqueline schloß die Augen, versuchte klar zu denken. Tariq wollte Technologie und Ressourcen des Dienstes nutzen, um Gabriel in eine Falle zu locken. Sie stellte ihn sich in seiner neuen Verkleidung vor; selbst sie hatte ihn kaum wiedererkannt, obwohl sie in den letzten 18 Stunden jede Minute mit ihm zusammen gewesen war. Für Gabriel würde es schwierig, wenn nicht unmöglich sein, ihn zu erkennen. Tariq hatte recht, wenn er behauptete, alle Vorteile lägen auf seiner Seite. Gabriel würde ihn nicht einmal kommen sehen.
    Leila, deren Pistole vorn im Hosenbund ihrer Jeans steckte, kam mit einem Becher Tee in den Händen herein. Sie ging langsam auf und ab, betrachtete Jacqueline, trank mit kleinen Schlucken. Dann setzte sie sich auf die Bettkante. »Eines würde mich noch interessieren, Dominique. Hast du mit Tariq geschlafen, als ihr in Montreal wart?«
    Jacqueline starrte sie stumm an und versuchte zu ergründen, inwiefern diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt relevant sein konnte. Leila zog Jacquelines Bluse aus ihren Jeans, legte so ihren Bauch frei und kippte den kochendheißen Tee über ihre Haut.
    Der Knebel dämpfte Jacquelines Schmerzensschrei. Leila blies wie zum Spott zärtlich auf die verbrühte Stelle und bedeckte sie wieder mit der Bluse. Selbst das Gewicht des leichten Baumwollstoffs war schmerzhaft. Sie schloß die Augen und spürte, daß ihr heiße Tränen über die Wangen liefen.
    »Also, versuchen wir's noch mal«, sagte ihre Peinigerin. »Hast du jemals mit Tariq geschlafen?«
    Jacqueline schüttelte den Kopf, ohne die Augen zu öffnen.
    »Schade für dich«, sagte Leila. »Er soll ein wundervoller Liebhaber sein. Die Amerikanerin in Paris hat mir von ihm vorgeschwärmt - mit allen Details. Für sie war's ein Glück, denke ich, daß er sie erschossen hat. Kein Mann hätte sie jemals wieder so geliebt wie er. Ihr Liebesleben wäre eine einzige Kette von Enttäuschungen gewesen.«
    Jacqueline erkannte, daß sie diesen Raum nie mehr lebend verlassen würde. Leila war eine Psychopathin, die nicht die Absicht hatte, sie mit dem Leben davonkommen zu lassen. Sie würde es vermutlich sogar genießen, Jacqueline ins Jenseits zu befördern. Nein, dachte sie, wenn ich sterben muß, will ich die Umstände selbst bestimmen. Ich will bei dem Versuch sterben, Gabriel zu retten.
    Aber wie?
    Sie mußte sich eine Gelegenheit zur Flucht verschaffen. Voraussetzung dafür war, daß sie Leila dazu brachte, sie aufstehen zu lassen.
    Jacqueline gelang es, trotz des Knebels zu murmeln: »Ich muß aufs Klo.«
    »Was hast du gesagt?«
    Sie wiederholte ihre Worte mit etwas mehr Nachdruck.
    »Wenn du mußt, kannst du gleich hier.«
    »Bitte«, sagte Jacqueline.
    Leila stellte den leeren Teebecher auf den Fußboden und zog die Pistole aus dem Hosenbund ihrer Jeans. »Denk daran, wir brauchen dich nicht mehr. Versuchst du abzuhauen, schieße ich dir dein schönes Gesicht weg. Hast du verstanden?«
    Jacqueline nickte.
    Leila schloß die Handschellen auf, befreite erst Jacquelines Hände, dann ihre Füße.
    »Steh auf«, sagte sie. »Langsam . Und geh mit den Händen hinter dem Kopf langsam ins Bad.«
    Jacqueline gehorchte schweigend. Sie ging ins Bad, drehte sich um und wollte die Tür schließen. Aber Leila stemmte eine Hand dagegen und zielte mit ihrer Waffe auf Jacquelines Gesicht. »Halt, die Tür bleibt

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