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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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lieber im Dunkeln arbeiten, Herr Heller, aber ich will Ihr Gesicht sehen. Was wollen Sie?« »Kommen Sie, wir machen eine kleine Autofahrt.«
    Sie rasten eine schmale Landstraße zwischen hohen Heckenreihen entlang. Gabriel, der nur mit einer Hand lenkte, fuhr sehr schnell. Als Schamron ihn bat, langsamer zu fahren, trat er das Gaspedal noch weiter durch. Schamron versuchte ihn mit Zigarettenqualm zu strafen, aber Gabriel ließ die Fenster herunter, so daß eisige Luft hereinströmte. Schamron signalisierte seine Kapitulation, indem er die Zigarette ins Dunkel hinauswarf.
    »Sie wissen, was in Paris passiert ist?«
    »Ich habe die Fernsehberichte gesehen und die Zeitungsmeldungen gelesen.«
    »Diese Leute in Paris haben gute Arbeit geleistet - bessere Arbeit als alles, was wir seit langem gesehen haben. Sie waren gut, wie der Schwarze September gut gewesen ist. Das waren keine Steinewerfer oder Jungs, die mit zwanzig Kilogramm Semtex am Leib in einen Supermarkt gehen. Das waren Profis, Gabriel.«
    Gabriel konzentrierte sich aufs Fahren, nicht auf Schamrons Stakkato. Ihm gefiel die Reaktion nicht, die dessen Worte bereits in ihm ausgelöst hatten. Sein Puls hatte sich beschleunigt, und seine Handflächen waren feucht.
    »Sie hatten ein großes Team - zehn, vielleicht zwölf Leute. Sie hatten Geld, Autos, falsche Pässe. Sie haben den Anschlag bis ins letzte Detail minutiös geplant. Die ganze Sache war in dreißig Sekunden vorbei. Innerhalb einer Minute war kein Mitglied des Teams mehr auf der Brücke. Allen ist die Flucht gelungen. Die Franzosen haben nicht die geringste Spur von  ihnen entdeckt.«
    »Was hat das alles mit mir zu tun?«
    Der Alte schloß die Augen und zitierte aus der Heiligen Schrift: »›Ich will große Rache an ihnen üben und mit Grimm sie strafen, daß sie erfahren sollen, ich sei der Herr, wenn ich meine Rache an ihnen geübt habe.‹«
    »Hesekiel«, sagte Gabriel.
    »Ich bin der Überzeugung, wenn jemand einen Angehörigen meines Volkes tötet, sollte ich ihn töten. Glauben Sie das auch,  Gabriel?«
    »Früher habe ich's geglaubt.«
    »Ich glaube sogar, wenn ein Junge einen Stein aufhebt, um  ihn nach mir zu werfen, sollte ich ihn erschießen, bevor der Stein seine Hand verläßt.«
    Schamrons Feuerzeug flammte auf und beleuchtete sein von tiefen Falten durchzogenes Gesicht. »Vielleicht bin ich ein Fossil. Ich erinnere mich, wie ich mich an die Brust meiner Mutter gedrängt habe, als die Araber unsere Siedlung geplündert und niedergebrannt haben. Die Araber haben meinen Vater neunzehnhundertsiebenunddreißig während des Generalstreiks umgebracht. Habe ich Ihnen das jemals erzählt?«
    Gabriel hielt seinen Blick auf die kurvenreiche Landstraße gerichtet und schwieg.
    »Die Araber haben auch Ihren Vater umgebracht. Auf dem Sinai. Und Ihre Mutter, Gabriel? Wie lange hat sie Ihren Vater überlebt? Zwei Jahre? Drei Jahre?«
    Tatsächlich nur etwas über ein Jahr, dachte Gabriel, der sich an den Tag erinnerte, an dem sie ihren vom Krebs zerstörten Körper auf einem Hügel über dem Jezreeltal beigesetzt hatten. »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Ich will darauf hinaus, daß Rache gut ist. Rache ist gesund. Rache ist reinigend.«
    »Rache führt nur zu weiteren Morden und weiteren Racheakten. Hinter jedem Terroristen, den wir erschießen, steht ein weiterer Junge, der nur darauf wartet, vorzutreten und den Stein oder die Waffe aufzuheben. Sie sind wie Haizähne: Bricht man einen aus, wächst ein neuer nach.«
    »Wir sollen also nichts tun? Wollen Sie das damit sagen, Gabriel? Wir sollen beiseite treten und die Hände ringen, während diese Dreckskerle unsere Leute umbringen?«
    »Sie wissen, daß ich das nicht damit sagen will.«
    Schamron verstummte, während der Mercedes durch ein kaum beleuchtetes Dorf raste.
    »Es ist nicht meine Idee, müssen Sie wissen. Dahinter steht der Premierminister. Er will Frieden mit den Palästinensern schließen, aber das kann er nicht, solange die Extremisten faule Eier auf die Bühne werfen.«
    »Seit wann sind Sie ein Friedenskämpfer, Ari?«
    »Was ich davon halte, ist irrelevant. Ich bin nur ein Staatsdiener, der tut, was ihm befohlen wird.«
    »Bockmist.«
    »Also gut, wenn Sie meine Meinung hören wollen: Ich glaube, daß wir nach einem Friedensschluß nicht sicherer sind als jetzt. Meiner Überzeugung nach brennt in den Herzen der Palästinenser ein Feuer, das nicht erlöschen wird, bevor die Juden ins Meer getrieben sind. Und ich will Ihnen noch

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