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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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prägte sie sich ein. Das erinnerte ihn an seine Ausbildung mit den albernen Gedächtnisspielen und Wahrnehmungsübungen, bei denen es darauf angekommen war, die Stufen einer Treppe zu zählen, den Inhalt eines Schrankfachs zu registrieren oder sich die Kennzeichen eines Dutzends geparkter Autos zu merken - alles mit einem einzigen Blick.
    Schamron sprach weiter. Das abhörsichere Kabel der Londoner Station kam für elektronische Mitteilungen nicht in Frage, weil jede Übermittlung vom Stationschef genehmigt werden mußte. Im Notfall konnte Gabriel dem Kurier der Botschaft einen an Amos Argov adressierten Bericht mitgeben. Ein Freund im Außenministerium würde ihn an Schamron am King Saul Boulevard weiterleiten. Aber diese Möglichkeit durfte Gabriel nicht überstrapazieren. Er konnte auch keines der sicheren Häuser in London benutzen, weil sie von der Londoner Station verwaltet wurden und von Lev sorgfältig überwacht wurden.
    Als nächstes nannte Schamron Gabriel eine Telefonnummer in Oslo; dort eingehende Anrufe wurden automatisch zu seiner Villa in Tiberias umgeleitet. Diese Verbindung sollte er als nicht abhörsicher betrachten.
    »Sollte ein persönlicher Treff erforderlich sein, treffen wir uns in Paris«, fuhr Schamron fort. »Zur Erinnerung an alte Zeiten benutzen wir die Treffpunkte des Unternehmens gegen den Schwarzen September. Dieselben Abläufe, dieselben Notfallmaßnahmen, dieselbe Gestensprache. Erinnern Sie sich an die Pariser Treffpunkte?«
    »Paris vergißt man nie.«
    »Noch Fragen?«
    Gabriel schüttelte den Kopf.
    »Kann ich sonst noch was für Sie tun?«
    »Sie könnten Großbritannien so schnell wie möglich verlassen«, sagte Gabriel. Dann machte er kehrt und ging rasch davon.

1 0 St. James's, Londo n
    »Paß auf, Julie«, sagte Oliver Dimbleby, beugte seinen dicken Kopf über den Tisch und senkte die Stimme. »Ich weiß, daß du in der Klemme steckst. Die ganze Straße weiß, daß du in der Klemme steckst. In unserer Branche gibt's keine Geheimnisse, mein Lieber.«
    Oliver Dimbleby war ein rosiger Mann in einem rosa Oberhemd, der stets unangemessen mit sich selbst zufrieden zu sein schien. Sein aschblondes Haar war lockig und bildete über seinen Ohren kleine Hörnchen. Isherwood und Dimbleby waren so gute Freunde, wie das für zwei konkurrierende Londoner Kunsthändler überhaupt möglich war - was bedeutete, daß Isherwood ihn nur ein bißchen verabscheute.
    »Deine Geldgeber sind abgesprungen«, fuhr Dimbleby fort. »Du kannst nicht mal ein Bild verschenken. Sogar dein Mädchen des Monats ist dir vorzeitig weggelaufen. Oh, verdammt, wie hat sie gleich wieder geheißen?«
    »Heather.«
    »Ah, ja, Heather. Echt schade, eine wie sie zu verlieren, nicht wahr? Ich hätte Heather gern ein bißchen näher kennengelernt. Sie war bei mir, bevor sie zu Giles Pittaway gegangen ist. Tolles Mädchen, aber ich habe ihr erklärt, daß ich nie im Revier eines Freundes wildern würde. Hab' sie weggeschickt. Leider ist sie in die New Bond Street gegangen und dort dem Teufel in die Hände gefallen.«
    »Ich sitze also in der Klemme«, sagte Isherwood, um das Thema zu wechseln. »Worauf willst du hinaus?«
    »Pittaway ist an allem schuld, stimmt's? Er killt uns alle, was?«
    Dimbleby sprach mit leichtem Canterbury-Akzent, der nach den zwei Flaschen Burgunder, die sie zum Lunch bei Wilton's getrunken hatten, ausgeprägter geworden war. »Laß mich dir ein kleines Geheimnis anvertrauen, alter Junge. Wir sitzen alle im selben Boot. Es gibt keine Käufer mehr - und keine guten Bilder, die man ihnen verkaufen könnte, wenn es welche gäbe. Nur noch Moderne und Impressionisten, und mit van Goghs und Monets zu handeln, können sich nur die ganz Großen leisten. Neulich war ein Popstar bei mir in der Galerie. Wollte was fürs Schlafzimmer - als Ergänzung für seinen Quilt und seinen Santa-Fe-Tepρich. Ich hab' ihn zu Selfridges geschickt. Das hat er überhaupt nicht komisch gefunden, der Trottel. Mein Vater hat mich davor gewarnt, Kunsthändler zu werden. Manchmal wünsche ich mir wirklich, ich hätte auf den alten Scheißer gehört. Giles Pittaway hat aus dem ganzen Markt die Luft rausgesaugt. Und das mit solchem Mist! Jesus! Aber es ist Mist, stimmt's, Julie?«
    »Mehr als Mist, Oliver«, bestätigte Isherwood und goß ihnen Wein nach.
    »Letzte Woche bin ich an einer seiner Galerien vorbeigekommen. Im Schaufenster war ein sehr buntes, hochglänzendes Stück Scheiße von diesem französischen Blumenmaler aus

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