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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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hübsche Gemälde in deinem Tresor.«
    »Oliver!«
    »Du hast es sogar geschafft, dir einen gewissen Ruf zu bewahren. Ich möchte dein Bilderlager besichtigen und dir ein faires Angebot machen. Genug, um alle deine Schulden zu bezahlen. Anschließend möchte ich das Zeug aus deinem Lager zu Geld machen und ganz neu anfangen. Du kannst für mich arbeiten. Ich zahle dir ein großzügiges Gehalt und Verkaufsprovisionen. Davon kannst du recht gut leben, Julie.«
    »Für dich arbeiten? Bist du völlig übergeschnappt? Oliver, wie kannst du mir so was nur vorschlagen?«
    »Reg dich nicht auf. Spiel nicht den Beleidigten. Hier geht's ums Geschäft, nicht um persönliche Eitelkeiten. Du bist dem Ertrinken nahe, Julian. Ich werfe dir eine Rettungsleine zu. Sei kein Idiot. Nimm das verdammte Ding.«
    Aber Isherwood war aufgestanden und suchte in seinen Taschen nach Geld.
    »Julian, bitte. Behalt dein Geld. Ich habe dich zum Essen eingeladen. Sei doch vernünftig!«
    »Verpiß dich!«
    Isherwood warf zwei Zwanziger in Richtung von Dimblebys rosa Gesicht. »Wie kannst du's nur wagen, Oliver? Wirklich!«
    Er stürmte aus dem Restaurant und ging aufgebracht zu seiner Galerie zurück. Die Schakale von St. Johns's sammelten sich also, und der fette Oliver Dimbleby wollte sich das größte Stück des Kadavers sichern. Mich aufkaufen! Man stelle sich diese Frechheit vor! Man stelle sich vor, wie ich für diesen pummeligen kleinen Angeber arbeite! Er hatte nicht übel Lust, Giles Pittaway anzurufen und ihm die Geschichte von der zertrümmerten Schaufensterscheibe zu erzählen.
    Als Isherwood über den Mason's Yard marschierte, schwor er sich, nicht kampflos aufzugeben. Aber um kämpfen zu können, brauchte er einen verkaufsfähigen Vecellio, und dafür brauchte er Gabriel. Er mußte ihn finden, bevor Gabriel in Schamrons Netz geriet und für immer verschwand. Isherwood stieg die Treppe hinauf, sperrte auf und betrat die Galerie. Es war deprimierend, hier allein zu sein. Er war es gewöhnt, ein hübsches Mädchen am Schreibtisch sitzen zu sehen, wenn er vom Lunch zurückkam. Er setzte sich an seinen eigenen Schreibtisch, suchte Gabriels Nummer aus seinem Telefonbuch heraus, wählte sie, ließ es ein dutzendmal klingeln und knallte den Hörer auf die Gabel. Vielleicht ist er nur ins Dorf gegangen. Vielleicht ist er mit seinem verdammten Boot unterwegs.
    Oder vielleicht hat Schamron ihn bequatscht, wieder für ihn zu arbeiten.
    »Scheiße!« sagte er halblaut.
    Er verließ die Galerie, hielt auf dem Piccadilly ein Taxi an und ließ sich die Great Russell Street hinauffahren. Einige Straßenblocks vor dem Britischen Museum stieg er aus, zahlte und betrat das Geschäft für Künstlerbedarf der Firma L. Cornellissen & Son. Er fühlte sich eigenartig gelassen, als er, auf allen Seiten von lasierten Regalen mit Farben, Paletten,  Papieren, Leinwänden, Pinseln und Kohlestiften umgeben, auf dem abgetretenen Holzboden stand. Ein flachsblonder Engel namens Penelope lächelte ihm über den Ladentisch hinweg zu.
    »Hallo, Pen.«
    »Julian, super« , hauchte sie. »Wie geht's? Gott, Sie sehen ganz erledigt aus.«
    »Lunch mit Oliver Dimbleby.«
    Das genügte als Erklärung. »Hören Sie, Pen, ich frage mich, ob Sie unseren Freund gesehen haben. Er geht nicht ans Telefon, und ich fürchte allmählich, er könnte unten in Cornwall über einen Klippenrand gestürzt sein.«
    »Leider habe ich schon längere Zeit nicht mehr das Glück gehabt, diesen schönen Mann zu sehen.«
    »Hat sonst jemand im Laden von ihm gehört?«
    »Augenblick, ich frage mal nach.«
    Penelope fragte Margaret, und Margaret fragte Sherman, und Sherman fragte Tricia, und so ging es weiter, bis eine körperlose Männerstimme tief aus dem Ladeninneren - schätzungsweise zwischen Bleistiften und Acrylfarben - feierlich verkündete: »Ich habe erst heute morgen mit ihm gesprochen. Er hat hier angerufen.«
    »Darf man erfahren, was er wollte?« fragte Isherwood die Decke über sich.
    »Seine monatliche Materiallieferung abbestellen.«
    »Für wie viele Monate?«
    »Bis auf weiteres für alle Monate.«
    »Hat er gesagt, warum?«
    »Tut er das jemals, alter Junge?«
    Am nächsten Morgen sagte Isherwood sämtliche Termine für den Rest der Woche ab und nahm sich einen Leihwagen. Damit raste er fünf Stunden lang über die Autobahn. Nach Westen in Richtung Bristol. Nach Süden den Ärmelkanal entlang. Dann die lange Strecke durch Devon und Cornwall. Das Wetter war so unbeständig wie

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