Der Auftraggeber
Sofaecke fallen und legte die Füße auf eine Ottomane. Er löste seine Krawatte, knüllte sie zusammen und warf sie achtlos über eine Schulter auf den Teppich. Über seinem maßgeschneiderten gestreiften Hemd aus feinster ägyptischer Baumwolle trug er kastanienbraune Hosenträger. Seine goldenen Manschettenknöpfe waren so groß wie das Zifferblatt seiner massiv goldenen Armbanduhr. Angelina kam wieder herein, setzte ein Tablett mit Speisen ab und flüchtete aus dem Raum. Stone schenkte den Champagner in bierglasgroße Sektflöten. Er griff nach einer Erdbeere, tunkte sie in seinen Champagner und verschlang sie. Er schien sie unzerkaut hinunterzuschlucken. Schamron kam sich plötzlich wie Alice im Wunderland vor. Alles war zu groß: die Gläser, die Erdbeeren, die dicken Räucherlachsscheiben, der Großbildfernseher, in dem ohne Ton amerikanische Wirtschaftsnachrichten liefen, Stone und seine lächerliche Stimme.
»Können wir offen miteinander reden, Herr Heller?«
Schamron nickte. Ein Techniker der Londoner Station des Diensts hatte das Apartment am frühen Abend nach Wanzen abgesucht und keine Abhörmikrofone entdeckt.
»Ari, mein Freund!«
Stone stieß eine halbe Scheibe Toast in eine Silberschale mit Kaviar. Schamron beobachtete, wie Beluga für 300 Dollar in Stones Rachen verschwand. In den folgenden zwanzig Minuten unterhielt der Verleger ihn mit Geschichten über seine geschäftlichen Erfolge, seine wohltätigen Aktivitäten, seine jüngste Begegnung mit dem Prinzen von Wales und sein aktives und abwechslungsreiches Sexualleben. Er machte nur einmal eine Pause, um nach Angelina zu brüllen, damit sie eine weitere Schale Kaviar brachte. Schamron saß mit übergeschlagenen Beinen in seinem Sessel und sah zu, wie sein Champagner im Glas perlte. Gelegentlich murmelte er: »Wie interessant!« oder »Faszinierend.«
»Wie geht's Ihren Kindern?« stieß Stone hervor, indem er unerwartet das Thema wechselte. Schamron hatte einen Sohn, der bei der israelischen Armee in der Sicherheitszone im Südlibanon Dienst tat, und eine Tochter, die nach Neuseeland ausgewandert war, sich dort hatte einbürgern lassen und nie zurückrief, wenn er sie telefonisch zu erreichen versuchte.
»Gut«, sagte Schamron. »Und Ihren? Wie geht's den Jungs?«
»Christopher habe ich letzte Woche feuern müssen.«
»Das habe ich gehört.«
»Die Konkurrenz hat sich auf meine Kosten herrlich amüsiert, aber ich finde, ich habe damit Mut bewiesen. Ganz gleich, wie weit unten er in der Nahrungskette steht, weiß jetzt jeder Angestellte von Looking Glass, daß ich ein tougher Hundesohn bin - aber fair.«
»Dafür, daß er fünf Minuten zu spät zu einer Besprechung gekommen ist, war das ein bißchen streng.«
»Das Prinzip, Ari. Das Prinzip! Sie sollten einige meiner Methoden in Ihrem Laden anwenden.«
»Und Jonathan?«
»Abgehauen, um bei der Konkurrenz zu arbeiten. Habe ihm gesagt, daß er sein Erbe vergessen kann. Er hat gesagt, daß er's längst vergessen hat.«
Schamron schüttelte den Kopf über die Kinder.
»Was führt Sie also zu mir, Ari Schamron? Bestimmt nicht Hunger. Sie haben den Kaviar nicht angerührt. Oder den Champagner. Hocken Sie nicht einfach da. Reden Sie, Ari!«
»Ich brauche Geld.«
»Merke ich doch, nicht wahr? Bin schließlich kein Vollidiot. Sie haben praktisch Ihre Mütze in der Hand. Wofür brauchen Sie's? Packen Sie aus, Ari. Mein gutes Recht nach allem, was ich für Sie getan habe.«
»Es hängt mit dem Vorfall in Paris zusammen«, antwortete Schamron. »Mehr kann ich leider nicht sagen.«
»Kommen Sie, Ari! Ein bißchen mehr müssen Sie schon erzählen. Geben Sie mir was, woran ich mich festhalten kann.«
»Ich brauche es, um die Terroristen zu schnappen, die das Attentat verübt haben.«
»Ah, schon besser. Wieviel ist's diesmal?«
»Eine halbe Million.«
»In welcher Währung?«
»Dollar.« »Auf Raten oder in einem Betrag?« »Genaugenommen brauche ich wahrscheinlich eine Kreditlinie, deren Ausschöpfung davon abhängt, wie lange die Jagd dauert.«
»Ich denke, das läßt sich arrangieren. Wie soll die Auszahlung erfolgen?«
»Auf den Bahamas gibt es eine kleine Reederei, die Carlton Limited heißt. Ihr Containerschiff liegt im Trockendock. Die Reparaturarbeiten sind langwierig und viel teurer, als die Schiffseigner erwartet hatten. Sie brauchen rasch eine Finanzspritze, sonst besteht die Gefahr, daß die Carlton Limited mitsamt ihrem Schiff untergeht.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher