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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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üben konnten. Bei der letzten Überprüfung hatten sie es geschafft, ihren Auftrag in 22 Sekunden auszuführen.
    »Wir stehen vor Mutters Haus«, murmelte Gabriel in sein Mikrofon.
    »Stattet Mutter einen Besuch ab.«
    Gabriel drehte sich um und sagte: »Los!«
    Er öffnete die Tür des VW-Busses und überquerte die Straße, zügig gehend, nicht rennend. Hinter sich hörte er die gedämpften Schritte des Sajaret-Teams, das ihm folgte. Gabriel atmete mehrmals tief durch, um zu erreichen, daß sein Puls sich wieder beruhigte. Die Villa gehörte Chalil el-Wasir, besser als Abu Dschihad bekannt, der Operationschef der PLO und Jassir Arafats engster Mitarbeiter war.
    Vor der Villa schlief Abu Dschihads Fahrer am Steuer seines Mercedes, den Arafat ihm geschenkt hatte. Gabriel hielt die Mündung seiner Beretta mit Schalldämpfer ans Ohr des Fahrers, drückte ab und ging weiter.
    An der Haustür trat Gabriel beiseite, während zwei Sajaret-Leute an der massiven Tür einen besonders leisen Plastiksprengstoff anbrachten. Die Sprengladung detonierte mit einem gedämpften Knall, der leiser als ein Händeklatschen war, und die schwere Tür flog auf. Gabriel, der seine Beretta mit ausgestreckten Armen hielt, führte das Team in die Eingangshalle.
    Ein tunesischer Wachmann tauchte auf. Als er nach seiner Waffe griff, schoß Gabriel ihn mehrmals in die Brust.
    Gabriel stand über dem Sterbenden. »Sag mir, wo er ist«, forderte er ihn auf, »dann schieße ich dir nicht ins Auge.«
    Aber der Wachmann verzog nur schmerzlich das Gesicht und sagte nichts.
    Gabriel schoß ihm zweimal ins Gesicht.
    Er lief die Treppe hinauf, rammte unterwegs ein neues Magazin in seine Beretta und hielt auf das Arbeitszimmer zu, in dem Abu Dschihad die meisten Nächte am Schreibtisch verbrachte. Als er die Tür aufstieß, saß der Palästinenser vor einem Fernseher und sah sich eine Sendung über die Intifada an, die er von Tunis aus dirigieren half. Abu Dschihad griff nach seiner Pistole. Gabriel stürmte schießend auf ihn zu - genau wie er es in Schamrons Ausbildung gelernt hatte. Zwei der Schüsse trafen Abu Dschihad in die Brust. Gabriel stand über ihm, setzte ihm seine Waffe an die Schläfe und drückte noch zweimal ab. Der Körper des Mannes zuckte im Todeskampf.
    Gabriel lief wieder hinaus. Im Flur begegneten ihm Abu Dschihads Frau, die ihren kleinen Sohn auf dem Arm trug, und seine halbwüchsige Tochter. Sie schloß die Augen und drückte
    den Jungen noch fester an sich, während sie darauf wartete, daß Gabriel sie erschoß.
    »Zurück ins Zimmer!« rief er auf arabisch, und an die Tochter gewandt: »Du gehst mit und kümmerst dich um deine Mutter.«
    Gabriel rannte aus dem Haus, und das Sajaret-Team folgte ihm. Sie verteilten sich auf den VW-Bus und die beiden Peugeots und rasten davon. Sie fuhren durch Sidi Boussaid nach Rouad zurück, wo sie die Fahrzeuge am Strand zurückließen und ihre Schlauchboote zu Wasser brachten. Im nächsten Augenblick glitten sie mit hoher Fahrt über die schwarze Oberfläche des Mittelmeers auf die Lichter eines wartenden israelischen Schnellboots zu.
    »Dreizehn Sekunden, Gabriel! Du hast's in dreizehn Sekunden geschafft!»
    Das war die junge Frau. Sie streckte eine Hand aus, um ihn zu berühren, aber er wich zurück. Er beobachtete die Lichter des Schnellboots, dem sie sich näherten. Er sah zum tiefschwarzen Himmel auf, versuchte ihr Kommandoflugzeug zu finden und sah nur eine schmale Mondsichel und unzählige Sterne. Dann glaubte er wieder, die Gesichter von Abu Dschihads Frau und Kindern zu sehen, die ihn mit brennendem Haß anstarrten.
    Er warf die Beretta über Bord und begann zu zittern.
    Der Streit nebenan war zu Ende. Gabriel wollte nicht mehr an Tunis denken, deshalb stellte er sich vor, er segle mit seiner Ketsch durch die Helford Passage aufs Meer hinaus. Er dachte an den Vecellio, der von seinem verschmutzten Firnis befreit war, so daß die Schäden von Jahrhunderten bloßlagen. Er dachte an Peel, und er dachte erstmals an diesem Tag an Dani. Er erinnerte sich daran, wie er seinen zerfetzten Körper in Wien aus dem brennenden Autowrack gezogen, ihn hastig auf etwaige Lebenszeichen untersucht und Gott dafür gedankt hatte, daß der Kleine gleich tot gewesen war, statt noch einige Zeit mit einem Arm, einem Bein und einem halben Gesicht dahinzuvegetieren.
    Gabriel stand auf, ging im Zimmer auf und ab, versuchte die quälenden Bilder zu verdrängen und mußte aus irgendeinem Grund an Peels Mutter

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