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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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niemanden nah an sich herankommen zu lassen, überlegte, ob sie die nächste U-Bahn nehmen sollte, die vielleicht weniger voll war. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr jedoch, daß sie keine Zeit vergeuden durfte. Als die Türen sich öffneten, stiegen nur eine Handvoll Leute aus. In dem Wagen schien kein Platz mehr für sie zu sein. Was hätte eine Londonerin getan? Sich hineingezwängt. Jacqueline hob ihre Umhängetasche schützend vor ihre Brust und zwängte sich hinein.
    Die U-Bahn fuhr mit einem Ruck an. Der Mann neben Jacqueline blies ihr eine Bierfahne ins Gesicht. Sie richtete sich zu voller Größe auf, legte ihren Kopf in den Nacken, schloß die Augen, atmete in dem schwachen Luftzug, der durch einen Spalt zwischen den Türen kam.
    Wenig später hielt die U-Bahn am Piccadilly Circus. Draußen war der Nebel zu Nieselregen geworden. Jacqueline nahm ihren Schirm aus der Umhängetasche. Sie ging rasch, paßte sich dem Tempo der Büroangestellten um sie herum an und wich Entgegenkommenden automatisch aus.
    Als sie in die Duke Street abbog, warf sie einen raschen Blick über ihre Schulter. Keine drei Meter hinter ihr ging Gabriel, der schwarze Jeans und eine Lederjacke trug. Sie folgte der Duke Street nach Süden, bis der Eingang zum Mason's Yard vor ihr lag.
    Gabriel berührte im Vorbeigehen ihren Ellbogen. »Du bist clean. Schönen Gruß an Julian.«
    Die Galerie entsprach genau Gabriels Beschreibung: zwischen der Reederei und dem Pub eingezwängt. Neben dem Eingang war eine Messingtafel mit zwei Klingelknöpfen und den dazugehörigen Namen angebracht: LOTUS TRAVEL LTD. und ISHER 00 FINE AR s. Sie drückte auf den Klingelknopf, wartete, drückte erneut darauf, wartete, sah auf ihre Uhr, drückte wieder darauf. Nichts.
    Jacqueline überquerte den Mason's Yard, ging auf die Duke Street zurück und fand ein kleines Café, in dem sie warten konnte. Sie bestellte einen Kaffee und setzte sich mit ihrer Times ans Fenster. Eine Viertelstunde später, genau um zwanzig nach neun, fiel ihr ein modisch gekleideter grauhaariger Mann auf, der die Duke Street entlanghastete, als sei er zu spät zur eigenen Beerdigung dran. Er verschwand in der Passage, die zum Masons's Yard führte. Isherwood, sagte sie sich. Das muß er gewesen sein.
    Sie stopfte die Times in ihre Umhängetasche, verließ das Café, eilte hinter dem Mann her und folgte ihm über den Mason's Yard zur Galerie. Als er die Eingangstür aufsperren wollte, rief sie: »Mr. Isherwood, sind Sie's? Ich habe auf Sie gewartet.«
    Isherwood drehte sich um. Sein Mund stand vor Erstaunen leicht offen, als er sie auf sich zukommen sah.
    »Ich bin Dominique Bonard. Sie erwarten mich heute, glaube ich.«
    Isherwood räusperte sich mehrmals rasch nacheinander und schien Mühe zu haben, den richtigen Schlüssel für die Eingangstür zu finden. »Ja, äh, entzückt, wirklich«, stammelte er. »Tut mir schrecklich leid, aber die verdammte U-Bahn, Sie wissen schon.«
    »Lassen Sie mich Ihren Aktenkoffer halten. Vielleicht geht's dann leichter.«
    »Ja, nun, Sie sind Französin« , sagte er, als erzähle er ihr damit etwas Neues. »Ich spreche fließend Italienisch, aber mein Französisch ist leider ziemlich gräßlich.«
    »Ich bin sicher, daß wir mit Englisch sehr gut zurechtkommen werden.«
    »Ja, gewiß.«
    Er schaffte es endlich, die Eingangstür aufzusperren. Er hielt sie übertrieben ritterlich auf und ließ Jacqueline mit einer Handbewegung den Vortritt. Oben an der Treppe blieb er vor dem Reisebüro stehen und betrachtete das Mädchen auf einem der Poster. Er drehte sich um, musterte Jacqueline und starrte dann wieder das Model an. »Wissen Sie, Dominique, das könnte  Ihre Zwillingsschwester sein.« »Seien Sie nicht albern«, sagte Jacqueline lächelnd.
    Isherwood schloß die Galerie auf und zeigte Jacqueline ihren Schreibtisch.
    »Später kommt Besuch - ein Mann namens Oliver Dimbleby. Er sieht ungefähr wie ein englisches Würstchen in einem Anzug aus der Savile Row aus. Wenn er kommt, drücken Sie auf den Türöffner, um ihn einzulassen. Aber als erstes möchte ich Ihnen den Rest der Galerie zeigen.«
    Er gab ihr ein Schlüsselpaar an einem blauen Kunststoffband. »Das sind Ihre. Verlassen Sie die Galerie, wenn ich nicht da bin, schalten Sie beim Absperren automatisch die Alarmanlage ein. Ausgeschaltet wird sie mit dem Tastenfeld neben der Eingangstür. Der Zahlencode lautet fünfsiebensechsvierneunsiebendreizwosechs.Verstanden?«
    Jacqueline nickte. Als er sie

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