Der aufziehende Sturm
angegriffen hätten?«
»Das hättet ihr nicht getan. Eure Raken verrieten euch, dass ihr zahlenmäßig unterlegen wart. Besser die kleine Streitmacht vor euch zu verfolgen. Besser, zu der Stadt zu eilen, die euren Spähern zufolge kaum verteidigt wird, selbst wenn es bedeutet, die Männer fast bis zur Erschöpfung marschieren zu lassen.«
Turan hustete wieder und nickte. »Ja. Ja, aber die Stadt war verlassen. Wie habt Ihr die Truppen hineingeschafft?«
»Späher in der Luft können nicht in Häuser hineinsehen.«
»Ihr habt Euren Truppen befohlen, sich so lange drinnen zu verstecken?«
»Ja«, sagte Ituralde. »Im Wechsel durfte jeden Tag eine kleine Anzahl zur Arbeit auf die Felder.«
Turan schüttelte ungläubig den Kopf. »Euch ist klar, was Ihr getan habt«, sagte er. In seiner Stimme lag keine Drohung. Tatsächlich lag da eine ordentliche Portion Bewunderung. »Die Hochlady Suroth wird dieses Versagen niemals akzeptieren. Sie wird Euch jetzt brechen müssen, und wenn auch nur, um Ihr Gesicht zu wahren.«
»Ich weiß«, sagte Ituralde. »Aber ich kann euch nicht vertreiben, indem ich euch in euren Festungen angreife. Ihr müsst zu mir kommen.«
»Ihr begreift nicht, wie viele wir sind ...«, sagte Turan. »Was Ihr heute vernichtet habt, ist nur eine Brise verglichen mit dem Sturm, den Ihr ausgelöst habt. Heute sind genug von meinen Leuten entkommen, um Eure Tricks zu verraten. Sie werden nicht noch einmal funktionieren.«
Er hatte recht. Seanchaner lernten schnell. Ituralde hatte seine Überfälle in Tarabon wegen der schnellen seanchanischen Reaktion abbrechen müssen.
»Ihr wisst, dass Ihr uns nicht schlagen könnt«, sagte Turan leise. »Ich lese es in Euren Augen, Großer Hauptmann.«
Ituralde nickte.
»Warum dann also?«
»Warum fliegt eine Krähe?«
Turan hustete schwach.
Ituralde wusste, dass er seinen Krieg gegen die Seanchaner nicht gewinnen konnte. Seltsamerweise führte ihm jeder seiner Siege deutlich vor Augen, dass er am Ende verlieren würde. Die Seanchaner waren schlau, gut ausgerüstet und diszipliniert. Und vor allem waren sie hartnäckig.
In dem Moment, in dem sich diese Stadttore geöffnet hatten, hatte Turan wissen müssen, dass er zum Untergang verurteilt war. Aber er hatte sich nicht ergeben. Er hatte gekämpft, bis sein Heer zerbrach und sich in zu viele Richtungen zerstreute, als dass Ituraldes erschöpfte Truppen sie hätte einfangen können. Turan hatte es begriffen. Manchmal lohnte es sich einfach nicht, sich zu ergeben. Kein Mann hieß den Tod willkommen, aber ein Soldat konnte ein viel schlimmeres Ende erleiden. Die Heimat den Invasoren zu überlassen ... nun, Ituralde konnte das nicht tun. Nicht einmal, wenn der Kampf unmöglich zu gewinnen war.
Er tat, was er tun musste, wenn es getan werden musste. Und im Augenblick musste Arad Doman kämpfen. Sie würden verlieren, aber ihre Kinder würden für alle Ewigkeit wissen, dass sich ihre Väter gewehrt hatten. In hundert Jahren, wenn es zur Rebellion kam, würde dieser Widerstand wichtig sein. Falls sie kam.
Ituralde erhob sich und wollte zu seinen wartenden Soldaten zurückkehren.
Turan mühte sich ab und griff nach seinem Schwert. Ituralde zögerte, drehte sich wieder um.
»Werdet Ihr es tun?«, fragte Turan.
Ituralde nickte, zog das Schwert.
»Es war eine Ehre«, sagte Turan und schloss die Augen. Ituraldes mit dem Reiher gezeichnetes Schwert trennte einen Augenblick später den Kopf des Mannes von den Schultern. Turans Klinge wies ebenfalls einen Reiher auf, der gerade eben auf dem Stück Stahl zu sehen war, das der Seanchaner hatte herausziehen können. Es war schade, dass sie keine Gelegenheit gehabt hatten, die Schwerter zu kreuzen - obwohl die vergangenen Wochen in einem anderen Maßstab eigentlich nichts anderes gewesen waren.
Ituralde säuberte das Schwert, dann schob er es zurück in seine Scheide. Als letzte Geste zog er Turans Schwert und stieß es neben dem gefallenen General in den Boden. Dann stieg er wieder in den Sattel, nickte dem Boten zum Abschied zu und suchte sich seinen Weg zurück über das im Schatten liegende Leichenfeld.
Die Raben hatten angefangen.
»Ich habe versucht, einige der Diener und Palastwachen zu ermutigen«, sagte Leane leise. Sie saß vor den Gitterstäben ihrer Zelle. »Aber es ist schwer.« Sie lächelte und sah Egwene an, die neben der Zelle auf einem Hocker saß. »Im Moment fühle ich mich nicht besonders anziehend.«
Egwenes Lächeln war trocken, und sie schien
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