Der Augenblick der Liebe
daß sie älter wäre? Ja?! Näher dran an ihm? Oder geht¹s doch um ihre Unentwickeltheit überhaupt? Oder Freudisch: Ihre Unentwickelbarkeit überhaupt. Denn: Wieso soll sich eine überhaupt entwickeln ohne ein sie andauernd hochpeit schendes ÜberIch?! Nicht wahr!
98 0 F. 70% Feuchtigkeit. Der Ventilator rauscht. Sie wird sich jetzt doch noch in die Sonne legen. Gestern auch schon. Jaaa! Die allzu bleiche Haut ist getönt. Bronze. Die Haare heller. Honigblond, sagte einmal Glen O., aber er ist, wie alle wissen, farbenblind. Allwissend, aber farbenblind. Und vernichtend freundlich. Dabei bleibt sie. Panicstricken. Sie nennt ihre Haarfarbe puddle blond. So sind hier Pfützen nach jähem Regen, alles, was zwischen braun und beigegrün möglich ist. Morgen, Termin bei Dr. Douglas. Morgen ist inzwischen heute. Um 8 Uhr 30 auf die Couch. Nicht ein schlafen. Der Kopf nie so leer wie dienstags 8 Uhr 30. Nichts sagenkönnen ist gleich Schweigen ist gleich Widerstand. Und abends ins Bistro mit Jeffrey. Ach, er kennt Jeffrey noch nicht. Der hat gelegentlich keuschen Unterschlupf gesucht bei ihr, obwohl er, verglichen mit ihr, feudal wohnt. Er hatte monatelang die Asche seines Vaters bei sich im Apartment, er sollte sie, im Auftrag der Familie, nachts auf dem Green ausstreuen; der Vater hat hier studiert und lebenslang vom Campus geschwärmt; sie hat Jeffrey, der ängstlich ist, geholfen, praktisch hat sie in mondloser Nacht die Alumnus Asche gestreut; daß ihr German Other weiß, was ein Alumnus ist, unterstellt sie, und mit Jeffrey, dem Ängst lichen, ißt sie heute.
Musik und Mordgedanken. Die Musik (Supremes) extra laut, daß die Sittiche, die sie gerade wieder in Vollpension hat, nicht zu hören sind. Geträumt: Sie beide in einem großen Raum, übervoll von Menschen. Sie entfernen sich immer mehr von einander, aber sie verständigen sich wortlos, mit den Augen. Jeder weiß genau, was der andere denkt. Kann etwas schöner sein. Jeder denkt das Wort: liebestoll. Geweckt von den lärmenden Sittichen. Vergessen gehabt, die Decke über den Käfig zu legen, daß das Dunkel die noch eine Zeit lang getäuscht hätte. Das hat ihr natürlich, als sie bei ihm im Gang über den Morgenlärm der Sittiche gejammert hat, Rick Hardy geraten. Er ist nicht wie Glen O. ein Allwissender, sondern ein Alleswisser. Gottliebs Hände! Nicht ums Verrecken liefert l¹imagination seine Hände. Sein Mund wird ... ihre Haut wird ... sie will ihn so ... Vorsicht. Die Vorfreude ist die Falle. Fast 100° F. 80 % Luftfeuchtigkeit. Keine Lust, das Schwarzseidene anzuziehen. Daß er so kurz hinter einander dreimal angerufen hat. Paß doch auf, Mensch. Bitte, paß ja nicht auf.
Wer sollte ihr helfen. Sie durfte, konnte nicht mehr schrei ben. Sobald sie sich hinsetzte und schrieb, stand nachher auf dem Papier: Kommmm. Gerade blitzte es. Lautlos. Ach nein, der Donner kam zögerlich hinterher. Kein Regen, aber doch Entladung. Immerhin.
Von Wut übermannt (!). Gestern. Sie, im Abteilungsbüro, schnell mal am Schreibtisch der Sekretärin, was tippen, da kam ihr leibhaftiges ÜberIch namens Glen O. Rosenne he rein, sah sie und sagte: Oh, do we have a new ... Sie fuhr auf und ihm dazwischen: Don¹t even think of it. Und er: If you don¹t want to be the new secretary, I take lt you¹re there for purely decorative purposes. Und sie, tollkühn: Boy, that¹s a sexist remark. Und er: Some women would take it as a compliment. Und ließ sein lippenloses Lächeln lieblich ge frieren. Die Wut: Säße Steve oder Tom oder Rick auf diesem Stuhl, würde er sie fragen, woran sie
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