Der Augenblick der Liebe
zwischen Eheleuten hin und hergehen, fragt man, wenn man einmal einen Satz nicht verstanden hat, nicht nach. Es wird sich schon nicht um etwas Wichtiges gehandelt haben.
NIOBE war luvgierig. Gottlieb auch. Diese Seglerillusion, daß du nicht nur hin und her geworfen wirst, sondern durch kundige Vermittlung zwischen Wind, Segel und Ruder selber bestimmen kannst, wohin du mit diesem und jenem Wind zu kommen gedenkst. Sie schossen hinaus.
Anna sah, daß sie gebraucht wurde. Gottlieb warf ihr die Vorschot zu. Dann aber ließ der gerade noch zupackende Wind plötzlich nach, als habe er es sich anders überlegt. Weithin schlafften die geblähten Segel ab, die Boote tau melten in die Windstille. Gottlieb hatte in der Tasche, die er mit aufs Boot nahm, immer ein Buch. Mit plötzlichen Flauten war hier zu rechnen. Gottlieb nannte dieses Aufbrausen und dann gleich wieder Abflauen die pubertäre Macke des Sees. Er gehörte nicht zu den Seglern, die dann auf dem Vordeck liegen und dösen. In L¹Homme Machine gab es eine Stelle über Pascal. An die hatte er gedacht, als er den Luftpostbrief geöffnet gehabt hatte. Die hatte er herausgesucht, um sie vorerst immer dabei zu haben. Auch an Bord. Gerade an Bord. Die brauchte er jetzt. La Mettrie hatte, was Gottlieb brauchte, in einer Fußnote untergebracht. Er fand die Stelle beim Durchblättern sehr schnell. Anna lag auf dem Vordeck und döste. Gottlieb las, was La Mettrie über Pascal meldete:
Wenn man redend herumsaß oder beim Essen, mußte er links von sich immer einen Schutzwall aus Stühlen oder einen Nachbarn haben, nur daß er nicht in die entsetzlichen Abgründe sehe, in die zu stürzen er immer wieder befürchten mußte, wohl wissend, daß das Einbildungen waren. Gottlieb fühlte, wie Pascal ihn anzog. Er war La Mettrie dankbar für diese Mitteilung. Und merkte, daß Pascal ihn in diesem Augenblick ganz und gar wegzog von La Mettrie. Daß Pascal Stühle oder Menschen oder Stühle und Menschen brauchte, du côté gauche brauchte er die, pour l¹empêcher de voir des Abîmes épouvantables dans lesquels il craignoit quelque fois de tomber! Gottlieb fühlte sich entdeckt. Von Pascal.
Das Wetter wollte seine souveräne Launenhaftigkeit de monstrieren, schickte eine Mütze voll Wind, mit der heim zukommen war. Als sie auf der schattigen Terrasse ihren Kaffee tranken, und zwar ohne Calvados, sagte Gottlieb, er möchte Anna jetzt gern das SIE anbieten. Und sagte gleich dazu, daß Anna jetzt, bitte, nicht mit Unbelievable reagieren sollte. Sie sollte, sagte er, so tun, als könne sie sein Angebot ernst nehmen. Vielleicht könnten sie einander ja kennen lernen. Anna bot ihren unergründlichen Blick an und sagte: Herr Zürn oder Herr Krall, wie hätten Sie¹s gern? Gottlieb sagte: In welche Sauce wir den Daumen, den wir lutschen müssen, vorher tunken, ist egal. Oder nicht? Und Anna: Es gibt nichts, wofür man nicht bestraft werden kann. Und Gottlieb: Aber die Möglichkeiten klirren. Und Anna: Wenn Sie so wollen. Und Gottlieb: Ich will.
Weitere Kostenlose Bücher