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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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zugeschaut  und  dahin  und  dahergeredet.  Er  mußte  sie  in  seine  Stimmung  hineinreden!  Und  schaffte  es  nicht.  Also,  BeateJuliette Themire, hör zu. 
Hübsch, diese Servietten, wirklich. Wenn er sich die antue,  sehe  er  sicher  aus  wie  ein  Pflegefall  an  seinem  Geburtstag.  Aber  bitte.  Es  kommt  nicht  mehr  darauf  an.  Lach  ruhig.  Es  gibt  null  Ernstes.  Das  ist  das  einzige,  was  sie  ihm  glauben  kann.  Sie  hat  das  Geschirr  in  der  Spülmaschine  unterge bracht,  hat  zuerst,  was  noch  vor  ihrer  Abreise  gespült  worden  war,  ausgeräumt  und  versorgt.  Das  sei  raffiniert,  sagte er, diese Geschäftigkeit, dieser Eifer, dieser Fleiß, diese  offenbar unverbrauchbare Bewegungskapazität. Und er, der  Parasit  ...  Pascha  reicht,  rief  sie  dazwischen.  Er  bat  noch  einmal,  La  Mettrie  herbitten  zu  dürfen.  Sie  bat,  von  La  Mettrie verschont zu bleiben. Morgen, bitte, aber nicht jetzt,  am ersten Abend in ihrer Wohnung, am ersten Abend ohne  Hotel,  ohne  Professor  Rosenne  und  so  weiter,  am  ersten  Abend der Zukunft. Gegenwart genügt, sagte er hartnäckig.  Aber  sie  wollte  jetzt  mit  ihm  im  Bett  liegen,  obwohl  ihre  Liege kein Bett sei, aber je enger sie lägen, um so schöner sei  es. 
Sobald  sie  lagen,  knipste  sie  das  Fernsehen  an,  zur  Um stimmung, sagte sie und verbesserte sich: Zur Einstimmung.  Und  da  sie  keine  Kleidung  zugelassen  hatte,  wußte  er,  was  das  hieß.  Auf  dem  Bildschirm  lag  ein  amerikanisches  Ehepaar  im  Bett,  das  ein  Fernsehprogramm  anschaute.  Das  fand  Beate  super.  Wir  liegen  im  Trend,  rief  sie.  Und  griff  nach  ihm.  Er  sagte, die −  und  meinte  die auf  dem  Schirm −  seien aber noch nicht so weit. Wir sind Avantgarde, sagte sie  und  machte  weiter  an  ihm  herum.  Themire,  sagte  er,  du  darfst gleich weitermachen, wenn dir nach dem, was ich dir  sagen  muß,  noch  danach  ist.  Sie  zog  ihre  Hände  weg,  die  Augen  meldeten  Angst.  Also,  die  Umbuchung  konnte  er  in  diese  erschrockenen  Augen  hinein  nicht  melden.  Themire,  sagte  er  noch  einmal,  ich  glaube,  ich  muß  einen  Vortrag  halten. Ich weiß, sagte sie. Was weißt du, fragte er. Du willst  irgendwas sagen, was mir erklären soll, warum  du dich bei  mir nicht wohl fühlst. Du langweilst dich. Etwas geht dir auf  die Nerven. Wahrscheinlich ich. 
Du willst nichts wissen von mir, sagte er. Du sagst, was du  sagst, nur um zu verhindern, daß ich dir etwas sage. 
Bitte,  sagte  sie,  sprich.  Sie  sagte  das  so,  als  wisse  sie  alles,  was er sagen könne, im voraus. 
Er  sagte,  es  ist,  als  sei  vor  ihm  noch  nie  ein  Mensch  alt  geworden. Was er erlebe, scheine noch nie erlebt worden zu  sein. Auf jeden Fall hat es ihm keiner gesagt, wie schlimm es  sein würde. Auf jeden Fall hat auf ihn, was er bisher über das  Altsein gehört hat, keinen Eindruck gemacht. Man kann nur  jung  oder  alt  sein.  Er  habe  seit  längerem  geglaubt,  er  sei  schon alt. Das war, wie er jetzt wisse, ein naseweises Anem pfinden. Das einzige, was ein wenig in die richtige Richtung  ging, war eine Art Mitleid mit Alten. Jetzt weiß er, der Junge  kann nichts empfinden von dem, was der Alte empfindet. Es  gibt  kein  Verständnis  für  einander.  Der  Alte  versteht  den  Jungen so wenig wie der ihn. Es gibt keine Stelle, wo Jugend  an Alter rührt oder in Alter übergeht. Es gibt nur den Sturz.  Aus. Nachher bist du drunten und kannst tun, was du willst,  du  reichst  nicht  zurück.  Mit  nichts.  Durch  nichts.  Ob  du  lachst oder schreist, ist gleichgültig. So zu tun, als könne man  sich  auf  diesen  Sturz  vorbereiten,  ist  unsinnig.  Dieser  Sturz  gestattet kein Verhältnis. Der einzige Mensch, der ihn, wenn  es darauf ankäme, verstünde, wäre Magda. Er habe nie den  Mut  gehabt,  Magda  seine 

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